Homeoffice, neue Fonds und optimistisches Denken
• Caduff: Meine Herren, wie haben Sie beruflich die letzten Monate erlebt?
Paul: In den vergangenen Monaten sind aufgrund von Corona die Grenzen zwischen Beruf und Privatleben mehr und mehr verschwommen. Insbesondere zu Beginn des Lockdowns im März und April war es für meine Familie und mich eine Herausforderung, Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut zu bringen. Ähnliches habe ich auch von vielen Kunden gehört. Die Umstellung auf virtuelle Kontakte war für alle zuerst gewöhnungsbedürftig. Heute gehören sie mehr zum beruflichen Alltag als je zuvor.
Stiefel: Von einem Tag auf den anderen war die ganze Belegschaft der La Française im Homeoffice. 600 Leute haben über Nacht von zu Hause aus gearbeitet. Diese Umstellung hat ausgezeichnet funktioniert. Die erste Priorität war es, La Française-Investoren zeitgemäss und detailliert zu informieren und ihnen ebenfalls Zugang zu unseren Portfolio Managern via den modernen Kommunikationsmitteln zu geben. In Krisenzeiten ist Kommunikation das A und O. Es ist mir immer wichtig, dass meine Kunden wissen, dass ich für sie da bin, wo ich physisch sitze, ist nicht relevant. Mir haben aber mit der Zeit die persönlichen Kontakte und Gespräche gefehlt. Die moderne Technik ersetzt zum Glück keinen Lunch und keinen Kaffee. Neue Kunden nur elektronisch zu finden, ist sehr schwierig. Wir sind in einem People Business und Vertrauen aufzubauen ist sehr wichtig. Nichts kann persönliche Kontakte ersetzen. Es ist für unsere Kunden ein grosser Unterschied, ob sie dem Portfolio Manager eines Fonds in ihrem Büro direkt in die Augen schauen oder ihn nur auf Zoom oder Teams sehen.
Konrad: Einerseits waren die Zeiten offensichtlich hart für all diejenigen, die sich mit dem Virus infiziert haben. Dann gibt es jene, die in stark Covid-exponierten Branchen tätig sind und ihren Arbeitsplatz verloren haben. Darüber hinaus mache ich mir Sorgen über die wirtschaftlichen Auswirkungen, mit denen wir als Folge der beispiellosen Lockdowns und der Wirtschaftshilfe wahrscheinlich zu kämpfen haben werden. Es fühlte sich oft so an, als würden wir in unbekannten Gewässern navigieren. Wir haben versucht, unser Bestes zu geben, um das Kapital unserer Mandanten zu erhalten und Sektoren zu vermeiden, von denen wir glauben, dass sie tieferen strukturellen Veränderungen ausgesetzt seien oder länger brauchen könnten, um sich zu erholen.
• Caduff: Was gibt es Neues aus Ihrem Unternehmen, wo setzen Sie die Schwerpunkte?
Stiefel: Wir haben bei la Française eine lange Erfahrung im ESG-Bereich und das Produkteangebot wird laufend ausgebaut. Wir müssen soziale und ökologische Werte in den Mittelpunkt unseres Denkens und Handelns stellen. Die Folgen des Nichtstuns wären katastrophal. Um die global Erderwärmung auf +2 Grad zu begrenzen, müssen wir die CO2-Emissionen stark senken. Der Kohlenstoff-Fussabdruck ist ein sehr wichtiges Thema bei La Française. Wir haben dieses Jahr zwei neue Bond-Fonds aufgelegt. Einer mit einer fixen Laufzeit, der zwei Drittel in High Yield investiert und ein Investment-Grade-Portfolio. Beide Fonds haben das Ziel, 50 Prozent weniger CO2 auszustossen als die relevanten Benchmarks.
Konrad: Wir haben am Schweizer Standort der FERI im Juli 2019 einen sehr erfolgreichen Fonds zum Thema Exponentielle Technologien lanciert und konnten im ersten Jahr ein Fondsvermögen von über 170 Mio. Schweizer Franken erreichen. Zu Beginn des Jahres 2020 erschütterte die Corona-Krise die Welt, was den Exponential-Technologies-Fonds aber nur kurzzeitig belastete. Bereits Anfang April konnten wir wieder eine positive Jahres-Performance ausweisen und seither weiter steigern. Darüber hinaus haben wir derzeit zwei sehr spannende Konzepte in der Entwicklung. Das erste wird schwerpunktmässig in chinesische Technologie-Aktien investieren. Das zweite fokussiert sich auf die Transformation der Lebensmittelsysteme. Dies ist auch ein wichtiger Schritt bei der Umsetzung der Sustainable Development Goals (SDGs) im Rahmen von Investmentlösungen.
Paul: Für unser Unternehmen steht die Sicherheit und Gesundheit unserer Mitarbeitenden und Kunden an erster Stelle. Wir haben deswegen schnell auf die neue Situation reagiert und unsere Videokonferenz-Infrastruktur ausgebaut. Da Natixis IM global tätig ist, gilt es, nicht nur den konzerneigenen Ansprüchen, sondern auch einer Vielzahl von Mentalitäten gerecht zu werden. Gleichzeitig gibt es von Asien über den Mittleren Osten und Europa bis nach USA und Südamerika auf Seiten der Gesetzgeber grosse Unterschiede in Bezug auf die Corona-Auflagen. Fest steht, dass das Jahr 2020 für uns ein Jahr der digitalen Roadshows und der Webinare wird. Erfreulich ist, dass unsere Kunden die Vorzüge dieser neuen Virtualität zu einem Grossteil schätzen.
• Caduff: Haben Sie Produkte und Lösungen im Angebot, die sich vom Marktdurchschnitt deutlich abheben?
Konrad: Ja. Im Falle der globalen Qualitätsaktienstrategie selektieren wir Unternehmen, die (a) erfolgreiche Geschäftsmodelle mit erkennbaren Wettbewerbsvorteilen und langfristigem Kapitalaufbaupotenzial aufweisen und (b) einen hohen Nachhaltigkeitsstandard haben, mit einem starken Fokus auf geringe Umweltbelastung und einer starken Corporate-Governance-Praxis. Im Hinblick auf unsere Strategie im Bereich Exponentielle Technologien sehen wir ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal in der Portfoliokonstruktion, welche auf einem Drei-Säulen-System basiert. In der ersten Säule investieren wir in eine Kerntechnologie (zum Beispiel der neue Mobilfunkstandard 5G), die dem Portfolio Stabilität verleiht. Die Investments der zweiten Säule fokussieren sich auf Trend- und Innovationsführer (Internet of Things, Virtual Reality, Gaming, Robotik, Künstliche Intelligenz), welche etwa zwei Drittel der Rendite erwirtschaftet. Die dritte Säule ist die taktische Absicherung.
Paul: Aufgrund der neuen, anhaltenden Volatilität nimmt der Sicherheitsaspekt von Investitionen einen neuen, höheren Stellenwert ein. Ein Mittel zum Risiko-Management ist für die Investoren ganz klar ein umfassender ESG- und Impact-Ansatz, der vom Multi-Affiliate-Netzwerk von Natixis IM seit über 30 Jahren getragen wird. Die Zahlen sprechen für sich: Während die Märkte in Q1 bebten, verzeichneten nachhaltige Investmentfonds in Europa Mittelzuflüsse in Höhe von 30 Mrd. Euro. Obwohl eine klare Trendwende in Richtung nachhaltige Investitionen erkennbar ist, gibt es meiner Meinung nach keine «one-size-fits-them-all»-Lösung für Anleger: So verschieden unsere Kunden und ihre Bedürfnisse sind, so verschieden und mannigfaltig sind die Anlagevehikel unserer über 20 Affiliates. Unsere Kunden schätzen es, sich aus diesem umfangreichen «Werkzeugkasten» an Investmentlösungen bedienen zu können.
Stiefel: Seit 2008 verwalten wir Portfolios für Subordinated Debt und Coco’s. Paul Gurzal ist seit Anfang an für diese Portfolios verantwortlich und er hat die ganze Entwicklung dieser Assetklasse mitgemacht. Unsere Investoren profitieren von unserer langjährigen Erfahrung in dieser sehr speziellen und attraktiven Assetklasse. Man darf nicht vergessen, dass in dieser Krise die Banken ein Teil der Lösung und nicht des Problems sind. La Française ist der exklusive Vertriebspartner für Alger, ein amerikanischer Manager für Wachstumsaktien. US-Firmen mit soliden Wachstumsaussichten und einer gesunden Bilanz haben überproportional performt dieses Jahr, was dazu führt, dass die Alger-Fonds einen sehr starken Wertzuwachs haben und dank attraktiven Zukunftsaussichten weiterhin interessant bleiben.
Teilnehmende

Lars Konrad
Portfolio Manager -
Leiter Globale Aktien
FERI (Schweiz) AG
Breitingerstrasse 35
8002 Zürich
Lars Konrad ist seit Januar 2018 im Portfolio Management als Leiter Globale Aktien bei der FERI (Schweiz) AG tätig. Vor seinem Engagement bei FERI (Schweiz) AG leitete er seit September 2016 einen globalen Aktienfonds bei der MRB Vermögensverwaltungs AG in Zürich. Seine Erfahrung im Aktiengeschäft begann bei Banco Santander (Sao Paulo) in 2003 als Analyst von Konsumgüterunternehmen. Von 2007 bis 2011 war er bei Bank of America-Merrill Lynch tätig als Aktienanalyst für Unternehmen in den Bereichen Telecom, Media und Technologie. Danach wechselte er als Leiter der globalen Aktienanalyse und Manager verschiedener Aktienportfolios für UHNW-Kunden zu Credit Suisse Hedging-Griffo (Sao Paulo). Lars Konrad ist deutscher und brasilianischer Staatsangehöriger, graduierte im Jahr 2003 im Fach Betriebswirtschaftslehre an der Wirtschaftshochschule INSPER in Sao Paulo und belegte im Anschluss einen Masterkurs in Law & Finance an der Johann Wolfgang Goethe Universität in Frankfurt. Seine Investitionsphilosophie orientiert sich an Qualität und Nachhaltigkeit und verfolgt das Ziel, durch langfristige Beteiligungen an Unternehmen Asymmetrien zwischen Risiko, Preis und Wert auszuschöpfen.

Timo H. Paul
Managing Director,
Head German Speaking Switzerland
Natixis Investment Managers Switzerland SA
Schweizergasse 6
8001 Zürich
Als Junge träumte Timo H. Paul davon, LKW-Fahrer eines grossen US-Trucks zu werden. Aber während seiner Schul- und Studienzeit hat er gelernt, dass auch andere Branchen Perspektiven bieten. Er wollte hoch hinaus und so entschied er sich, Berufspilot zu werden. Nach einigen Jahre wechselte Paul in die Finanzindustrie, wo er nun seit mehr als 20 Jahren tätig ist (15 Jahre bei Credit Suisse und UBS). Seit 2016 ist Timo H. Paul für das Zürcher Büro von Natixis Investment Managers verantwortlich.

Peter Stiefel
Länderchef Schweiz
Gonet La Française Advisors S.A.
6 Bd du Théâtre
1204 Genf
Peter Stiefel ist Länderchef für die Schweiz. Er arbeitet seit September 2018 für Gonet La Française Advisors, einem Gemeinschaftsunternehmen, das der Genfer Privatbank Gonet & Cie. und dem französischen Asset Manager La Française gehört. Bevor war er 11 Jahre für AllianceBernstein tätig und war für den Fondsvertrieb in der Schweiz und Liechtenstein zuständig. Davor war er 22 Jahre lang für die UBS Investment Bank und ihre Vorgängerfirmen tätig. Er war für den Verkauf von US-Aktien an institutionelle Kunden in der Westschweiz verantwortlich. Peter Stiefel ist Mitglied des Swiss Finance Institute und ist Absolvent ihres Executive Programms und des CAS in Asset Management.
Moderator

Thomas J. Caduff ist CEO der Fundplat GmbH. Er ist seit rund 40 Jahren in der Finanzindustrie tätig. Zu seinen beruflichen Stationen gehörten das Börsenkommissariat des Kantons Zürich, die Bank Vontobel, die Credit Suisse und die UBS. Thomas J. Caduff diente ferner drei Jahrzehnte lang in einer Division und mehreren Brigaden der Schweizer Armee als Kommunikations-/Medienoffizier.