Fünf Experten geben spannende Einblicke in ihr Geschäft
• Caduff: Meine Dame, meine Herren, ist Ihr Unternehmen jetzt anders aufgestellt als vor dem ersten Lockdown?
Eftimie: Nein, unsere Unternehmensstruktur hat sich nicht verändert. Bezüglich der täglichen Arbeitsweise gab es eine signifikante Änderung: das Teleworking wurde für alle Mitarbeitenden ermöglicht.
Fischer: Grundsätzlich hat sich unsere Aufgabe und Tätigkeit bei UBS White Labelling Solutions nicht verändert. Zentral für unser Business-Modell ist weiterhin die direkte Betreuung unserer Kunden von unseren dedizierten Fonds-Experten. Die Änderung beschränkt sich weitgehend auf die Art der Interaktion mit unseren bestehenden und zukünftigen Kunden. Insbesondere beim Aufbau von neuen Partnerschaften kann die reine virtuelle Kommunikation eine Herausforderung sein, und ich freue mich sehr, dass mit der eingetretenen und hoffentlich anhaltenden Stabilisierungsphase persönliche Kontakte wieder vermehrt möglich sind. Dass es uns gelungen ist, auch in den letzten Monaten neue Geschäftsbeziehungen aufzubauen und die derzeitig sehr vielversprechende Pipeline, werte ich als äusserst positiv.
Safft: Die Positionierung unserer Fonds änderte sich seit der Zeit vor dem ersten Lockdown nicht spürbar. Der Hauptfokus unseres Portfolioaufbaus liegt immer auf dem Risikomanagement. Unser Ziel ist, eine sichere Zuflucht zu bauen, bevor der Sturm kommt. Mitten im Sturm ist es zu spät, Anpassungen vorzunehmen. Das war bei Covid nicht anders. Unsere Fonds sollen unerwarteten Schocks möglichst Stand halten. Covid war dafür ein perfektes Beispiel. Es hat zu grossen Schwankungen bei den Aktienkursen geführt, und wir haben diese Chancen genutzt. Addiert man diese Transaktionen jedoch, ergeben sie wahrscheinlich weniger als 5 Prozent des Umsatzes und tragen deshalb zur langfristigen Performance nur wenig bei. Die grösseren Veränderungen in den Fonds waren vorher von uns geplant.
Kunz: Die konsequenten Investitionen der letzten Jahre in den Aufbau digitaler Geschäftsprozesse haben sich mehr als ausgezahlt. Wir konnten mit dem ersten Tag des ersten Lockdowns bereits vollumfänglich aus dem Homeoffice operieren. Neben steigenden Umsatzzahlen im Handel war es uns möglich, das Produktuniversum der BX Swiss weiter aus- und aufzubauen. So konnten wir Mitte letzten Jahres rund um das Inkrafttreten von FIDLEG mit zwei komplett neuen Geschäftsfeldern live gehen. Neben einer Prüfstelle für Prospekte stellen wir unseren Kunden ein voll digitalisiertes Beraterregister zur Verfügung. Um mit dem Puls der Zeit zu gehen, haben wir natürlich direkt auf neuste Technologien wie die der Blockchain zurückgegriffen.
Tumbrägel: Im Grossen und Ganzen hat sich die Aufstellung der nordIX bewährt. Als Fixed- Income-Spezialist bieten wir im Wesentlichen zwei Dienstleistungen. Zum einen vermitteln wir als Rentenhändler Anleihen und Schuldscheindarlehen an Pensionskassen und Versicherungen. Zum anderen sind wir als Asset Manager für Kreditprodukte aktiv. Insgesamt sind seit dem Drawdown vom März 2020 grössere Mittelbewegungen ausgeblieben und vereinzelte Abflüsse wurden durch Investitionen von Neukunden ausgeglichen. Als Folge der hohen Volatilität während des ersten Lockdowns haben wir neue sicherheitsorientierte Produkte entwickelt, deren Sensitivität auf Kapitalmarktentwicklungen gering ist und gleichzeitig eine attraktive Verzinsung bieten.
• Caduff: Wird sich Ihr Tagesgeschäft verändern, reisen Sie zum Beispiel fortan weniger?
Safft: Im Augenblick heisst unsere Devise «Abwarten und Tee trinken». (Schliesslich sind wir britisch!) Covid hat zu Veränderungen der Arbeitsmodelle und -abläufe geführt, die in Umfang und Geschwindigkeit beispiellos sind. Wir glauben nicht, dass sich demnächst ein neues Gleichgewicht einpendelt und bleiben deshalb offen für die weitere Entwicklung. Wir konnten zwar grössere Kundennähe aufbauen, weil sich Qualität und Akzeptanz von Videokonferenzen erheblich verbesserten. Selbstverständlich werden wir Kunden aber weiterhin persönlich treffen, wenn sie es wünschen. Ausserdem erfordert unser Due-Diligence-Prozess teilweise persönliche Präsenz vor Ort. Daher möchten wir auch zukünftig flexibel und den Umständen entsprechend reagieren können.
Kunz: Die letzten Monate bzw. das letzte Jahr haben gezeigt, dass wir Menschen sehr anpassungsfähig und ideenreich sind. Hätte mir jemand Anfang 2020 gesagt, dass wir nur Wochen später unser gesamtes Geschäft, Teammeetings, Kundengespräche und selbst die Weihnachtsfeier nur noch virtuell abhalten, den hätte ich ihn oder sie für verrückt erklärt. Umso mehr sind wir froh, dass die Lockerungen nun wieder erste persönliche Treffen und Meetings ermöglichen. Diese werden wir sehr gerne wahrnehmen, aber natürlich mit der weiterhin wichtigen «Distanz». So wertvoll die virtuelle Welt auch ist, persönliche Kontakte wird sie einfach doch nicht ersetzen können. Es wird aber sicher eine andere Verteilung geben, wir werden eine neue Balance finden zwischen persönlichen, virtuellen und hybriden Treffen.
Tumbrägel: Das Tagesgeschäft der gesamten Finanzindustrie hat sich in den letzten Monaten stark verändert. Es stellt sich die Frage, ob und wann wir wieder komplett zur Vor-Corona-Normalität zurückkehren können und wollen. Einerseits freue ich mich auf den Tag, an dem ich wieder ohne Maske durchs Büro laufen darf und auch wieder Kunden persönlich treffen werde. Andererseits haben wir uns an Zoom- oder Teams-Meetings gewöhnt, so dass wir viele Themen heute schneller und effizienter besprechen können. Das kommt uns als schnelles und agiles Unternehmen durchaus zu Gute. Nichtsdestotrotz ist der persönliche Kontakt mit Kunden und anderen Marktteilnehmern unverzichtbar. Auch wenn unsere Reisetätigkeit wieder zunehmen wird, werden wir diese unter Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit auf den Prüfstand stellen.
Fischer: Die geforderte Arbeit von zu Hause hat uns alle sicherlich gelehrt, dass dies überraschend gut funktioniert und Homeoffice auch verschiedene Vorteile mit sich bringt. Nebst einer hohen Produktivität durch Wegfall des Pendelns respektive dem Reiseweg, ist sicherlich auch die Flexibilität positiv, welche der Vereinbarung mit ausserberuflichen Pflichten und Aktivitäten förderlich ist. Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Mitarbeitenden bei uns auch zukünftig zumindest ein Teil von zuhause arbeiten wird. Bei allem Leid, dass Corona weltweit verursacht hat, werte ich zumindest die Beschleunigung bei der Modernisierung der Arbeitsmodelle grundsätzlich sehr positiv. Ich erwarte, dass meine Reisetätigkeit innerhalb der Schweiz vermutlich spätestens ab Herbst wieder deutlich zunehmen wird.
Eftimie: Ja. Als Teil unserer Strategie der Dekarbonisierung haben wir es nochmals in 2020 als unerlässlich eingestuft, unsere eigene CO2-Bilanz zu erstellen, um messbare Ziele und Indikatoren festzulegen, die eingehalten werden müssen, um eine möglichst positive Wirkung auf die Gesellschaft zu haben. Diese Zahlen haben uns bei der Ausarbeitung eines detaillierten Massnahmenplans anhand der wichtigsten Quellen von indirekten Emissionen geleitet. Zu unserer CO2-Strategie zählt auch die neue Reisepolitik der Gruppe, mit der wir mehr digitale Medien einsetzen, um das Reisen zu verringern oder auch Bahnfahrten zu fördern. Alle von unserem Unternehmen durchgeführten Massnahmen zur Einhaltung der Prinzipien der nachhaltigen Entwicklung sind in unserem CSR-Bericht enthalten.
• Caduff: Welche Lösungen (Ideen, Produkte) stehen zuoberst auf Ihrer Liste?
Kunz: Vor zwei Monaten konnten wir mit Leonteq eine weitere Emittentin in unserem Segment für Strukturierte Produkte - deriBX - begrüssen. deriBX steht auch das restliche Jahr ganz weit oben auf unserer Prioritätenliste. Wir werden noch zwei neue Schweizer Emittenten begrüssen dürfen, auf die wir uns schon sehr freuen. Mit der Anbindung dieser können wir so den Anlegern und Anlegerinnen eine immer breiter werdende Produktpalette offerieren und somit das Segment stärken.
Eftimie: Als Gruppe haben wir uns dazu verpflichtet, auf eine nachhaltige und beständige Zukunft hinzuwirken. Mit unseren unternehmerischen Werten, die wir uns vor einigen Jahren auferlegt haben, und unserem Anspruch an höchste Professionalität, verfolgen wir das Ziel, exzellente Servicequalität zu bieten. ODDO BHF Asset Management hat sich dazu verpflichtet, eine breitgefächerte Investmentexpertise zu bieten, um eine Vielzahl von Kundenanforderungen gerecht zu werden. Dazu zählen in erster Linie nachhaltige Investment-Lösungen (gemanagt nach ESG-Kriterien) aus allen Anlageklassen - quantitative und fundamentale Aktien, Rentenprodukte, Multi-Asset-Lösungen und Themen-Fonds. Die meisten dieser Produkte fallen unter Artikel 8 und 9 der SFDR.
Fischer: Im Bereich der nachhaltigen Anlagen werden vermehrt auch von institutionellen Anlegern eigene Gefässe nachgefragt, um sodann die gemäss deren Wertvorstellung und Präferenzen massgeschneiderte Investmentlösung umzusetzen. Hierbei arbeiten wir eng mit unseren Kollegen vom Portfolio Management zusammen, damit wir gemeinsam optimal auf die für den Kunden massgeschneiderte White-Labelling-Lösung sowohl mit aktiver als auch passiver Umsetzung anbieten können. Bezüglich dem Fondsdomizil Schweiz erwarten wir ab Anfang 2023 Rückenwind vom Limited Qualified Investor Fund (L-QIF). Dieser unter anderem vom Luxemburger RAIF inspirierte Fonds unterliegt keiner Genehmigungspflicht durch die Finma und ermöglicht es, für qualifizierte Anleger innovative Produkte rascher und flexibler aufzulegen.
Safft: Für viele Organisationen ist die kontinuierliche Einführung neuer Produkte vorrangiges Ziel, um Markttrends und Kundenwünschen zu entsprechen. Wir sind nicht vertriebs-, sondern produktfokussiert. Hochwertige Fonds anzubieten ist schwierig, wenn man jede Woche einen neuen auflegt. Es braucht viel Zeit, eine Anlagephilosophie zu perfektionieren und einen robusten Investmentprozess zu etablieren. Zur Verdeutlichung: Das letzte Mal gaben wir 2009 einen Fonds heraus. Und auch dieser ist ein reiner Quality-Growth-Fonds, allerdings mit europäischem Fokus. Wenn wir unsere Energie auf die Erreichung eines Ziels konzentrieren, können wir effektiv mit viel grösseren Mitbewerbern konkurrieren. Dass unsere Strategie skalierbar ist, ermöglicht uns, diesem Ansatz langfristig zu folgen.
Tumbrägel: Unser Fokus liegt auf zwei Produkten. Unser defensiver Credit-Fonds nutzt insbesondere den CDS- und den Anleiheprimärmarkt, um risikoarm einen stetigen Ertrag zu erwirtschaften. Mit einem durchschnittlichen Rating von A und einer strikten Begrenzung des Zinsänderungsrisikos eignet sich das Produkt als Ersatz für strategische Liquidität oder für Investments in kurzlaufende Investment-Grade-Anleihen. Unser neuer Fonds erwirbt durch Online-Plattformen vermittelte europäische Konsumentenkredite. Durch die hohe Granularität und die kurzen Laufzeiten hat auch dieses Produkt einen defensiven Charakter. Mit einer erwarteten jährlichen Performance von ca. 4 Prozent und einer ausgesprochen geringen Volatilität spricht der Fonds neben Banken, Versicherungen und Pensionseinrichtungen auch Family Offices an.
Teilnehmende

Claudia Eftimie
Senior Sales Switzerland -
Asset Management
ODDO BHF (Switzerland) Ltd
Schulhausstrasse 6
8002 Zürich
Claudia Eftimie ist seit Mai 2020 bei ODDO BHF Asset Management tätig. In ihrer Rolle als Senior Sales Switzerland ist sie zuständig für die Geschäftsentwicklung und den Vertrieb in der Deutschschweiz. Davor arbeitete sie bei verschiedenen Boutiquen in vergleichbaren Positionen, u.a. bei Oyster Funds, Bellevue Asset Management und letztlich Kieger AG. Ihre berufliche Laufbahn hat sie bei Lombard Odier & Cie und der Bank Julius Bär in der Aktienanalyse gestartet. Claudia Eftimie hat einen lic. oec. in Volkswirtschaft von der Universität St. Gallen und ist zudem CFA Charterholder. Im Jahre 2020 hat sie einen CAS (Certificate of Advanced Studies) an der Universität Zürich absolviert.

Marc Reto Fischer
Head Client Management Switzerland -
White Labelling Solutions
UBS Asset Management
Europaallee 21
8098 Zürich
Innerhalb von UBS Asset Management ist Marc Reto Fischer Head Client Management Switzerland für White Labelling Solutions. Sein Team und er betreuen eine Vielzahl von in der Schweiz domizilierten White-Labelling-Kunden. In dieser Funktion ist er zudem für die Beratung von potenziellen und bestehenden Kunden hinsichtlich Strukturierung und Aufbau von Fondslösungen in der Schweiz, in Luxemburg und in Irland zuständig. Marc Fischer ist Inhaber des Masterabschlusses der Wirtschaftswissenschaften der Universität St. Gallen (lic. oec. HSG) und Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA).

David Kunz ist seit Februar 2018 Deputy CEO der BX Swiss AG in Zürich und verantwortet zusätzlich seit April 2020 als COO den Börsenbetrieb. Seit seinem Start bei der BX Swiss entwickelt er das Segment für Strukturierte Produkte - deriBX - und baut dieses stetig weiter aus. Seine Fachexpertise über Strukturierte Produkte erwarb er an der Börse Stuttgart, für die er 17 Jahre lang zunächst als Händler für Strukturierte Produkte bei der EUWAX AG und zuletzt als Verantwortlicher für strategische Digitalisierungsprojekte tätig war. Des Weiteren ist er ausgebildeter Certified International Investment Analyst (CIIA). Sein Fachwissen vermittelt er als Moderator und Experte interessierten Anlegern und Anlegerinnen seit 2018 über das von ihm etablierte «BX Swiss TV» in Informationsvideos und Experteninterviews.

Karl Safft
Investment-Spezialist
Seilern Investment Management Ltd
Burdett House
15-16 Buckingham Street
London, WC2N 6DU
United Kingdom
Karl Safft ist seit 2019 als Investment-Spezialist bei Seilern Investment Management für die Kunden der DACH-Region verantwortlich. Zuvor leitete er seine eigene Multi-Family-Office-Boutique mit Fokus auf Fondsauswahl und strategische Asset-Allokation zur Verwaltung von Multi-Manager-/Multi-Asset-Class-Portfolios. Er begann 1994 als Wirtschaftsprüfungsassistent bei PricewaterhouseCoopers. Von dort wechselte er zur 3i Group plc., wo er Eigenkapital in Unternehmen bis 100 Mio. Euro Jahresumsatz investierte. 1999 bis 2005 war er bei Morgan Stanley für die Vermögensverwaltung deutschsprachiger UHNWI- und semi-institutioneller Investoren mitverantwortlich. Dieses Kundensegment betreute er anschliessend bei Credit Suisse Investment Partners und als CEO eines Multi-Family-Office in Zürich. Er hat einen Abschluss als Diplom-Kaufmann (MSc) in Rechnungswesen der Universität zu Köln und einen MBA in Finanzen der Kellogg School of Management, Evanston/Chicago, wo er als Fulbright-Stipendiat studierte.

Claus Tumbrägel
Vorstand und Gesellschafter
nordIX AG
Ludwig-Erhard-Strasse 1
D-20459 Hamburg
Deutschland
Gemeinsam mit Moritz Schildt hat Claus Tumbrägel im Jahr 2009 die nordIX AG gegründet. Zuvor war er verantwortlich für den Credit Sales der HSBC in Europa sowie für das institutionelle Kapitalmarktgeschäft der HSH Nordbank. Innerhalb der nordIX verantwortet er das Asset Management, den Vertrieb und Handel. Darüber hinaus ist er verantwortlicher Portfoliomanager des «Investment-Grade-Fonds». Claus Tumbrägel ist verheiratet und hat fünf Kinder.
Moderator

Thomas J. Caduff ist CEO der Fundplat GmbH. Er ist seit rund 40 Jahren in der Finanzindustrie tätig. Zu seinen beruflichen Stationen gehörten das Börsenkommissariat des Kantons Zürich, die Bank Vontobel, die Credit Suisse und die UBS. Thomas J. Caduff diente ferner drei Jahrzehnte lang in einer Division und mehreren Brigaden der Schweizer Armee als Kommunikations-/Medienoffizier.