4 Prozent Rendite mit Euro-Anleihen trotz Negativzinsen

Geschäftsführer
Gridl Asset Management GmbH, München
gridl-asset-management.de
02.06.2021
Herr und Frau Gridl, die Zinsen sind in den letzten Monaten angestiegen. Welche Folgen hat das für Anleiheinvestoren?
Manfred Gridl: In den ersten fünf Monaten dieses Jahres sind die Zinsen z.B. für 10-jährige deutsche Staatsanleihen um knapp 40 Basispunkte auf aktuell -0,15 Prozent angestiegen. Bereits dieser moderate Zinsanstieg hat dazu geführt, dass Investoren mit diesen «sicheren» Anleihen im Jahresverlauf fast 4 Prozent Verlust erlitten haben! Für kurze Laufzeiten gab es allerdings kaum Veränderungen bei den Zinsen, hier sind wir weiterhin bei etwa -0.6 bis -0.7 Prozent. Aber man muss auch festhalten, dass die Zinsen für deutsche Staatsanleihen für Laufzeiten bis zu 15 Jahren weiterhin negativ sind! Übrigens, auch in den USA schaut es in puncto «Zinsanstieg» nicht viel besser aus: die 10-jährigen Zinsen sind hier im laufenden Jahr um etwa 70 Basispunkte auf aktuell 1.6 Prozent gestiegen - der Verlust für die Anleger beträgt hier sogar 5 Prozent. Für die meisten Anleiheinvestoren war es also bisher kein gutes Jahr!
Alle Euro-Anleihesegmente verzeichnen seit Jahresbeginn eine negative Entwicklung. Nur High Yield ist positiv. Wie kommt das?
Marion Gridl: Generell sind bei Unternehmensanleihen zwei Faktoren von Bedeutung: zum einen die allgemeine Zinsentwicklung und zum anderen die Veränderung der Risikoaufschläge. Wie bereits dargestellt, hatte die Zinsentwicklung bisher eher einen negativen Beitrag. Allerdings konnte dieser Effekt durch den Rückgang der Risikoaufschläge deutlich überkompensiert werden. Die Summe dieser beiden Effekte ist für Laufzeiten bis zu fünf Jahren am positivsten. Dazu kommt, dass High-Yield-Anleihen weiterhin einen «hohen Zins» bieten. Das bedeutet, Anleger erwirtschaften im derzeitigen Umfeld anders als bei Staatsanleihen jeden Monat einen positiven Ertrag.
Und was ist das Ergebnis daraus für High-Yield-Investoren?
Marion Gridl: High-Yield-Investoren in Euro-Anleihen konnten im laufenden Jahr bisher eine Rendite von etwa 2.5 Prozent erzielen. Im Vergleich zu den 10-jährigen deutschen Staatsanleihen liegt der Renditeunterschied also bei über 6 Prozent - und das in nur fünf Monaten!
Sie haben rund 45 Prozent des Fondsvermögens in Anleihen gepackt. Welche Segmente bevorzugen Sie aktuell?
Marion Gridl: Wir sind mit etwa 5 Prozent in Unternehmensanleihen im Investment-Grade-Segment investiert. 40 Prozent sind in High-Yield-Anleihen und Anleihen von «nicht gerateten» Unternehmen allokiert. Dabei handelt es sich insbesondere um sogenannte «Mittelstandsanleihen». Diese Unternehmen sind oftmals inhabergeführt und die Inhaber / Gründer halten zumeist einen wesentlichen Anteil. Der Fokus liegt auf dem langfristigen Unternehmenserfolg; es wird folglich in Jahren oder auch Generationen gedacht und nicht notwendigerweise auf den nächsten Quartalsreport geachtet. Bevor wir in derartige Unternehmen investieren, führen wir in der Regel ein direktes Gespräch mit dem Management. Bei der Unternehmensanalyse ist es für uns wichtig, dass die Ertragskraft des Unternehmens auch in schwierigen Zeiten ausreichend hoch ist, um die Anleihen zu bedienen. Selbst in dem schwierigen Krisenjahr 2020 hatten wir keinerlei Ausfälle oder verspätete Kuponzahlungen zu verzeichnen. Alle Unternehmen, in die wir investiert waren, konnten stets pünktlich zahlen. Da die Mittelstandsanleihen aber zumeist eher geringe Emissionsvolumen von bis zu 100 Mio. Euro haben und es auch kein Kredit-Rating von grossen Agenturen gibt, können viele institutionelle Investoren wie Pensionskassen oder auch Versicherungen aufgrund interner Regeln und Restriktionen nicht investieren. Deshalb müssen diese Unternehmen einen Renditeaufschlag bieten, um ihre Anleihen platzieren zu können. Bei Neuemissionen gibt es in diesem Segment weiterhin Kupons von 5 bis 8 Prozent. In der Summe hat unser Anleiheportfolio derzeit eine Rendite von 4 Prozent und das bei einer durchschnittlichen Duration von nur zwei Jahren!
Wie sind die restlichen 55 Prozent angelegt?
Manfred Gridl: Wir bewirtschaften einen globalen Multi-Asset-Fonds, natürlich sind wir da auch in anderen Asset-Klassen engagiert: Nachdem wir Ende April noch 40 Prozent in Aktien investiert hatten, haben wir die letzten Wochen genutzt und die Aktienrisiken deutlich reduziert. Aktuell haben wir in diesem Segment nur noch gut 20 Prozent - wir haben also sprichwörtlich ein «Sell in May» durchgeführt. Nach unserer Einschätzung haben die Märkte auf den aktuellen Niveaus ein sehr positives makroökonomisches Szenario eingepreist und wir erwarten für die nächste Zeit eine Konsolidierung. Diese wollen wir nutzen, um bei ausgewählten Aktien wieder bei niedrigeren Kursen einzusteigen. Durch die Reduzierung der Aktienquote ist temporär die Liquidität deutlich angestiegen. In Gold und Silber halten wir aktuell 4 Prozent.
Link zum Disclaimer
Manfred Gridl kann auf über 22 Jahre Berufserfahrung in der Vermögensverwaltung und im Fondsmanagement bei renommierten nationalen und internationalen Adressen zurückblicken. Sein Schwerpunkt liegt seit über fünfzehn Jahren auf der Verwaltung von Multi-Asset-Class-Lösungen mit einem Schwerpunkt auf Absolut-Return-orientierten Anlagestrategien. Weiterhin verfügt er über eine langjährige Erfahrung in der Aktienanalyse. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur (Technische Universität Dresden) und CFA Charterholder.
Marion Gridl verfügt über 24 Jahre Erfahrung in der Finanzindustrie. Ihre 20-jährige Erfahrung im Renten-Fondsmanagement mit Fokus auf Unternehmens-, Wandel- und High- Yield-Anleihen hat sie überwiegend bei sehr grossen Asset Managern in Deutschland und der Schweiz erworben. Sie ist Diplom-Volkswirtin (Universität Freiburg i.Br.) und Diplom-Vermögensmanagerin sowie CFA Charterholder.