«Actelion erwies sich für BB Biotech als grosse Erfolgsstory»

21.07.2017
Herr Dr. Koller, Gesundheitsaktien haben sich im 2. Quartal 2017 besser entwickelt als die breiten Aktienmärkte. So hat beispielsweise der MSCI Healthcare Index 7,1 Prozent und der Nasdaq Biotech Index 5,9 Prozent zugelegt. Demgegenüber ist der S&P 500 «nur» um 3,1 Prozent gestiegen. Was sind die Gründe für diese Entwicklung?
Hintergrund für diese erfreuliche Entwicklung waren Währungsverschiebungen im Zusammenhang mit politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen. Die US-Notenbank hob ihren Leitzins an, der Ausgang der französischen Parlamentswahlen sorgte für eine Stabilisierung der politischen Landschaft Europas und es waren erste Auswirkungen des Brexit zu beobachten. Diese und weitere Faktoren führten zu einer Abwertung des US-Dollars gegenüber dem Euro um mehr als 6 Prozent und gegenüber dem Schweizer Franken um über 4 Prozent, während das Pfund Sterling im 2. Quartal etwas fester notierte.
Aktien aus dem Gesundheitssektor, darunter auch Titel von Medikamentenherstellern, wurden durch positive unternehmerische Fundamentaldaten getrieben, aber auch durch anhaltende Gerüchte über eine mögliche Abschaffung und den Ersatz des Affordable Care Act (Obamacare). Das jüngste Scheitern der republikanischen Reformbemühungen im Senat zeigt, wie schwierig es für Trump wird, in absehbarer Zeit ein reformierendes Gesetzespaket mehrheitlich durchzuringen. Dies bestätigt unsere Annahme, dass der Status Quo im amerikanischen Gesundheitswesen vorerst beibehalten wird und die Regierung zunächst andere Reformvorhaben angeht.
Wie hat sich BB Biotech in diesem Zeitraum entwickelt?
Die Aktie von BB Biotech erzielte im 2. Quartal 2017 eine Gesamtrendite von 4,2 Prozent in Schweizer Franken, die die kurzfristigen Währungsfluktuationen widerspiegelt. Der Innere Wert (NAV) stieg um 3,2 Prozent. In der 1. Jahreshälfte verzeichnete BB Biotech eine Gesamtrendite von 12,2 Prozent, während der NAV um 16,1 Prozent zulegte.
Der Verkauf von Actelion an Johnson & Johnson war sicherlich eines der Highlights. Sie hatten eine Position von knapp 8 Prozent Actelion-Aktien in Ihrem Portfolio. Wie hat sich das für Sie ausgezahlt?
Actelions Aktienkurs notierte während des 2. Quartals bei rund 280 US-Dollar pro Aktie, was dem von Johnson & Johnson unterbreiteten Übernahmeangebot nach der offiziellen Ankündigung der Akquisition im Januar 2017 entspricht. Somit hat der Abschluss der Transaktion Mitte Juni 2017 zwar nicht sonderlich zur Wertentwicklung des Portfolios in diesem Quartal beigetragen, dafür allerdings zu einer beachtlichen Stärkung der Liquidität. Darüber hinaus gelang Idorsia-Aktien, die als Sachdividende an alle Actelion-Aktionäre ausgeschüttet worden waren, ein vielversprechendes Börsendebüt - ihr Kurs an der Schweizer Börse legte kräftig zu. Insgesamt hast sich Actelion für BB Biotech als grosse Erfolgsstory erwiesen. Die Aktie hat uns kumulierte langfristige Gewinne von über 750 Mio. Schweizer Franken eingebracht. Es dürften sich weitere M&A-Aktivitäten innerhalb der Branche ergeben, wovon unser Portfolio profitieren kann.
2017 wurden nun bereits 23 neue Produkte aus Biotech-Laboren in den USA lanciert, wodurch das zugegebenermassen eher schwache 2016 bereits übertroffen wurde. Kamen auch Wirkstoffe aus Ihrem Portfolio?
Unser Portfolio umfasst zahlreiche Unternehmen, die im 2. Quartal 2017 wertvolle und bedeutende Arzneimittel auf den Markt brachten. Dazu gehören Radius Health mit Tymlos (Osteoporose), Neurocrine Biosciencs mit Ingrezza (Spätdiskinesie), Tesaro mit Zejula (Eierstockkrebs) und Regeneron mit Kevzara (Rheumatoide Arthritis).
Und auch die Lancierung unlängst zugelassener Produkte in den USA ist vielversprechend angelaufen. Biogen Idec, Partner von Ionis bei der Entwicklung und Vermarktung von Spinraza (Nusinersen), meldete einen Umsatz von 47 Mio. US-Dollar für das 1. Quartal der Markteinführung. Auch Dupixent (Dupilumab) von Regeneron, das seine Zulassung im 1. Quartal 2017 erhielt, erfreute sich in den ersten drei Monaten seiner Lancierung offensichtlich einer starken Marktaufnahme. Darauf lassen die entsprechenden US-Verschreibungszahlen schliessen.
Ist der Optimismus der Biotech-Anleger nach einem volatilen 2016 wieder zurückgekehrt?
Angesichts der besseren Lage an den Kapitalmärkten konzentrierten sich kleinere und mittelkapitalisierte Unternehmen wieder auf die Mittelbeschaffung. Im 2. Quartal beschafften sich sechs Unternehmen im Portfolio von BB Biotech (Neurocrine, Alnylam, Agios, Avexis, Halozyme und Macrogenics) insgesamt etwa 1,6 Mrd. US-Dollar an frischem Eigenkapital. Das spricht dafür, wie sehr die Kapitalmärkte von der Zukunft des Biotech-Sektors überzeugt sind und spiegelt zudem den Optimismus wider, den wir diesen vielversprechenden Unternehmen entgegenbringen.
Was erwarten Sie für das 2. Halbjahr 2017?
Es ist zu vermuten, dass es zumindest im Hintergrund eine anhaltende Debatte um die Gesundheitsreformen geben wird - wir glauben darüber hinaus aber weiterhin, dass Veränderungen der Preispolitik bei Medikamenten eher evolutionär als revolutionär ausfallen werden. Es herrscht also weiterhin Ungewissheit. Auch wenn sich die Finanzgemeinde inzwischen an die Tweets von Donald Trump gewöhnt hat, lässt sich die Zukunft des US-Gesundheitssystems dennoch nicht genau vorhersagen - weshalb mit einer vorübergehenden Volatilität zu rechnen ist. Wir werden entsprechende Diskussionen, Aktionen und Entwicklungen sorgfältig verfolgen. Ungeachtet dessen stellt unser langjähriger und bewährter Auswahlprozess für Investitionen in Unternehmen, die neuartige Medikamente zur Behandlung von Krankheiten mit hohem medizinischem Bedarf herstellen - bei gleichzeitiger Fokussierung auf deren pharmaökonomischen Wert und die sich ändernde Preispolitik -, nach wie vor eine Strategie dar, die für unsere Aktionäre ausgezeichnete Renditen erzielen kann.
Dr. Daniel Koller trat 2004 bei Bellevue Asset Management ein und ist als Senior Portfolio Manager im Bereich Biotechnologie mit Spezialgebiet Herz-Kreislauf-Krankheiten tätig. Seit 2010 ist er Head Investment Team der börsenkotierten Beteiligungsgesellschaft BB Biotech AG. Vor seinem Eintritt bei Bellevue Asset Management war er während vier Jahren in der Finanzindustrie tätig, zuerst in der Funktion als Aktienanalyst bei UBS Warburg, danach als Private-Equity-Investor bei equity4life. Daniel Koller studierte Biochemie an der ETH Zürich und doktorierte im Bereich Biotechnologie während seiner Tätigkeit bei Cytos Biotechnology.