Afrika - Zeichen stehen auf Trendwende

05.05.2017
Herr Bou-Diab, in den letzten zwei Jahren stellten afrikanische Finanzmärkte ein weniger inspirierendes Anlageziel dar, besonders auch für ausländische Anleger. Woran lag das?
Anleger auf der Suche nach Renditen im Hartwährungsbereich waren verwöhnt durch die Aktionen der grossen Zentralbanken weltweit, welche die Kurse von Vermögenswerten in den Industrienationen stützten. Die globale Rezession im Jahr 2008, politische und soziale Spannungen und der Preisschock bei Rohstoffen machten afrikanischen Volkswirtschaften zu schaffen. Im Jahr 2016 erreichten viele dieser Länder dann die Talsohle, wie die massive Abwertung ihrer Währungen deutlich zeigt.
Ist die Krise nun überstanden?
Wir gehen davon aus, dass afrikanische Volkswirtschaften und Finanzmärkte in eine konstruktivere Phase eintreten, getrieben durch die allmähliche Erholung der Rohstoffpreise, die nach wie vor reichlich vorhandene globale Liquidität und die zahlreichen von staatlicher Seite eingeleiteten Reformen.
In Ihrem BB African Opportunities Fonds ist Ägypten auf Länderebene mit knapp 25 Prozent gewichtet (per Ende März 2017). Wie beurteilen Sie die Situation dort?
Ägypten sticht durch seine mutigen Reformen besonders hervor, die die Regierung mit Unterstützung und unter Beaufsichtigung des IWF gegen Ende letzten Jahres durchgeführt hat: Free Float der Landeswährung, Verringerung der Subventionen für Strom und Treibstoff mit dem Ziel ihrer Abschaffung in den kommenden Jahren und Abbau zahlreicher administrativer Investitionshemmnisse. Der ägyptische Aktienmarkt reagierte euphorisch nach einer langen Phase mit sehr niedriger Handelsaktivität. 2016 legte der EGX30 Index 76 Prozent zu, wobei fast der gesamte Zuwachs auf den Zeitraum nach der Implementierung der Reformen anfiel.
Die Abwertung des Ägyptischen Pfundes belastete die Wirtschaft in der letzten Zeit massiv. Wie geht es weiter?
Für ausländische Investoren stellte die massive Abwertung des Ägyptischen Pfundes von über 50 Prozent gegenüber dem US-Dollar ein Hemmnis dar, wegen der dadurch deutlich weniger attraktiven Aktienrenditen in US-Dollar. Doch weisen einige Indikatoren darauf hin, dass die Abwertung um mehr als 30 Prozentpunkte zu hoch ausfiel. Diverse Faktoren dürften in Zukunft die Stärkung des Ägyptischen Pfundes gegenüber dem US-Dollar begünstigen: Die steigende Gasförderung des Landes dank der Erschliessung neuer Felder in den vergangenen zwölf Monaten, ausländische Mittelzuflüsse, die sich seit Anfang November auf über 3 Mrd. US-Dollar beliefen, die Anpassung der Handelsbilanz an das neue Wechselkursregime und die allmähliche Erholung des Tourismus. Die Aussicht auf eine stärkere Währung nach der aktuellen Anpassungsphase wird die heimische Wirtschaft und die Anlagerenditen ausländischer Investoren beflügeln.
Gibt es weitere Anzeichen für eine Erholung der Wirtschaft in Ägypten?
Das Umfeld ist gesünder als offizielle Zahlen darlegen. Banken erwirtschaften Eigenkapitalrenditen von über 30 Prozent - einige zweitrangige Institute werden weiterhin nahe ihres Buchwertes gehandelt - ohne Anzeichen eines grossen Schocks auf deren Kreditbüchern. Der Immobilienverkauf erzielt trotz gewaltiger Preissteigerungen Höchststände. Unternehmen, die von Infrastrukturprojekten profitieren, verbuchen Rekordgewinne. Der CEO einer der grössten Banken teilte mit, dass die Bedingungen vor Ort nicht mit den offiziellen Wirtschaftsdaten übereinstimmen, was in der riesigen Schattenwirtschaft begründet ist, die in den offiziellen Zahlen nicht berücksichtigt werde. Seines Erachtens müsste die Schattenwirtschaft mindestens so gross sein wie die reguläre Wirtschaft - womit sich die Grösse der ägyptischen Wirtschaft verdoppeln würde - um die von ihm beobachtete Geschäftstätigkeit zu erklären.
Wie sehen Sie die Entwicklung anderer afrikanischer Länder?
Obwohl die afrikanischen Märkte das Schlimmste vermutlich hinter sich haben, befinden sie sich weiterhin in einer volatilen Phase. Ursächlich dafür sind die anhaltenden wirtschaftlichen Anpassungen und das Versäumnis dieser Märkte im Vergleich zu anderen Schwellenländern, einen ausreichenden Teil der globalen Geldflüsse abzuschöpfen. Wir bleiben zurückhaltend positioniert mit dem Ziel, in den kommenden ein bis zwei Jahren vom Aufwärtspotenzial zu profitieren, das sich nach den Anpassungen bietet.
Malek Bou-Diab stiess Mitte 2009 als Senior Portfolio Manager für den Bereich New Markets zu Bellevue Asset Management, wo er die Verantwortung für den BB African Opportunities Fonds innehat. Davor managte er bei Julius Bär einen Afrika-Fonds. Von 2003 bis 2007 arbeitete er als quantitativer Risiko-Analyst bei der Deutschen Bank in London. Zwischen 1999 und 2003 promovierte Malek Bou-Diab in theoretischer Physik an der ETH Zürich. Er verbrachte einen Grossteil seiner Jugend im Mittleren Osten, wo er eine international ausgerichtete Ausbildung genoss und Arabisch studierte.