«Airbnb- und Uber-Momente kommen auch im Finanzbereich»

CEO, Betreiber der ETF-Infoplattform 10x10.ch und Veranstalter der Finance 2.0
financialmedia AG, Zürich
10x10.ch
03.03.2017
Herr Borini, seit einigen Jahren widmen Sie sich - nebst Ihren ETF-Aktivitäten - auch dem Thema Fintech. Beisst sich diese Kombination nicht?
Nein, im Gegenteil. Mit der Etablierung von ETFs wurde schon sehr früh die Demokratisierung des Anlegens eingeläutet. Heute kann ich als Privatinvestor in den US-Aktienmarkt mit einem Klick diversifiziert investieren und zahle hierfür bloss 0,05 Prozent. Vor den ETFs war das nur den Grossanlegern möglich. Bei Fintech, oder Finance 2.0 wie wir es nennen, geht es um die gleiche Stossrichtung: Demokratisierung der Finanzindustrie.
Warum Finance 2.0 und nicht Fintech?
Obwohl der Begriff eigentlich überhaupt nicht korrekt ist, herrscht diesbezüglich heutzutage ein unheimlicher Hype. Wir haben gefühlte 1‘000 Fintech-Experten hierzulande, doch produziert eine Mehrheit davon bloss warme Luft. Mit Finance 2.0 beschreiben wir etwas Anderes, denn Finanztechnologie, also Fintech, gibt’s seit vielen Jahrzehnten. 1972 wurden die ersten Bankomaten zugänglich gemacht und diese waren bereits online vernetzt. Und hier sind wir schon beim ersten Problem.
Welches?
Ich kenne kaum eine Industrie, die technologisch so im Hintertreffen ist wie die Finanzwelt. Da muss man nun kein Experte sein um dies festzustellen.
Was bedeutet denn nun Finance 2.0?
Wir haben ein fragiles Finanzsystem, deswegen sind beispielsweise alternative Währungen wie Bitcoin überhaupt erst auf den Plan getreten. Bitcoin ist natürlich per se nicht schlecht. In Kürze entscheidet die SEC - die US-Börsenaufsicht - ob Bitcoin-ETFs zugelassen werden oder nicht. Wie wir feststellen, haben Banken es schlichtweg verpasst, sich frühzeitig an die digitale Realität anzupassen. Der Kunde ist längst digital unterwegs, spätestens seit dem Aufkommen des iPhones vor zehn Jahren. Als Gesellschaft sind wir gerade daran, ein neues Banking zu schaffen, das alte Modell ist überholt, hat teilweise versagt. Letzten Endes geht‘s um den Kunden, einzig und allein um den Kunden. Ob nun Banken, Fintech-Banken oder Fremdanbieter die Kundenschnittstelle bedienen, wird neu definiert.
Inwieweit betrifft die digitale Transformation das Asset Management?
Es gibt keinen Bereich, der da geschont wird. Betonen möchte ich jedoch, dass all diese schonungslosen Offensiven gegen Bestehendes nicht negativ sind. Diese Veränderungen bieten enorme Chancen und legen Anbietern von Finanzdienstleistungen ganz neue Wettbewerbsvorteile in die Hände. Davon profitiert schliesslich der Kunde. Doch wer erfolgreich sein will, muss heute schon dabei sein, nicht erst morgen. Der Zug fährt und nimmt an Tempo zu. Die zwingende Folge davon ist, dass sich auch das Asset Management verändert.
In welchen Bereichen?
In allen - das ist eben die Herausforderung. Schauen Sie, wir haben Blockchain oder künstliche Intelligenz, beide Technologien sind noch in den Kinderschuhen, doch erste Prototypen sind bereits da. Was die wenigsten wissen: Der Brain-Code wurde noch nicht geknackt, weshalb man stets vorsichtig sein sollte, von Artificial Intelligence zu sprechen. Was die Blockchain anbelangt, so bietet diese unglaubliche Chancen: Börsen, Fondsadministrationen oder regulatorische Anforderungen und viele andere Bereiche stehen vor riesigen Effizienzgewinnen, welche die Blockchain bringen kann. Übersetzt heisst das: Die Marge der Anbieter sinkt, der Kunde gewinnt.
Sind dies Themen, die Sie auf Ihrer Fintech Konferenz «Finance 2.0» in Zürich aufnehmen werden?
Ja! Wir haben eine Live-Demo einer Blockchain-Anwendung im Asset Management, die Fondsmanager ihre Fonds massiv günstiger aufsetzen lässt und dem Publikum feilbieten können. Dies ist ein spannendes Beispiel, das aufzeigt, dass auch die Kundenschnittstelle im Asset Management dabei ist, neu definiert zu werden. Aber wir haben noch viele andere Themen, wie digitale Identität, künstliche Intelligenz und wir haben einen ehemaligen erfolgreichen Investmentbanker eingeladen, der mit seinem Unternehmen Revolut zu den heissesten UK-Fintechs gehört.
Wen sprechen Sie mit der Finance 2.0 an?
Eigentlich jeden im Finanzbereich, der die digitale Transformation aktiv mitgestalten will. Wie erwähnt, wer jetzt dabei ist und sich konsequent an der neuen Ausgangslage orientiert, hat Wettbewerbsvorteile, sowohl als Mitarbeiter wie auch als Institut. Wir müssen nur einen Blick in andere Industrien werfen um zu sehen, was die digitale Transformation bewirkt. Denken Sie nur mal was Apple, Facebook, Snapchat, Amazon, Airbnb, Uber oder Zalando bewirkt haben. Und keine Frage, «Airbnb- und Uber-Momente» kommen auch im Finanzbereich. Wir haben rund 400 Teilnehmende und bieten enorm viele Networking-Möglichkeiten. Wir geben Ihren Lesern gerne einen Rabatt von 20 Prozent. Dazu den Code «Fundplat-F20-20» hier einsetzen: finance20.ch/conference2017/
Rino Borini ist Mitgründer und CEO der financialmedia AG in Zürich. Das unabhängige Medienhaus gibt verschiedene Publikationen im Wirtschafts- und Finanzbereich heraus und veranstaltet zahlreiche Veranstaltungen wie die schweizweit grössten Fintech-Konferenzen, Finance 2.0. Rino Borini leitet den Certificate of Advanced Studies (CAS) «Digital Finance» an der Hochschule Zürich. Zuvor war er in leitenden Funktionen in der Finanzindustrie tätig.