Aktien Europa sind das El Dorado aktiver Fondsmanager

25.11.2015
Herr Weber, in welchen Märkten oder Segmenten konnten aktive Fonds dieses Jahr besonders überzeugen?
Gemäss dem ifund Outperformance Index haben 90 Prozent der Fondsmanager für Aktien Europa 2015 den MSCI Europe (NR) vor Kosten geschlagen, nach Retail-Kosten sind es immer noch 69 Prozent. Dies ist ein Rekordwert seit Beginn unserer Indexreihe in 2004.
Ist das Glück?
Die Europa-Manager profitierten sicher von der guten Performance der Nebenwerte, die die meisten systematisch übergewichten. Sie haben aber auch diverse Trends erkannt, die sich 2015 auszahlten: Ein Untergewicht in rohstoffnahen Industrien und ein Übergewicht in Werten mit hoher Qualität, tiefer Volatilität und gutem Momentum.
Lässt sich Alpha irgendwo einfach generieren oder sind Indizes überall eine hohe Herausforderung?
Aktive Manager brauchen ein grosses Universum potenzieller Investments, die sich möglichst unabhängig voneinander entwickeln. Zudem müssen sie zu vernünftigen Kosten Informationsvorteile erlangen und diese Erkenntnisse im Portfolio umsetzen können. Emerging Markets bieten beispielsweise ein interessantes Anlageuniversum, die globale 24-Stunden-Präsenz ist aber aufwändig und die Handelskosten sind hoch. Hingegen konnten Manager für Aktien Europa die letzten zwanzig Jahre immer wieder hervorragende Leistungen abliefern und das Angebot ausgezeichneter Fondsmanager ist vergleichsweise gross. In Europa profitieren die Manager einerseits von der Heterogenität an Märkten, Regulierungen, Sprachen und Kulturen, anderseits sind die Kosten überschaubar.
Abgesehen von Aktien Europa sind aber ETFs die beste Lösung?
Für Blue Chips in den USA, in Japan oder der Schweiz sind ETFs oder Indexfonds eine gute Ausgangslage. Bei Anlagen in Anleihen-ETFs oder exotische Anlagen wie Volatilität ist aber Vorsicht geboten. Mancher Index ist mangels Liquidität und Diversifikation für eine passive Abbildung ungeeignet, ein ETF kann zu enttäuschenden Resultaten führen: Wird der Index nicht vollständig, sondern optimiert abgebildet, kann der Nettoinventarwert massiv vom Index abweichen, während selbst bei vollständiger Replikation der gehandelte Kurs bei Verzerrungen von Angebot und Nachfrage stark vom inneren Wert abweichen kann.
Welche Art von Fonds oder Fondsmanager hat Ihrer Meinung nach die grössten Chancen, in den kommenden Jahren substantielle Neugelder anzuziehen?
Ein Fonds oder Fondsmanager muss günstiger, besser oder anders sein. Die grössten Anbieter passiver Produkte werden also dank Skalenvorteilen weiterhin sehr erfolgreich sein, zumindest was die verwalteten Vermögen betrifft. Indexnahe Produkte wie «Smart Beta» konkurrieren mit ETFs. Bei aktiven Fonds muss der zu erwartende Mehrwert in einem attraktiven Verhältnis zu den Kosten stehen. Sie müssen sich also wirklich aktiv positionieren und dürfen nicht am Index hängen.
In welcher Anlageklasse dürfte die Nachfrage am stärksten zulegen?
Mit fundinfo trendscout können wir systematisch die Nachfrage nach bestimmten Anlageklassen, Fondsanbietern und Fonds auswerten. Hier zeigt sich, dass die Nachfrage nach vermögensverwaltenden Fonds bzw. Portfoliofonds mit sehr aktiver Asset Allocation stetig steigt. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, wobei hier die Konkurrenz von hausinternen Produkten wieder zunehmen dürfte.
Hoch bleibt die Nachfrage nach Produkten mit ansprechender Verzinsung bei nicht allzu langen Laufzeiten. Die High-Yield-Märkte erlebten die letzten zwölf Monate einen Rückschlag, viele Fondsmanager sehen hier, aber auch in Segmenten wie US-Hypothekaranleihen und anderen besicherten Anleihen viel Potenzial.
Matthias Weber schloss 1989 an der Universität St. Gallen in Betriebswirtschaft und Operations Research ab und absolvierte später ein MBA in International Wealth Management der Universität Genf und der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Nach einigen Jahren in der Konsumgütermarktforschung trat er 1995 der Bank Leu (heute Credit Suisse) als Analyst bei und war schliesslich Managing Director Investment Research & Consulting sowie stellvertretender CIO. Seit 2006 ist er bei ifund als Partner verantwortlich für Fondsresearch und Asset Management.