«Aktuell beträgt die von uns gerechnete Einstandsrendite des Fonds rund 6.10 Prozent»

31.07.2020
Herr Franck, Sie sind der Portfoliomanager für den «nordIX Renten plus», der im August 2020 seinen 10. Geburtstag feiert. Wie hat sich der Fonds seit 2010 verändert? Ist die Investmentidee gleichgeblieben?
Die Investmentidee ist seit der Auflage unverändert. Auch wenn wir in einer Nische unterwegs sind, ist das Konzept heute wie damals sehr attraktiv. Ich habe die Verantwortung für den Fonds 2015 übernommen - die Vorstellung, schwerpunktmässig in Anleihen von Banken- und Versicherungen zu investieren, war für mich extrem reizvoll, da mein beruflicher Fokus bei Banken- und Versicherungsbilanzen lag und ich somit sehr viel Erfahrung einbringen konnte.
In welchen Bereichen gab es Änderungen bzw. Anpassungen bei der Positionierung des Fonds?
Der Fonds war ursprünglich sehr opportunistisch aufgestellt. Nach der Finanzkrise gab es in 2010 bei Nachranganleihen deutscher Banken Kaufgelegenheiten mit Renditeniveaus von 20 oder teils mehr als 30 Prozent. Hier hat der Fonds damals zugegriffen und konnte so in den ersten Jahren mit Performancewerten deutlich oberhalb von 10 Prozent punkten. Der Fonds ist inzwischen «erwachsener» geworden. Wir achten neben dem Rendite-Risiko-Profil auch stärker auf die umsetzbare Liquidität und sind mit etwa 80 bis 100 Titeln wesentlich breiter diversifiziert. Die Änderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen haben dazu geführt, dass wir oft auch die Regulatorik als Werttreiber ansehen können und damit an Sensitivität zum Gesamtmarktrisiko verlieren. Zudem hat über die letzten zehn Jahre die Berücksichtigung der ESG-Kriterien deutlich an Bedeutung gewonnen. Die nordIX gehört bereits seit 2017 zu den Signatories der UNPRI. Wir achten aktiv auf die Vereinbarkeit unserer Investments mit den Nachhaltigkeitskriterien. Aktuell liegt das ESG-Rating für den «nordIX Renten plus» bei A.
Der Kern des Fonds, Investitionen in Banken und Versicherungen mit einem scharfen Blick für Opportunitäten, die sich aus Marktverwerfungen, der Kapitalstruktur von Banken oder Illiquidität ergeben, ist seit damals also gleichgeblieben. Wie hat sich das Investmentuniversum seither verändert?
Das ist schon eine sehr gute Beschreibung des Investmentansatzes. Uns ist es gelungen, die zum Teil schwierige Beziehung zwischen Liquidität und Rendite gut umzusetzen. Im Verlauf der letzten Jahre hat der Anteil an Anleihen aus dem Versicherungssektor tendenziell zugenommen. Gerade in diesem Bereich wirkt die Regulatorik als Werttreiber noch sehr lange und die Renditen sind aufgrund struktureller Unterschiede der Branche und der Anleihen tendenziell höher.
Im Kern ist das Investmentuniversum unverändert. Wir kaufen nur Financial-Anleihen, es werden keine Unternehmensanleihen wie zum Beispiel Corporate-Hybrids-, Corporate-High-Yield- oder Emerging-Markets-Anleihen erworben. Wir sind somit in einer geordneten Asset-Allokation sehr gut einzusortieren und bleiben damit ein reiner Rentenfonds. Als Alternative zu Anleihen aus dem Banken- und Versicherungssektor dürfen wir EWU-Staatsanleihen kaufen. Das ist allerdings kein Kerninvestment, sondern dient einer zwischenzeitlichen Investitionsmöglichkeit bis sich wieder attraktivere Möglichkeiten im Kernuniversum ergeben.
Bei Auflage des Fonds vor zehn Jahren waren die Auswirkungen der Finanzkrise noch unmittelbar zu spüren und die Euro-Krise zeigte sich bereits am Horizont. Wie haben sich die Märkte, Renditen und Risiken seither verändert?
Die Veränderungen in den letzten zehn Jahren waren gerade im Bankensektor gewaltig. Die Regulatoren haben als Lehre aus der Finanzkrise die Anforderungen an Banken deutlich gesteigert und so dazu beigetragen, dass diese heute wesentlich krisenresistenter aufgestellt sind. Der Anteil an haftendem Eigenkapital, besonders des wichtigen Kernkapitals, hat spürbar zugenommen und die Quoten der sogenannten NPLs (non-performing loans) wurden massgeblich verringert. Ein weiterer sehr spürbarer Umstand ist das Umfeld der deutlich geringeren Liquidität. Das Paradigma der liquiden Kapitalmärkte mit der Möglichkeit, Positionen jederzeit wieder veräussern zu können, ist eine Annahme der Vergangenheit. Die Gründe liegen in den niedrigen Zinsen und in den Wertpapierankaufprogrammen der Notenbanken, die bei einigen Assetklassen in eine Verzerrung der Risikoprämien geführt haben.
Viele Portfoliomanager meiden Bankanleihen mit der Begründung, dass Bankbilanzen für Aussenstehende kaum zu durchdringen sind - ist das Argument berechtigt?
Auch hier hat sich in den vergangenen Jahren viel getan. Ein Ausfluss der Bankenkrise in 2008 war der weitere Ausbau der Aufsichtsregimes, unter denen Banken ihr Geschäftsmodell umsetzen dürfen. Es ist letztlich das Rahmenwerk, was Grenzen setzt und somit die Anleger schützen soll. Aktuell befinden wir uns in der Finalisierung von Basel III. Das war eigentlich für Ende 2021 vorgesehen, hat sich durch die aktuelle Corona-Krise jetzt in Teilen auf Ende 2022 verlängert. Verbessert hat sich auf jeden Fall die Transparenz der Bankbilanzen. Früher gab es viele Möglichkeiten, Erträge durch Überkreuzkompensationen zu verschleiern, das ist nur noch bedingt möglich. Gleichzeitig sind die Offenlegungspflichten für Banken zur Transparenz der wirtschaftlichen Situation der Institute massiv angestiegen.
Welche Renditen lassen sich mit Investitionen in Nachranganleihen von Banken und Versicherungen heute noch erwirtschaften?
So einfach sich die Frage anhört, so facettenreich ist die Antwort. Natürlich sind die gesunkenen Zinsen und die reduzierten Risikoprämien nicht ohne Einfluss auch für die Refinanzierungsseite der Banken geblieben. Andererseits ist mit den tendenziell flacher werdenden Zinsstrukturkurven der wichtige Fristentransformationsbeitrag zur Verstetigung des Zinsergebnisses unter Druck geraten. Hierdurch hat die Profitabilität der Banken an vielen Stellen gelitten und über die Jahre einen neuen Gleichgewichtszustand gefunden. Das gilt aber nicht für alle Institute und zusätzlich ist hier der Blickwinkel entscheidend. Die Profitabilität der deutschen Grossbanken ist zum Beispiel im Vergleich zu spanischen- oder französischen Banken deutlich geringer. Jedoch erfüllen auch diese Banken die regulatorischen Vorgaben vollumfänglich. Somit haben wir aus Portfoliokonstruktionssicht eine Chance, einen relativen Mehrwert zu erzielen, solange wir weder einen Ausfall der Zinszahlungen, noch einen Ausfall der Rückzahlung des nominalen Kapitals erwarten. Gleichzeitig gibt es Anleihen, die nur noch regulatorisch getrieben sind, d.h. die Sensibilität gegen das Gesamtmarktrisiko nimmt auf einen von uns bestimmbaren Zeitpunkt fortwährend ab. Ein Beispiel sind einige vor Basel III begebene Nachranganleihen der «alten» Postbank, die inzwischen durch die Vollkonsolidierung der Postbank auf die Deutsche Bank als Risiko der Deutschen Bank gelten. Für diese Anleihen rechnen wir mit einer vorzeitigen Kündigung durch den Emittenten, da die vollständige Anrechenbarkeit zum haftenden Eigenkapital der Bank und die Zurechnung zum verlustabsorbierenden Kapital (MREL) endet. Auch diese Anleihen haben in der Corona-Krise stark gelitten und liefern aktuell Einstiegsrenditen auf den erwarteten vorzeitigen Kündigungstermin von mehr als 15 Prozent.
Aktuell beträgt die von uns gerechnete Einstandsrendite des «nordIX Renten plus» rund 6.10 Prozent. Das ist unter der Zielfunktion eine ordentliche Bruttoausschüttungsrendite in einem Umfeld von zum Teil negativen Zinsen eine sehr gute, auch risikoadjustierte Returnerwartung.
Wagen Sie einen Ausblick: Wie wird sich der «nordIX Renten plus» in den nächsten fünf Jahren entwickeln?
Hier habe ich eine sehr klare Vorstellung! Der Zielpfad einer durchschnittlichen Returnerwartung von 3 bis 5 Prozent auf ein Einjahresfenster hat Bestand. Eine überschaubare Volatilität bei der Erreichung dieses Renditeziels wird es geben, daher ordnen wir eine Investition in den «nordIX Renten plus» nicht als eine kurzfristige Alternative im Rentenbereich ein, sondern sehen es eher mittel- bis langfristig.
Der Bereich der Banken und Versicherungen hat an Visibilität für qualifizierte Krediteinschätzungen durch die scharfen regulatorischen Anforderungen massiv gewonnen und es wird weitere Banken und Versicherungen geben, die sich an den Kapitalmärkten refinanzieren müssen. Gleichermassen steht das Bankensystem immer noch vor grossen Herausforderungen. Exemplarisch sei nur die Digitalisierung, das langanhaltende Niedrigzinsniveau mit tendenziell flacheren Zinsstrukturkurven, die Konkurrenz durch alternative Geschäftsmodelle der neuen Fintechs und zuletzt der hohen Aufwände aus der sich fortwährenden Verschärfung der regulatorischen Erfordernisse genannt. Es wird also zum Vorteil der Investoren, trotz der abnehmenden Gefahr von Ausfällen, eine Mehrverzinsung geben, die eine prognostizierbare positive Realverzinsung generiert.
Link zum Disclaimer
Jens Franck ist Partner und Senior Portfoliomanager bei nordIX in Hamburg. Die nordIX AG verwaltet Fonds, die teils opportunistisch, teils defensiv in Anleihen investieren und aktiv auch Zins- und Kreditderivate einsetzen. Franck war mehr als 25 Jahre in verschiedenen Funktionen im Rentenhandel, Renten-Sales und im Fondsmanagement unter anderem bei der MEAG, Deka und Merrill Lynch tätig. Seit 2015 arbeitet er bei nordIX.