Allwettertaugliche Anlagestrategie bewährt sich in der Corona-Krise

08.05.2020
Herr Gridl, wie erlebten Sie die Märkte im März und April?
Wir sind alles in allem bisher gut durch die Corona-Krise gekommen! Wir hatten schon frühzeitig befürchtet, dass sich das Covid-19-Virus von Asien auch nach Europa und in die USA ausbreiten würde. Entsprechend hatten wir in unserem Global-Macro-Fonds bereits Anfang Februar Put-Optionen gekauft und damit die ohnehin schon defensive Positionierung noch weiter abgesichert. Diese Strategie hat sehr gut funktioniert. Nachdem wir Mitte März die Absicherung aufgelöst hatten, erhöhten wir anschliessend in einem zweiten Schritt die Aktienquote wieder moderat. Damit ist es uns gelungen, von der Kurserholung der letzten Wochen zu profitieren. Ende April haben wir dann die Aktienquote wieder reduziert und Gewinne realisiert.
Man liest öfters, die Börsen hätten sich von der Realwirtschaft abgekoppelt. Wie sehen Sie das?
Aktuell überwiegt an den Finanzmärkten die Hoffnung, dass das Covid-19-Virus eine nur wenige Wochen dauernde Episode ist und spätestens im Laufe des zweiten Halbjahres wieder die gewohnte Normalität eintreten wird. Die weltweiten, massiven Stützungsmassnahmen von Zentralbanken und Regierungen sind die wesentlichen Treiber für diese «Hoffnungs-Rally».
Wenn man sich aber die Realwirtschaft anschaut - und damit meine ich nicht nur die grössten Unternehmen an den Börsen - dann ist aus unserer Sicht doch mehr Sorge angebracht, als dass die aktuellen Indexstände vermuten lassen. In dieser Krise sind weltweit binnen weniger Wochen Millionen von Menschen arbeitslos geworden. Vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen ist völlig unverschuldet die Grundlage für ihre Existenz entzogen worden. Gerade hier wird es auf allen Kontinenten noch zahlreiche Insolvenzen und Pleiten geben. Das sind alles Jobs, die erstmal nicht wiederkommen werden und damit auch Einkommen, die für den Konsum nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Andererseits haben viele Menschen Angst, sich mit dem Covid-19-Virus anzustecken, und zwar unabhängig davon, welche rechtlichen Beschränkungen gerade gelten. Diese Gruppe wird voraussichtlich noch lange nicht zum normalen Leben zurückkehren und deshalb auch weniger konsumieren.
Wir befürchten, dass im Laufe der nächsten Wochen und Monate immer klarer wird, dass die grösste globale Rezession seit Jahrzehnten für Unternehmen und Aktienkurse länger als nur ein Quartal einen negativen Einfluss haben wird.
Das Rad dreht sich immer schneller. Kann man überhaupt mit einem kurzfristigen Horizont ein Vermögen - gross oder klein - aufbauen?
Der Vermögensaufbau ist immer langfristig! Allerdings muss man auch dazu sagen, dass das allein nicht reicht. Schauen Sie sich doch mal den EuroStoxx 50-Aktienindex an: der steht aktuell bei knapp 3.000 Punkten und damit auf demselben Niveau wie im Frühjahr 1998. Zwar hat man in dieser Zeit Dividenden bekommen, aber nach Steuern, Inflation und Depotkosten ist unter dem Strich nicht viel übriggeblieben. Wer über diese 22 Jahre eine reine Buy-and-Hold-Strategie verfolgt hatte, ist sicherlich nicht reich geworden.
Wichtig ist aus unserer Sicht deshalb neben der Selektion von Einzeltiteln bei Aktien und Anleihen auch die aktive Asset-Allokation. Wir managen einen vermögensverwaltenden Multi-Asset-Fonds und unsere Aufgabe besteht darin, durch aktive Entscheidungen einen Mehrwert für unsere Investoren zu erwirtschaften. Natürlich ist dabei zunächst die mittelfristige Perspektive wichtig, aber auch Timing-Entscheidungen sind ein Bestandteil unserer erfolgreichen Strategie.
Wie positionieren Sie aktuell Ihren Fonds?
Gerade in diesen sehr volatilen Zeiten kommt unser Konzept der allwettertauglichen Anlagestrategie, welcher eine aktive Asset-Allokation zu Grund liegt, voll zum Tragen. Wir hatten dank unserer defensiven Positionierung zu Beginn der Corona-Krise trotz der starken Verluste an den Märkten im März noch ein Risikobudget und konnten die Aktienquote opportunistisch in der zweiten Märzhälfte erhöhen. Ende April haben wir dann Gewinne realisiert und die Aktienquote wieder auf das Niveau von Mitte März reduziert.
Gleichzeitig hat unser Anleiheportfolio nun eine Rendite von gut 6 Prozent p.a. bei einer Duration von etwa drei Jahren. Wir sehen bei Unternehmensanleihen aktuell eine Reihe von Opportunitäten. Wichtig ist hier aber die Selektion der einzelnen Anleihen! Wir halten aber auch noch etwa ein Drittel des Fondsvolumens in Liquidität. Diese können wir investieren, wenn es in den nächsten Wochen zu weiteren Kursrücksetzern kommen sollte. Insgesamt bleibt für uns wichtig, dass wir auch weiterhin mit unserer allwettertauglichen Anlagestrategie einen Mehrwert gegenüber einer reinen Buy-and-Hold-Strategie erzielen.
Welche Unternehmensziele verfolgen Sie für den weiteren Verlauf des Jahres?
Wir sind auch in diesem Jahr wieder dabei zu beweisen, dass unser Macro-Fonds eine krisenfeste Anlagemöglichkeit ist. Aktuell steht ganz klar im Vordergrund, die Corona-Krise weiterhin gut zu meistern. Natürlich hoffen wir aber auch, dass es im weiteren Jahresverlauf wieder möglich sein wird, unsere Kunden und potenzielle Neuinvestoren persönlich zu treffen. Diese oftmals sehr inspirierenden Begegnungen vermissen wir derzeit sehr.
Link zum Disclaimer
Manfred Gridl kann auf über 21 Jahre Berufserfahrung in der Vermögensverwaltung und im Fondsmanagement bei renommierten nationalen und internationalen Adressen zurückblicken. Sein Schwerpunkt liegt seit über fünfzehn Jahren auf der Verwaltung von Multi-Asset-Class-Lösungen mit einem Schwerpunkt auf Absolut-Return-orientierten Anlagestrategien. Weiterhin verfügt er über eine langjährige Erfahrung in der Aktienanalyse. Er ist Diplom-Wirtschaftsingenieur (Technische Universität Dresden) und CFA Charterholder.