«Asset Manager mit einem klaren Profil sind gesucht»

08.05.2014
Herr Fischli, Bellevue Asset Management ist eine hoch spezialisierte Investment-Boutique mit Fokus auf die Verwaltung von Aktienfonds für ausgewählte Sektor- und Regionenstrategien. Mit welchen Herausforderungen sind Sie als Nischenplayer zurzeit konfrontiert?
Als Nischenplayer können wir einen gewichtigen Vorteil ausspielen. Wir registrieren in unterschiedlichen Investorensegmenten eine stetig steigende Nachfrage nach spezialisierten Asset Managern. Viele Investoren wünschen sich keinen Generalisten mehr, sondern einen Investmentmanager mit einer glaubwürdigen Positionierung. Konkret bedeutet dies, dass heute Asset Manager mit einem klaren Profil gesucht sind, die sich auf einige wenige Investmentthemen spezialisiert haben und dort einen überzeugenden Track Record vorweisen können.
Doch die Medaille hat bekanntlich zwei Seiten. Für eine Investmentboutique ist es heutzutage eine Herausforderung, an diskretionäre Mandate der grossen Finanzinstitute zu gelangen. Hier fehlt vielen Boutiquen schlicht die Produktgrösse. Auch die Marketing-Power kann mit den grossen Fondshäusern nicht mithalten.
Zusammengefasst überwiegen für mich die Vorteile eines Nischenplayers, sofern er richtig aufgestellt ist und langfristig eine überzeugende Produktqualität bieten kann.
Die Healthcare Expertise ist ein wichtiges Standbein der Bellevue Asset Management. Wie haben sich Ihre Aktienstrategien in diesem Bereich entwickelt?
Unsere langfristige Strategie im Bereich Biotech-Investments hat unseren Kunden in der kürzeren wie längeren Historie beachtlichen Mehrwert geschaffen. Mit der Lancierung der BB Biotech AG als Beteiligungsgesellschaft für globale Biotech-Unternehmen zählten wir 1993 zu den Pionieren in diesem Bereich. Nach einem fulminanten Start und dem Platzen der Tech-Bubble um die Jahrtausendwende zogen sich Anleger verunsichert aus dem Sektor zurück. In der Zwischenzeit aber reiften viele Biotech-Unternehmen zu profitablen und äusserst wachstumsstarken Unternehmen heran, die heute vielen grossen Pharma-Unternehmen in punkto Umsatzwachstum den Rang ablaufen. Diese Entwicklung lief an vielen Investoren unbeachtet vorüber, womit die Bewertung von Biotech-Firmen in den letzten Jahren historische Tiefststände erreicht hat. Seit zwei Jahren indes mischen Anleger Biotech wiederum ihrem Gesundheitsportfolio bei und erfreuten sich dabei sehr ansprechenden Renditen. Ungeachtet der jüngsten Gewinnmitnahmen im März/April orten wir noch sehr viel Potenzial, welches sich aus den vollen R&D-Pipelines, der Beschleunigung der Medikamentenzulassung sowie weiteren M&A-Transaktionen ergibt. Die Fundamentaldaten bleiben also stark, weshalb wir übrigens in diesem Bereich unsere Kompetenzen und Angebote weiter ausgebaut haben.
Auch der Medtech-Sektor, unser zweites Standbein, konnte sich sehr gut behaupten: Der Sektor erzielte von 2008 bis 2013 eine Outperformance von 24,5 Prozent gegenüber dem Gesamtmarkt. Anleger schätzen den defensiven Charakter des Sektors, der gerade in einem schwierigen Marktumfeld zu einer Outperformance tendiert. Derzeit sehen wir eine Wachstumsbeschleunigung aufgrund der Normalisierung der Patientenzahlen und einer Vielzahl von innovativen Produkteinführungen. Während wir für 2014 bedingt durch die Produkteinführungskosten nur eine leichte Verbesserung bei der Ertragskraft erwarten, dürfte das Folgejahr mit zusätzlichen Margenverbesserungen zu einem überdurchschnittlichen Gewinnanstieg führen. Weitere Kursimpulse werden auch in diesem Sektor seitens M&A-Aktivitäten kommen.
Ein weiteres Kompetenzfeld ist Ihr Fokus auf aufstrebende Schwellenländermärkte. Was gibt es von dieser Front zu berichten?
Gerade unsere Afrika-Aktienstrategie entwickelte sich in einem für Schwellenländeranlagen insgesamt negativen Umfeld äusserst robust. So erzielten wir per Ende April 2014 über ein Jahr einen Wertzuwachs von rund 8 Prozent, während die globalen Schwellenländermärkte Verluste von mehr als 6 Prozent zu verzeichnen hatten. Damit ist die Diversifikationsstrategie unserer Kunden im BB African Opportunities Fonds sehr gut aufgegangen. Im Fonds legen wir unseren Fokus bewusst auf Anlageopportunitäten, die sich aus strukturellen Wachstumschancen vor allem in ausgewählten Ländern Nord- und Subsahara Afrikas ergeben. Diese sind naturgemäss eher an lokale Entwicklungen wie Wirtschaftsreformen, Liberalisierungen, Privatisierungen usw. gebunden, wovon etwa Unternehmen im Bereich Infrastruktur, Informations- und Kommunikationstechnologien, Finanzdienstleistungen und vereinzelt auch Konsum massgeblich profitiert haben. Nicht zuletzt dank seiner kompetitiven Leistung erfreute sich der Fonds im letzten Jahr auch beachtlicher Mittelzuflüsse seitens institutioneller wie privater Investoren, die den Fonds als langfristigen Anlagebaustein ihrer Aktienallokation beigemischt haben. Mit einem vom IWF geschätzten Wirtschaftswachstum von 5,5 bis 6,5 Prozent über die kommenden zwei, drei Jahre und bei einer Fortsetzung notwendiger Reformen erwarten wir weiterhin mittel- bis langfristig attraktives Wertentwicklungspotenzial bei nach wie vor guten Diversifikationseigenschaften.
Es zeichnet sich eine langsame, jedoch stetige wirtschaftliche Erholung in Europa ab. Sie verfolgen mit den BB Entrepreneur Europe Fonds eine auf eigentümergeführte Unternehmen fokussierte Anlagestrategie. Wie konnten diese Unternehmen vom Aufschwung profitieren?
In Krisenzeiten sind Unternehmer vorsichtig und planen sehr konservativ. Sie sehen da eher das Down-Side-Risk. Nun findet eine Erholung statt und sie können die Früchte ihrer Strategie einfahren. Die Unternehmen glauben an ein nachhaltiges Wachstum, werden offensiver und expandieren stärker - dies aus einer Position der Stärke. Wir rechnen auch mit mehr Übernahmen. Ein weiterer Faktor ist das Onshoring. In den Schwellenländern ist das Lohnniveau stark gestiegen, und die einst klaren Wettbewerbsvorteile schwinden. Unternehmen gehen wieder dahin, wo es vergleichsweise günstig ist, nach Spanien, Portugal oder Italien und lassen dort produzieren. Die geografische Aufteilung des Portfolios von BB Entrepreneur Europe spiegelt diese Entwicklung wider. Insgesamt haben wir auch die Zykliker mehr gewichtet. Wir sind gut ins Jahr 2014 gestartet mit einer Year-to-Date-Performance, die mit einem Plus von über 7 Prozent den breiten Markt um 300 Basispunkte schlägt.
Patrick Fischli trat 2009 als Head Sales Schweiz/Deutschland/Österreich bei Bellevue Asset Management AG ein. Zuvor war er während fast zehn Jahren in verschiedenen Kaderfunktionen in der Julius Bär Gruppe tätig. Im Range eines Executive Directors leitete er zuletzt den Vertrieb von Investment-Fonds im Hauptmarkt Schweiz. Davor war er für den Vertrieb in Deutschland zuständig. Vor seiner Zeit bei Julius Bär war er zwei Jahre in strategischen Projekten bei der UBS AG tätig. Er studierte Betriebsingenieur an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich (ETH) und ist Absolvent der AZEK.