Auf ein «Lower for Longer»-Szenario haben wir uns schon längst eingestellt

28. Oktober 2019
Herr Gasser, Sie verfolgen in Ihrem Haus die Zinsen besonders aufmerksam. Was fällt Ihnen dazu spontan ein?
Das Warten auf steigende Zinsen ist wie das «Warten auf Godot». In der Tat stellen die vom Wirtschaftsmagazin «The Economist» beschriebenen «seltsamen neuen Regeln der Weltwirtschaft» für Investoren eine noch nie dagewesene Herausforderung dar. In dieser neuen Realität korrelieren Grössen wie Inflation oder Zinssatz beispielsweise nicht mehr, wie sie es über Jahrzehnte davor getan haben. Tief- oder Negativzinsen - früher ein zeitlich begrenztes Phänomen - sind zum Normalzustand geworden. Auf dieses Szenario haben wir uns frühzeitig mit unseren Anlagestrategien und Produkten ausgerichtet.
Wie gehen Sie mit dieser Situation konkret um?
Diesem «Lower for Longer»-Szenario setzen wir alternative Fixed-Income-Strategien, u.a. bei Wandelanleihen oder «Unconstrained Credit», entgegen. Das Ziel ist es, durch differenzierende Strategien mit tiefer Korrelation zu den klassischen Zinsrisiken eine Mehrrendite für unsere Kunden zu erzielen - und dies selbstverständlich im Rahmen der Risikovorgaben.
Zinsen um Null herum werden uns also noch lange erhalten bleiben…
Ja, davon müssen wir für die kommenden Jahre ausgehen angesichts der düsteren Prognosen, welche beispielsweise die neue IWF-Chefin Kristalina Georgieva zeichnet. Allein 2020 könnte der Handelsstreit die Welt rund 700 Mrd. US-Dollar an Wirtschaftsleistung kosten, was dem Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz entspräche. Als Folge mahnt Georgieva, die Zinsen niedrig zu halten. Das ist ein harter Schlag für die Sparer weltweit.
Investoren können aber in Schwellenländer ausweichen, dort bekommt man noch Zinsen.
Schwellenländer sind aufgrund der höheren Renditen auf den ersten Blick interessant. Man darf aber die damit verbundenen Risiken wie zum Beispiel die Gefahren von Zahlungsausfällen im Zuge von sich wirtschaftlich verschlechternden Rahmenbedingungen nicht ausklammern. Als Alternative zu Direktanlagen bieten sich diversifizierte Bond-Investments an. Der entsprechende Credit Suisse (Lux) AgaNola Fonds berücksichtigt beispielsweise Schwellenländer-Anleihen und verwendet Derivate zur taktischen oder systematischen Absicherung des Marktrisikos, vorwiegend Zins- und Kreditrisiken.
Sie kennen sich in Wandelanleihen bestens aus. Ist jetzt eine gute Zeit dafür?
Wandelanleihen zählen wir zu den wenigen Lichtblicken in einem sich verdüsternden Investmentumfeld. Auf der einen Seite konnten Wandelanleihen trotz der historisch tiefen Deltas/Aktiensensitivitäten die Aktienmärkte dieses Jahr auf risikoadjustierter Basis wieder outperformen. Auf der anderen Seite mit den defensiven Charakteren (tiefes Delta, Asset- Class-Mechanismen, unser Investment-Grade-Fokus) sind wir zuversichtlich, dass wir für die herausfordernde Zukunft mit Wandelanleihen in der richtigen Anlageklasse und mit Investment Grade im richtigen Marktsegment positioniert sind.
Link zum Disclaimer
Oliver Gasser, seit Oktober 2017 CEO von AgaNola AG, blickt auf knapp 30 Jahre Berufserfahrung im Bankwesen zurück. Vor seinem Einstieg bei AgaNola war er von 2008 bis 2017 bei der Credit Suisse Asset Management als Head of Global Credit tätig, wo er ein Kreditportfolio von nahezu 8 Mrd. Schweizer Franken aufbaute, deren Anlageschwerpunkte globale Kreditstrategien (High Yield und Investment Grade), Wandelanleihen, strukturierte Kredite sowie flexible Multi-Sektor-Ansätze in Form von Anlagefonds und institutionellen Mandaten beinhaltete.