«Bei Green Bonds steigen sowohl Angebot als auch Nachfrage rasant»

10.01.2020
Frau Ottavi, wie können Investoren den Klimawandel durch ihre Investitionen in Green Bonds bekämpfen und umkehren?
Die Probleme im Zusammenhang mit dem Klimawandel werden mehrheitlich als von entscheidender Bedeutung angesehen. Dabei spielen nachhaltige Anlagen eine grundlegende Rolle, um die verfügbaren Ressourcen kohärent auf die Verbesserung der Bedingungen auf unserem Planeten zu lenken. Verantwortungsbewusste Finanzinstrumente wie Green Bonds bieten eine Rendite auf das investierte Kapital mit dem Plus, dass sie positive externe Wirkungen erzeugen und damit Vorteile für die Gemeinschaft kreieren.
Herr Merlin, was genau sind Green Bonds?
Green Bonds sind gewöhnliche Schuldverschreibungen, aber die Verwendung der Erlöse ist auf die teilweise oder vollständige Finanzierung oder Refinanzierung neuer und/oder bestehender Projekte mit positiven Auswirkungen auf die Umwelt beschränkt.
Herr Merlin, es geht also um mehr als nur einen Marketing-Begriff?
Die Bandbreite und die schiere Grösse der Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels werden zunehmen. Green Bonds sind ein Instrument, das von den Regierungen gezielt eingesetzt werden wird, um ihre national festgelegten Beiträge im Rahmen des Pariser Abkommens von 2015 zu erfüllen. Darüber hinaus erfordern das Bevölkerungswachstum und die zunehmende Verstädterung in vielen Schwellenländern grosse Investitionen in die Infrastruktur. Daher werden die Schwellenländer wahrscheinlich einen wesentlichen Beitrag zum Marktwachstum leisten.
Auf der Regulierungsseite werden die Anleger durch den laufenden Aufbau eines gesetzlichen Rahmens für die Emission von Green Bonds geschützt. Im Juni 2019 hat die Europäische Kommission einen wichtigen und mit Spannung erwarteten Bericht («EU Green Bond Standard») zur Schaffung eines europäischen Green-Bond-Standards veröffentlicht. Dieser Bericht enthält Richtlinien zur Förderung der Kommunikation von Emittenten über klimarelevante Aspekte und die Kriterien für die Emission von Green Bonds. Die EU hat auch einen Bericht mit dem EU TEG-Vorschlag veröffentlicht, der eine Liste von Wirtschaftsaktivitäten enthält, die als wirksam für die ökologische Nachhaltigkeit angesehen werden.
Frau Ottavi, wie gross ist das Universum, wer sind die Schuldner und gibt es genügend Liquidität?
Nach den Daten von BloombergNEF beträgt der Markt für Green Bonds mehr als 800 Mrd. US-Dollar, wobei der Gesamtwert der Neuemissionen 2019 bei rund 250 Mrd. US-Dollar lag. Die Hauptemittenten gehören zum Finanzsektor, weitere wichtige Emittenten sind staatliche Stellen und supranationale Einrichtungen, wie die EIB und Weltbank, welche in den Jahren 2007 beziehungsweise 2008 die ersten Green Bonds emittiert haben. Auch die Emissionen staatlicher Emittenten nehmen zu. Sie erhöhten sich von rund 18 Mrd. US-Dollar im Jahr 2018 auf etwa 26 Mrd. US-Dollar im Jahr 2019.
Angesichts des massiven Interesses an dieser «neuen» Asset-Klasse steigen sowohl die Nachfrage als auch das Angebot in rasantem Tempo. Liquidität ist in der gegenwärtigen Situation kein Problem und wir erwarten nicht, dass sie in Zukunft eines sein wird.
Frau Ottavi, wie ist Eurizon in diesem Markt positioniert?
Eurizon ist sehr gut positioniert. Wir haben im Januar 2018 den «Eurizon Fund - Absolute Green Bonds» aufgelegt, welcher weltweit in Green Bonds investiert und einen Absolute-Return-Anlageansatz verfolgt. Das verwaltete Vermögen ist in kurzer Zeit auf 725 Mio. Euro angewachsen.
Herr Merlin, wie beurteilen Sie das Thema Greenwashing und wie gehen Sie in Ihrem Anlageprozess damit um?
Wir investieren viel Zeit in die Analyse der einzelnen Projekte, welche den Green Bonds zu Grunde liegen, um Greenwashing zu vermeiden. Im Detail durchleuchten wir das «grün gekennzeichnete» Universum und wählen Anleihen aus, die sich durch einen hohen Grad an «Grün» auszeichnen, wobei Sektoren mit der höchsten, positiven Auswirkung auf die Umwelt bevorzugt werden. Eurizon veröffentlicht den Global Impact Report für den «Eurizon Fund - Absolute Green Bonds», der die Klima-/Umweltauswirkungen von Projekten, die durch seine «grünen» Investitionen finanziert werden, qualitativ beschreibt und quantifiziert. Dies ist ein nützliches Instrument für Investoren, die daran interessiert sind, die tatsächlichen Auswirkungen ihrer Anlagen zu verstehen.
Frau Ottavi, Sie haben sich für einen Absolute-Return-Ansatz entschieden. Was können Ihre Investoren erwarten?
Der Fonds strebt langfristig nachhaltige Erträge an und kontrolliert gleichzeitig das Drawdown-Risiko. Ein Absolute-Return-Management-Stil garantiert mehr Flexibilität durch die aktive Verwaltung der Durations-, Währungs- und Kreditrisiken. Insbesondere die Duration des Portfolios kann im Lauf der Zeit stark variieren, wobei die Möglichkeit besteht, die Duration des Fonds negativ zu halten. In dem derzeitigen komprimierten Renditeumfeld handelt es sich dabei um ein zusätzliches Plus.
Herr Merlin, Sie werden an der «FINANZ’20» am 22.01.2020 um 15:00 Uhr im Glaskubus II einen Vortrag zu diesem Thema halten. Was können die Besucher erwarten?
Ich werde die Entwicklung des Green-Bond-Markts seit der ersten «grünen» Emission im Jahr 2007 und die Perspektiven für die kommenden Jahre vorstellen. Die Prinzipien und Eigenschaften von Green Bonds sowie die erzielten Ergebnisse werden diskutiert, sodass die Teilnehmer über das Thema auf dem Laufenden sind.
Link zum Disclaimer
Caterina Ottavi ist eine Fondsmanagerin mit 16 Jahren Erfahrung in der Finanzindustrie. Bevor sie zu Eurizon kam, arbeitete sie für Epsilon SGR, Banca Mediosim und Banca Profilo. Sie hat insbesondere in der Verwaltung von Total-Return-Bond-Portfolios und im Risikomanagement grosse Erfahrung gesammelt. Im März 2019 trat Caterina Ottavi den Arbeitsgruppen von ABI zu den Themen Banken, Umwelt- und Klimaveränderungen, Nachhaltigkeit und Kreditrisiko bei. Sie hat einen Abschluss in Mathematik an der Universität von Bologna und in Politikwissenschaften an der Università Statale in Mailand.
Matteo Merlin ist der Co-Portfoliomanager des «Eurizon Fund - Absolute Green Bonds» und verfügt über 13 Jahre Erfahrung als Fondsmanager. Bevor er zu Eurizon kam, arbeitete er für die Banca Profilo. Er hat bedeutende Erfahrungen in der Verwaltung von Anleihenportfolios gesammelt, insbesondere von internationalen Anleihen, Anleihen aus Schwellenländern und Agenturen. Matteo Merlin hat ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und des Managements von Institutionen und Finanzmärkten an der Università Cattolica in Mailand abgeschlossen. Ausserdem verbrachte er sechs Monate als Austauschstudent an der Universität Southampton.