Biotechsektor - gute Chancen für einen Rebound dank fundamentaler Stärke

24.02.2022
Herr Dr. Koller, der Jahresauftakt war alles andere als freundlich. Anleger zogen sich nach wie vor aus Wachstumstiteln zurück und Biotechunternehmen waren weiterhin Leidtragende dieser Rotation. Woran liegt das?
Die Rotation von Growth hin zu Value macht auch vor der Biotechnologie-Branche nicht halt. Die Ausnahme bilden nur einige wenige Large Caps. Die Gründe sind jedoch hauptsächlich dem börsentechnischen Verhalten geschuldet. Inhaltlich fundamentale Gründe bestehen kaum. Insbesondere Mid Caps wurden mit dem gesamten Sektor abgestraft. Dabei gibt es viele Biotech-Unternehmen aus diesem Bereich, etwa Incyte oder Neurocrine, die stabil und profitabel sind und ein klares Wachstumspotenzial haben.
Welche Rolle spielt Covid-19 im Jahr 2022?
Der Fokus wird sich weg von SARS-CoV2-Impfstoffen und -Medikamenten verlagern, hin zu den umfassenden nicht abgedeckten medizinischen Bedürfnissen der Patienten mit chronischen und schweren Erkrankungen. Seit der Pandemie wird häufig auftretenden Krankheiten einen höheren Stellenwert zugemessen. Wir sehen, dass die Biotechbranche zunehmend gewillt ist, sich diesen Krankheiten anzunehmen. Wichtige technologische Fortschritte, die sich bisher vor allem auf seltene Krankheiten konzentriert haben, dürften sich künftig häufiger auf breitere Indikationen erstrecken.
Was spricht Ihrer Meinung nach für einen Rebound des Biotech-Sektors?
Der wichtigste Erfolgs-Faktor im Biotech-Sektor hat sich nicht verändert: die Attraktivität und das Alleinstellungsmerkmal einer Technologie oder eines Produktes. Aber auch die aktuellen Marktsignale sind vielversprechend. Die Aufnahme von Patienten in klinische Studien ist mittlerweile höher als vor dem Beginn der Corona-Pandemie. Und auch die Rekordzahlen bei der Beantragung von klinischen Studien und Produktzulassungen bei der US-Arzneimittelbehörde sprechen dafür, dass das Momentum des Sektors stark bleibt.
Wie wirken sich die steigenden Zinsen auf die vielen Mid- und Small-Caps in der Branche aus?
Mittel- bis langfristig sind steigende Zinsen für Biotech-Unternehmen positiv. Sie finden in der Regel in starken Volkswirtschaften statt. Diese Länder haben Ressourcen, um Medikamente zu bearbeiten. Ausserdem ist der Arbeitsmarkt stark, in Ländern mit privater Krankenversicherung bedeutet dies für Angestellte eine verbesserte Situation.
Link zum Disclaimer
Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head Investment Management Team der BB Biotech AG. Von 2001 bis 2004 war er als Investment Manager bei equity4life Asset Management AG und von 2000 bis 2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und promovierte in Biotechnologie an der ETH und bei Cytos Biotechnology AG, Zürich.