Bleibt 2019 alles beim Alten?

01.03.2019
Herr Glow, das «Financial and Risk business» von Thomson Reuters firmiert seit ein paar Monaten unter Refinitiv. Das ist noch nicht bei allen Finanzmarktteilnehmern angekommen. Können Sie da kurz Abhilfe schaffen?
Nach Abschluss der Übernahme der Mehrheit an dem Bereich «Financial and Risk» hat Blackstone im Oktober 2018 das neue Unternehmen unter dem Namen Refinitiv an den Markt gebracht. Die Umbenennung war notwendig, da Thomson Reuters als Unternehmen weiter existiert und man hier etwaige Verwechselungen ausschliessen wollte. Zudem kommt durch den neuen Namen zum Ausdruck, dass mit Refinitiv in dem Bereich «Financial and Risk» etwas Neues passiert.
Namhafte Analysten waren für die ersten Monate 2019 pessimistisch gestimmt und Institutionelle haben hohe Cash-Quoten. Müssen sie alle umdenken bei der aktuell erfreulichen Börsenentwicklung?
Ich glaube, dass die Märkte derzeit sehr launisch sind und stark von der Politik beeinflusst werden. Von daher ist eine defensive Grundeinstellung der Investoren sicherlich nicht falsch. Die vorgehaltene Liquidität kann taktisch genutzt werden, um von positiven Tendenzen an den Märkten zu profitieren. Hier ist allerdings schnelles Handeln gefordert, da die Trends häufig wechseln. Ich erwarte auch im Jahr 2019 eine erhöhte Volatilität, durch die sich immer wieder Chancen ergeben werden. Insgesamt glaube ich eher an eine Seitwärtsbewegung als einen Anstieg der Märkte. Somit ist von Seiten der Anleger aus meiner Sicht kein Umdenken erforderlich. Allerdings sollten die Anleger bereit sein, kurzfristig höhere Risiken einzugehen.
Seitens der ETF-Anbieter hört man, das Geschäft würde stark laufen. Können Sie das bestätigten?
Die europäische ETF-Industrie hat das Jahr 2018 im Gegensatz zu den Anbietern von aktiv gemanagten Fonds positiv abgeschlossen. Dieser Trend hat sich auch Anfang 2019 fortgesetzt. Sollte das Marktumfeld positiv bleiben, könnte 2019 ein aussergewöhnlich gutes Jahr für die Anbieter von ETFs werden.
Ihr Ohr ist bekanntlich ganz nah am Markt. Wie läuft es bei den Anbietern von aktiv verwalteten Fonds?
Die Anbieter von aktiv verwalteten Fonds kämpfen weiterhin mit Mittelabflüssen. Allerdings könnte der derzeitig positive Trend an den Aktienmärkten zu einer Trendumkehr bei den Mittelbewegungen führen, da die Mittelbewegungen bei aktiv gemanagten Fonds immer stark von dem Börsenumfeld abhängen. Zudem belastet die andauernde Kostendiskussion den Absatz von aktiv gemanagten Produkten, insbesondere wenn diese nicht in der Lage waren, ihre Benchmark zu übertreffen.
Auf der anderen Seite sehen wir, dass es nach wie vor eine hohe Nachfrage nach Misch- beziehungsweise Multi-Asset-Fonds gibt.
Können Sie schon Trends fürs restliche Jahr erkennen?
Die beiden Trends, die meiner Meinung nach das Jahr 2019 bestimmen werden, sind zum einen die oben angesprochene Kostendiskussion und zum anderen das Thema Nachhaltigkeit.
Im Rahmen der Kostendiskussion sehen wir, dass die ersten Anbieter mit innovativen Kostenmodellen auf den Markt kommen, um so das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Dieser Trend dürfte sich, insbesondere dann, wenn diese neuen Konzepte erfolgreich sind, weiter verstärken. Dies ist aus meiner Sicht sehr gut für die Investoren, denn niedrigere Kosten bedeuten automatisch bessere Anlageergebnisse für sie.
Der Bereich der Nachhaltigkeit war zwar schon vor dem EU-Aktionsplan auf der Agenda der Fondsanbieter, doch mit seiner Bekanntgabe zur Finanzierung des nachhaltigen Wachstums ist das Thema ein zentraler Punkt für die Anbieter von Finanzdienstleistungen geworden. Zwar ist das entsprechende Gesetzgebungsverfahren noch nicht abgeschlossen, aber man kann schon jetzt sehen, dass sich die Fondsanbieter entsprechend positionieren wollen.
Link zum Disclaimer
Detlef Glow, MBA (UoW), begann im Jahr 2005 als Leiter der Fondsanalyse für Deutschland und Österreich bei Lipper at Refinitiv. Anfang 2007 übernahm er die Leitung für die Regionen Zentral-, Nord- und Osteuropa. Seit Oktober 2010 ist Glow Leiter der Fondsanalyse von Lipper in Europa, dem Nahen Osten und Afrika (EMEA). Zuvor war er als Direktor Portfoliomanagement bei der Feri Wealth Management GmbH in Bad Homburg als Portfoliomanager für vermögende Privatkunden tätig. Seine Karriere begann Detlef Glow neun Jahre zuvor bei der tecis Holding AG in Hamburg, wo er zuletzt als Leiter der Fondsanalyse sowohl für das quantitative als auch das qualitative Fondsresearch der tecis Asset Management AG verantwortlich war.