Comeback der globalen Gesundheitsmärkte

Senior Portfolio Manager Bellevue Asia Pacific Healthcare Fonds & Bellevue Emerging Markets Healthcare Fonds
Bellevue Asset Management AG, Küsnacht ZH
bellevue.ch
03.03.2023
Herr Krauer, die letzten Jahre waren für Unternehmen der Gesundheitsbranche in den Schwellenländern schwierig. Allen voran China mit seiner Null-Covid-Politik. Wie sieht es heute aus?
Derzeit stellen wir eine Trendwende fest. Gerade in China hat der Sektor zu einem Comeback angesetzt. Hier zieht das Geschäft der Healthcare-Unternehmen nach der Abkehr von der Null-Covid-Politik wieder an. Ausserdem löst die Förderung durch die Regierung neue Wachstumsimpulse aus.
Wie wirkt sich das konkret aus?
Sehr erfreulich, denn endlich kann der Sektor sein Potenzial wieder ausschöpfen. Wir erwarten ein jährliches Wachstum von rund 10 Prozent für den chinesischen Gesundheitsmarkt. Dabei profitieren von der Wiederöffnung ganz unterschiedliche Gesundheitssektoren. Zum Beispiel sind die Kliniken aufgrund der steigenden Patientenzahl für stationäre Behandlungen wieder stärker ausgelastet. Dazu zählen auch die chirurgischen Eingriffe. Diese fördern wiederum das Geschäft von einzelnen Bereichen der Medizintechnik - etwa Hersteller von Implantaten wie künstlichen Hüft- und Kniegelenken oder Stents und Herzklappen in der Kardiologie. Ausserdem steigen die Umsätze von Distributoren und Apotheken, weil diese wieder mehr Laufkundschaft verzeichnen.
Wird China diese Entwicklung auch dauerhaft verfolgen?
Davon ist auszugehen, denn die Gesundheit bleibt eine der Schlüsselindustrien in China. Die Regierung ist gezwungen, in die Modernisierung bestehender Strukturen und in innovative Technologien zu investieren. Infolge der Überalterung der Bevölkerung steigt die Nachfrage nach Produkten und Serviceleistungen automatisch. Was die staatlich regulierte Preispolitik angeht, deuten die jüngsten Signale darauf hin, dass sich die Preisbildung zugunsten der Anbieter entwickelt. Das wirkt sich wiederum positiv auf die Gewinnentwicklung der Unternehmen aus.
Also bleibt China langfristig attraktiv?
China ist aufgrund der attraktiven Bewertungen und des hohen Umsatz- und Gewinnwachstums aktuell auf jeden Fall der spannendste Gesundheitsmarkt unter allen Schwellenländern. Chinesische Unternehmen haben ganz klar an Innovationskraft gewonnen. Biotechfirmen wie Legend Biotech und BeiGene sind dabei, ihre Krebstherapien auch in den USA zu kommerzialisieren. Das Leukämiemedikament Brukinsa von BeiGene, ein Präparat aus der Klasse der BTK-Inhibitoren, hat aufgrund der sehr hohen Wirksamkeit gute Chancen, sich als «Best in Class»-Produkt zu etablieren. Dasselbe gilt für die Zelltherapie von Legend Biotech in der Behandlung des multiplen Myeloms. Ebenfalls zu erwähnen ist WuXi Biologics, das Dienstleistungen im Bereich Research und Produktion von Biologika anbietet, die weltweit konkurrenzfähig sind.
Wie sieht die Entwicklung der Gesundheitswerte in Asien ausserhalb Chinas aus? Gibt es hier nennenswerte Beispiele?
Allerdings, hier gibt es eine ganze Reihe bahnbrechender neuer Arzneien. Der japanische Pharmakonzern Daiichi Sankyo hat zusammen mit AstraZeneca mit Enhertu ein neues Brustkrebsmedikament auf den Markt gebracht, das jährliche Spitzenumsätze im oberen einstelligen Milliardenbereich einspielen kann. Eisai Pharma und Biogen haben Anfang Januar 2023 grünes Licht von der Zulassungsbehörde für Lecanemab erhalten, das erste Alzheimermedikament, das den Krankheitsverlauf direkt beeinflusst. In Australien hat das Unternehmen CSL Ltd für seine Gentherapie zur Behandlung von Hämophilie B die Zulassung erhalten.
Was tut sich in anderen Schwellenländern wie etwa Indien und Brasilien?
Im indischen Gesundheitssektor überzeugen zum einen Spitalketten wie Apollo Hospitals mit ihrer Digitalisierungsstrategie, zum anderen Generikafirmen wie Dr. Reddy’s und Sun Pharma aufgrund ihrer starken Position auf dem Heimatmarkt und ihrer Spezialpharmaprodukte in den USA. Ausserhalb des asiatisch-pazifischen Raums sehen wir vor allem in Brasilien interessante Investmentopportunitäten. Aktuell gefallen uns die Apothekenkette Raia und die auf Generika und Spezialpharmaprodukte spezialisierte Firma Hypera. Beide Firmen sind weniger abhängig von der ökonomischen Entwicklung in Brasilien und deshalb defensiver aufgestellt. Zudem profitieren sie am meisten von der Überalterung und folglich vom überdurchschnittlichen Wachstum des Gesundheitsmarktes.
Das hört sich nach einem Comeback der Gesundheitswerte an. Wie haben Sie in diesem Umfeld die Fondsportfolios ausgerichtet?
Wir halten bei unseren beiden Fonds einen hohen Anteil an chinesischen Aktien. Beim «Bellevue Emerging Markets Healthcare Fonds» sind es über 60 Prozent und beim «Bellevue Asia Pacific Healthcare Fonds» rund 40 Prozent. Grundsätzlich sind rund die Hälfte der Assets im «Asia Pacific Healthcare Fonds» in Schwellenländer investiert und die andere Hälfte in asiatisch-pazifische Industrieländer wie Japan, Australien und Neuseeland. Dadurch bekommt dieser Fonds eine etwas defensivere Note. Beim «Emerging Markets Healthcare Fonds» wird der China-Anteil mit einer etwas höheren Quote an indischen Anlagen kombiniert und mit Investitionen in Brasilien, Ungarn und im Mittleren Osten ergänzt.
Link zum Disclaimer
Remo Krauer ist seit 2018 Senior Portfolio Manager Healthcare Funds & Mandates bei Bellevue Asset Management. Zuvor war er bei der Zürcher Kantonalbank tätig, zuerst als Senior Portfoliomanager, dann als Head Portfolio-Konstruktion für Private Vermögensverwaltung. Er hat einen Bachelorabschluss in Betriebsökonomie von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.