Danielle Reischuk schaut zurück aufs turbulente Jahr 2020

18.12.2020
Frau Reischuk, dieses Jahr feierte SIX «20 Jahre ETFs an der Schweizer Börse». Konnten Sie trotz Corona ein Fest ausrichten?
Nach wie vor belastet Corona die Weltwirtschaft und schafft ein schwieriges Marktumfeld. Doch die jüngsten Nachrichten zur baldigen Verfügbarkeit von Impfstoffen beflügeln die Märkte. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum stieg der Handelsumsatz an der Schweizer Börse im November um 20 Prozent auf 1.7 Mrd. Schweizer Franken, während die Zahl der Transaktionen um 60 Prozent auf insgesamt 93 Millionen zunahm. Wir nehmen diesen Schwung mit und werden mit unseren Emittenten und Marktteilnehmern, ja dem ganzen ETF-Ökosystem, gebührend feiern, sobald die Rahmenbedingungen dies zulassen.
Was waren 2020 sonst noch die Höhepunkte?
Das jüngste Highlight fand vor wenigen Tagen statt: Am 7. Dezember wurde der neue Trading Service ETF «Quote on Demand» lanciert. Dank «Quote on Demand» lassen sich grosse ETF- und ETP-Positionen unkompliziert und mit allen Vorteilen des Börsenhandels traden. Die neue Handelsdienstleistung ergänzt den bestehenden «Quote Driven Market» (QDM) und bietet institutionellen Anlegern die Möglichkeit, Quote-Anfragen in einem Bieterverfahren direkt mit Liquiditätsgebern in Europa abzuwickeln und parallel mit dem bestehenden Auftragsbuch zu interagieren. Damit wird der Zugang zu zusätzlicher Liquidität ermöglicht, was sich in Form von Ausführungsverbesserungen widerspiegeln sollte. Selbstverständlich erfolgt dies analog dem aktuellen ETF-Handel über eine zentrale Gegenpartei (CCP) sowie einen vollautomatisierten STP-Prozess.
Ebenfalls am 7. Dezember weiteten wir «SwissAtMid», unseren sehr erfolgreichen Service im Aktien-Bereich, auf Anlagefonds aus. «SwissAtMid» verbindet ein nicht einsehbares Auftragsbuch und eine Auftragsart, die Abschlüsse zum Mittelpreis aus dem Lit-Auftragsbuch (Central Limit Order Book, CLOB) der Schweizer Börse ermöglicht. Auf diese Weise erfolgt beim Handel grosser Positionen keine Bewegung des Marktes. Pünktlich zur Einführung zeigt sich im Fondshandel reges Interesse an dieser Auftragsart.
Die Covid-19-Pandemie brachte beispiellose Herausforderungen für die Märkte auf der ganzen Welt mit sich und wirkte sich auf die Liquidität fast aller Anlageinstrumente und Anlageklassen aus. Trotz dieser Herausforderungen funktionierten ETFs wie gewohnt und versorgten die Marktteilnehmer mit Liquidität, als sie diese am dringendsten benötigten. Für uns als Vertreter der ETF-Industrie war dies ebenfalls ein Höhepunkt und spricht für die weiterhin wachsende Akzeptanz dieser Produkte.
Das Geschäft mit ETFs läuft also weiter sehr gut. Können Sie ein paar konkrete Zahlen nennen?
Im November verzeichneten wir ein deutliches Plus bei den Transaktionen, wie bereits erwähnt. Seit Anfang Jahr summiert sich dies bereits auf über 1.5 Millionen Abschlüsse, das ist ein neuer Rekord. Die fünf Monate mit den meisten Abschlüssen seit Einführung des ETF- Handels vor 20 Jahren fallen allesamt in das aktuelle Jahr - angeführt vom März 2020 mit 263’000 ETF-Abschlüssen. Als sich die Liquidität in den zugrunde liegenden Märkten verschlechterte, insbesondere bei den festverzinslichen Wertpapieren, wurden ETFs weiterhin effizient gehandelt und spielten eine führende Rolle bei der Preisfindung. Den Stress-Test haben ETFs also mit Bravour bestanden.
Was wir in diesem Jahr ebenfalls beobachtet haben: Die stärkste Zunahme zeigt sich bei Abschlüssen unter 10’000 Schweizer Franken. Entsprechend sank der Median von 12’625 Schweizer Franken im letzten Jahr auf aktuell 9’500 Schweizer Franken. In unseren Augen zeigt dies, dass immer mehr Privatinvestoren die Vorzüge von ETFs erkennen und diese Produkte einsetzen.
Wie reagieren ETF-Produktanbieter auf die Krise?
Entgegen oft gehörter Behauptungen von Kritikern, dass Market Maker in Zeiten von hoher Volatilität zurücktreten und den Markt nicht wie gewöhnlich mit Liquidität versorgen, funktionierte das ETF-Ökosystem inmitten der Volatilität und der steigenden Volumina effizient. Entsprechend lancieren Emittenten wie üblich neue Produkte, um Anlegern noch mehr Auswahl zu bieten. So fanden dieses Jahr 200 neue ETFs den Weg in den Handel bei uns, darunter auch echte Neuheiten. Mitunter handeln seit Sommer zwei ETFs auf medizinisches Cannabis. Diese Produkte stammen von den beiden neuen Emittenten HANetf, einem unabhängigen Anbieter von OGAW-ETFs mit einer White-Label-ETF- und ETC-Plattform, und RIZE, einem auf thematische ETFs spezialisierten Anbieter.
Mit Credit Suisse nahm ein einheimischer ehemaliger Pionier das ETF Geschäft wieder auf. Seit Frühling zählen fünf ETFs von Credit Suisse Asset Management zu unserem Produktangebot, wovon die Mehrheit ESG-Kriterien bei der Anlage umsetzt - ein Anlagethema, das bei Investoren auf verstärktes Interesse stösst und bei dem Europa bezüglich investierter Vermögen gemäss Credit Suisse den ersten Platz belegt.
Und was gibt es Positives vom Segment «Sponsored Funds» zu vermelden?
Mit 11‘716 Abschlüssen in den ersten elf Monaten dieses Jahres verbuchen wir in «Sponsored Funds» einen neuen Rekord mit einem Plus von 47 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Ferner erkannten Anleger vermehrt, dass der untertägige Handel an der Börse Vorteile bietet, dank dem insbesondere bei hoher Volatilität flexibel und rasch auf Marktentwicklungen reagiert werden kann. So zogen «Sponsored Funds» mit den hohen Volumina der Finanzmärkte mit und verzeichneten allein im März 570 Mio. Schweizer Franken Handelsumsatz.
Link zum Disclaimer
Danielle Reischuk ist seit 2011 bei SIX tätig. Dort ist sie als Senior Sales Manager in der Geschäftseinheit Securities & Exchanges verantwortlich für die Betreuung bestehender sowie die Akquisition neuer Produktemittenten im Bereich ETFs und ETPs, die sie bei der Lancierung von Produkten unterstützt und durch den Kotierungsprozess führt. Ferner pflegt sie die Kundenbeziehungen zu den Market Makern und ist zuständig für die Weiterentwicklung und Vermarktung des ETF- sowie ETP-Segments. Danielle Reischuk verfügt über ein lic. phil. I der Universität Zürich und spricht fünf Sprachen fliessend.