Das Potenzial von Megatrends erschliessen - Die Rolle von thematischen Anlagen im Wandel

Stv. Leiter iShares Schweiz
BlackRock Asset Management Schweiz AG, Zürich
blackrock.ch
27.07.2018
Herr Strohmeier, warum und bei welchen Investorengruppen erfreuen sich thematische Investments zunehmender Beliebtheit?
Das Konzept ist grundsätzlich nicht neu; man identifiziert einen Trend oder ein Thema und versucht dieses über Einzeltitel, Strukturierte Produkte oder Kollektivanlagen investierbar zu machen. Die Themen können sehr spezifisch und eng gefasst sein, wie zum Beispiel 3-D-Printing. Die Trends können aber auch fundamentaler Natur sein, wie zum Beispiel Digitalisierung, Sicherheit oder die alternde Gesellschaft. Bei den meisten Trendinvestments handelt es sich um wirtschaftlich und gesellschaftlich relevante Themen, zu denen insbesondere Privatinvestoren einen unmittelbaren Bezug haben. Die Herausforderung, der sich alle Trendinvestments stellen müssen, ist, wie sie in investierbare und in profitable Investments umgesetzt werden.
Was hat sich im Bereich thematische Anlagen verändert?
Historisch wurden thematische Investments meist über aktive Fonds oder Strukturierte Produkte abgedeckt. Neu bietet sich die Möglichkeit mit innovativen Indexkonzepten in solche Themen zu investieren. Basierend auf der Annahme, dass die identifizierten Trends langfristiger Natur sind, kommt hier insbesondere der Kostenvorteil von ETFs zum Tragen. Es zeigt sich, dass ETFs neben dem Kostenargument im Quervergleich zu aktiven Managern sehr gut abschneiden. Themen wie Robotertechnik haben zudem den breiten Aktienmarkt deutlich geschlagen. Seit Lancierung im September 2016 sind in die vier thematischen ETFs, welche wir bei BlackRock anbieten, bereits über 3.5 Mrd. US-Dollar an Assets (Stand 16.07.2018) zugeflossen.
Wie muss man sich einen «passiven» Investmentansatz bei thematischen Investments vorstellen?
Primär geht es darum, langfristige Trends zu identifizieren und daraus Themen abzuleiten, die nicht zu eng gefasst sind. Ein Thema wie «alternde Gesellschaft» bietet sich entsprechend gut an, weil dieser Trend die Nachfragemuster fundamental ändert. So braucht eine «alternde» Gesellschaft mehr Versicherungs- und Medizinaldienstleistungen, gleichzeitig unterscheidet sich auch deren Freizeitgestaltung. Ein regelbasiertes Indexkonzept muss wie ein aktiver Manager jene Titel identifizieren, die möglichst stark von diesen Trends profitieren. Ein Trend wie Demographie brechen wir in viele einzelne Geschäftsfelder auf und messen dann wieviel der Erträge des entsprechenden Unternehmens aus diesen Geschäftsfeldern stammen - ist diese Zahl höher als 50 Prozent, wird der Titel in das ETF-Portfolio aufgenommen. Das Resultat ist ein diversifizierter Korb von Aktien mit einem Fokus auf Small- und Mid-Cap-Unternehmen, die sehr eng an die identifizierten Themen geknüpft sind.
Wie beurteilen professionelle und institutionelle Investoren solche Strategien?
Für professionelle Investoren stehen mehrheitlich klassische Anlageklassen, Regionen und Sektoren im Vordergrund. Allokationen zu thematischen Anlagen erfolgen daher in der Regel über die Satelliten- und Themenquote. Wir versuchen daher mittels detaillierter Portfolioanalysen unseren Kunden aufzuzeigen, wie thematische Anlagen in ein klassisches Multi-Asset-Portfolio integriert werden können.
Worauf gilt es bei der Auswahl von thematischen Anlagen zu achten?
Wichtig ist, dass der zugrundeliegende Trend über die Zeit Bestand hat und somit das Potenzial, Konsummuster und Wertschöpfungsprozesse fundamental zu beeinflussen. Das Anlageprodukt muss zudem über eine Methodologie verfügen, die zuverlässig jene Titel auswählt, die auch stark an den entsprechenden Trend gebunden sind. Internationale Blue Chips mit diversifiziertem Geschäftsmodell gehören somit nicht unbedingt in ein Trend-Portfolio, weil in der Regel nur ein kleiner Teil der Erträge erwirtschaftet werden. Kleine und mittelgrosse Titel sind hier glaubwürdiger und bieten in der Regel auch mehr Wachstumspotenzial.
Was können wir künftig von iShares in Bezug auf thematische Anlagen erwarten?
Wir werden die Produktepalette von aktuell vier Themen-ETFs - Robotertechnik & Automatisierung, Digitalisierung, Innovation im Gesundheitswesen und alternde Gesellschaft - bis Ende Jahr auf 12 Produkte ausbauen. Der Fokus wird hierbei auf Themen wie Sicherheit, Mobilität der Zukunft, aber auch «Markenwerte» liegen. Wir sind überzeugt, dass ETFs künftig eine noch zentralere Rolle im Bereich der thematischen Anlagen spielen werden. Dies angesichts der allgemein bekannten Vorteile von ETFs, aber auch aufgrund der Transition im Bereich der gebührenbasierten Bankberatung, die sich immer mehr von Einzeltiteln weg hin zu diversifizierten und kosteneffizienten Produkten bewegt.
Marco Strohmeier ist stellvertretender Leiter von iShares Schweiz und verantwortet das Bankensegment in der Deutschschweiz. Er verfügt über zehn Jahre Industrieerfahrung unter anderem bei J.P. Morgan als Cross-Asset Derivatspezialist und im Vertrieb von Strukturierten Produkten, sowie dem Coutts Investment Office. Marco Strohmeier hält einen Master of Arts in Banking und Finance der Universität St. Gallen.