«Das Thema währungsbesicherte ETFs spielt eine grosse Rolle»

25.09.2015
Herr Wagner, bei Ihrer Arbeit dreht sich wohl mehr oder weniger alles um ETFs. Können Sie erzählen, wie ein klassischer Tag aussieht?
In der Tat, bei unserer Arbeit dreht sich vieles um passive Anlagen wie ETFs oder Indexfonds. Den klassischen Arbeitstag per se gibt es zwar nicht, aber wir prüfen regelmässig unsere Positionierung in den Portfolios und wie sich die eingesetzten Instrumente verhalten. Steht beispielsweise eine Strategieänderung an, sind wir mit entsprechenden Simulationen und Tradevorbereitungen beschäftigt. Die gesamten Vor- und Nachbereitungen solcher Aktionen sind mit unserer Kundenbasis und Anzahl Strategien oft sehr intensiv. Anfangs Monat manchen wir jeweils die Kunden- und Performancereportings. Zudem treffen wir fortlaufend die verschiedenen Anbieter von ETFs und prüfen neue oder potenziell bessere Tracker. Ein ebenfalls wichtiger Teil unseres Jobs sind Kundenanfragen und Pitches zu unseren Lösungen.
Haben Sie und Ihr Team dabei alle Emittenten auf dem Radarschirm oder bedingt die Menge an Produkten, dass Sie sich auf die grossen Adressen konzentrieren?
Wir schauen grundsätzlich alle Anbieter an, aber nicht unbedingt alle Produkte. In der Praxis ist es eine Gratwanderung zwischen dem, was für uns aktuell relevant ist und dem, was relevant oder interessant werden könnte. Damit wir effektiv und effizient arbeiten können, haben wir stets unsere Allokation und unterschiedliche Investmentviews im Hinterkopf. Zudem führen wir über unsere Tools systematische Screenings und Vergleiche durch. Da aber das (klassische) Indexieren sehr viel mit Prozessen und Konstanz zu tun hat, haben etablierte und somit tendenziell grössere Anbieter sicherlich einen Vorteil. Jüngere und kleinere Adressen müssen zuerst einiges an Aufklärungsarbeit leisten.
Welche Rolle spielen währungsbesicherte ETFs - ist das eine gute Sache in Ihren Augen?
Das Thema spielt eine wichtige Rolle und ich begrüsse diese Entwicklung bei den ETFs. Es ist auch eine logische Konsequenz der Währungsbewegungen in den letzten Jahren. Sobald man international diversifizieren möchte, ist man zwangsläufig direkt oder indirekt mit der Währungsfrage konfrontiert und kann diese unterschiedlich handhaben. Nicht alle Investoren möchten Währungsrisiken eingehen, haben eine Meinung dazu oder wollen diese bei Bedarf separat - beispielweise mit Forwards - absichern. Dabei sind währungsbesicherte Instrumente eine grosse Hilfe. Wichtig erscheint mir, dass bei diesem Thema auch ein gewisser Aufklärungsbedarf besteht. Der Anleger muss den Mechanismus der Währungsabsicherung verstehen sowie welche Faktoren einen Einfluss auf die Performance respektive das Tracking haben.
In unseren Portfolios haben wir währungsbesicherte Produkte schon lange bei den Anleihen im Einsatz. Auf der Aktienseite haben wir normalerweise separat abgesichert, damit wir die Währungsquoten unabhängig steuern können. Je nach Lösung setzen wir auch hier vermehrt währungsbesicherte Tracker ein. Wichtig ist uns, dass wir diese einfach und günstig switchen können.
Und welchen Stellenwert haben Faktor-ETFs?
Wir verfolgen diese Entwicklung sehr genau. Das Universum und letztendlich die Präzision mit der Meinungen umgesetzt werden können, wird vielversprechend erweitert. Mittels kostengünstigen Trackern bekommt man Zugang zu Prämien und Faktoren, welche oft nur über aktive Fonds oder Derivate zugänglich waren. Aktuell haben Faktor-ETFs eher die Rolle von Satelliten, d.h. wir setzen sie bei Bedarf und als Ergänzung zu unseren Kerninstrumenten auf marktbreite Standardindizes ein. Neben der gezielten Exposure-Steuerung auf Portfoliostufe können diese ETFs aber auch zwecks Risikomanagement eingesetzt werden und eröffnen somit interessante Verwendungsmöglichkeiten im Portfoliomanagement.
Haben Sie als prominenter Vertreter der Buy-Side noch Wünsche auf dem Zettel oder reicht das Produktangebot an der Schweizer Börse?
Mittlerweile ist das Angebot sehr umfassend geworden und als Anleger hat man an der Schweizer Börse eine sehr gute Auswahl an Produkten. Damit dürften die meisten Investoren traditionelle Allokationen umsetzen können. Neben günstigeren, währungsbesicherten ETFs auf Standardindizes liegen mir ebenfalls tiefe Handelskosten am Herzen. Bei Blocktrades können wir diese zwar optimieren und «aushandeln», aber bei unseren täglichen Mittelflüssen sind wir genauso auf gute Handelsspannen an der Börse angewiesen. Insbesondere bei währungsbesicherten ETFs habe ich den Eindruck, dass die Handelsspannen noch deutlich verbessert werden könnten.
Das heisst konkret…
Ich denke, dass insbesondere die Handelsspannen bei währungsbesicherten ETFs auf Standardindizes tiefer sein könnten. Natürlich stellen für die Designated Sponsors enge Spreads ohne grossen, natürlichen Flow eine gewisse Herausforderung dar, aber die günstige Handelbarkeit ist zentral für diese Produkte. Zudem kann ich mir vorstellen, dass man beispielsweise Aktien USA in Schweizer Franken abgesichert relativ preiswert anbieten könnte. Einige ungesicherte Produkte sind bereits extrem preiswert und der zusätzliche Aufwand für die Absicherung ist natürlich vorhanden. Dennoch hält sich dieser bei einem Währungspaar meiner Meinung nach in Grenzen.
Marcel Wagner ist Head Portfolio Engineering Index und Senior Portfolio Manager in Global MACS bei der Credit Suisse in Zürich. Er ist verantwortlich für benchmarkorientierte und regelbasierte Vermögensverwaltungsmandate, die mit ETFs und anderen passiven Instrumenten eine aktive Allokation verfolgen. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften schloss er 2001 an der Universität St. Gallen (lic. oec. HSG) ab. Er ist Certified International Investment Analyst (CIIA) und Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA).