«Der Austausch von Fondsdaten ist ein Anachronismus - Dies wollen wir ändern»

09.03.2016
Herr Dr. Partin, in einem Ihrer letzten Interviews erwähnten Sie eine «openfunds» Initiative. Worum geht es dabei?
Letztlich geht es um die einfache Idee, den Datenaustausch von Fondsdaten durch Standardisierung einfacher, präziser und effizienter zu gestalten.
Gibt es so etwas nicht schon?
Das ist das Erstaunliche. In einer Industrie, die Tausende von Milliarden Euros bewegt und Hundertausende von Mitarbeitenden beschäftigt, sollte man nicht meinen, dass etwas so Simples wie der Datenaustausch noch mit den gleichen Methoden wie vor 30 Jahren stattfindet.
Wie meinen Sie das?
Bereits in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts hat ein Fondsdistributor beim Fondshaus mittels Spreadsheet Fondsdaten nachgefragt, die er für die Distribution von Fonds benötigte. Die Spreadsheets hiessen damals noch nicht Excel sondern Multiplan oder Lotus 1-2-3, hatten aber genau die gleiche Aufgabe, die Excel heute noch hat, nämlich die Daten vom Fondshaus zum Fondsdistributor zu bringen. Was sich leider ebenfalls nicht geändert hat, ist die Tatsache, dass praktisch jeder Fondsdistributor sein eigenes Spreadsheet erarbeitet und die Fondshäuser dadurch gezwungen werden, inhaltlich gleiche Daten in den mannigfaltigsten Varianten von Spreadsheets abzufüllen. Sie werden mir das vermutlich nicht abnehmen, aber bei den meisten Fondshäusern wird das immer noch manuell gemacht. Das sind dann Spreadsheets mit Tausenden von Zeilen und Hunderten von Spalten und mittendrin Tretminen in Form von sensiblen Daten, die im Falle eines Tippfehlers schnell einmal einen Schaden von zigtausend Franken oder Euros verursachen können.
Jetzt übertreiben Sie aber. Ich frage daher nochmals: Wenn es so schlimm wäre, hätte sich doch schon längst jemand darum gekümmert.
Sie haben natürlich Recht. Es gab und gibt Ansätze und Versuche, den Datenaustausch zwischen den Fondspartnern zu harmonisieren. Ich denke da vor allem an den Fund Processing Passport und FundsXML. Beide werden genutzt und machen Sinn, der Durchbruch wurde ihnen bisher aber nicht zuteil.
Worauf führen Sie das zurück?
Zum einen wurden diese Initiativen von den Asset Managern und nicht von den Fondsdistributoren lanciert und zum anderen wurden diese Initiativen nicht immer völlig gratis zur Verfügung gestellt.
Und bei openfunds ist das nicht der Fall?
Absolut! openfunds ist open content. Das heisst, jeder darf es kostenfrei nutzen, sei es kommerziell oder nicht. Man darf es kopieren, verteilen und verändern. Lediglich die Veränderung und anschliessende Weitergabe unter dem Namen openfunds ist untersagt. Weiter wird die Initiative im Wesentlichen von den Fondsdistributoren gesteuert. Die Supporter sind auf der Homepage openfunds.org ersichtlich.
Wie kam es dazu?
In den letzten Jahren sind die regulatorischen Anforderungen auch in unserer Industrie förmlich explodiert. Gleichzeitig hat sich die Anzahl der Anteilsklassen drastisch erhöht. Wenn Sie das auf das eingangs erwähnte Spreadsheet mit seinen Hundertausenden von Zellen übertragen, heisst das, dass diese Monstren in Breite und Länge förmlich wie Hefeteig aufgegangen sind. Dabei müssen Sie sich vor Augen halten, dass ein Asset Manager ja nicht nur eines dieser Ungetüme ausfüllen muss, sondern zwei oder drei Dutzend und diese so unterschiedlich sind wie die Mitarbeitenden der Fondsdistributoren, die sie entworfen haben. Dies ist der Datenqualität natürlich nicht förderlich und war letztendlich der Grund, weshalb diese Initiative ins Leben gerufen wurde.
Welche Rolle spielen ETFs bei dieser Initiative?
Eine bedeutende. ETF-Anbieter haben eine grosse Effizienzaffinität und wenn ich das Interesse bei den Fondshäusern schon als gross bezeichne, müsste ich es bei den ETF- Anbietern beinahe schon «überschwänglich» nennen.
Daneben gibt es aber noch technische Aspekte, in denen sich ETFs von traditionellen Fonds unterscheiden. Angefangen von Listings an verschiedenen Börsenplätzen, Market Makern, Replikationsmethoden und so weiter. All diese Unterschiede manifestieren sich in den Felddefinitionen von openfunds.
Wer steht hinter openfunds?
Im Wesentlichen waren es zwei der grössten Fondsdistributoren und fundinfo, die openfunds vor gut einem Jahr initiiert haben. Inzwischen sind aber weitere Fondshäuser und Service Provider hinzugekommen, die diese Initiative unterstützen. Ich denke, es sind bereits mehr als zwanzig. Das lässt sich aber sehr einfach über die Homepage von openfunds herausfinden. Dort sind die Supporter von openfunds aufgeführt.
Was ist Ihre persönliche Rolle?
Ich bin Mitglied eines achtköpfigen Komitees, das darüber entscheidet, welche Felder in den openfunds Standard kommen.
Ist dies eine Schweizer Initiative oder wird diese auch international wahrgenommen?
Es ist vor allem eine internationale Initiative. Alles andere wäre zu kurzfristig gedacht, da die Fondsindustrie sehr global aufgestellt ist. Daher fanden die Roadshows zu openfunds neben Zürich auch in Frankfurt, London, Hongkong und Singapur statt.
Wie geht es weiter mit openfunds?
Sportlich! Die nächsten Tage sollten die Felddefinitionen den Beta-Status verlassen und die Version 1.0 veröffentlicht werden. Bis Ende dieses Jahr hoffe ich dann, dass openfunds um dynamische-, Execution- und Holdingdaten erweitert wird. Keine Ahnung, wie es dann weitergeht. Am besten, Sie fragen mich nächstes Jahr noch einmal.
Dr. Michael Partin studierte Betriebswirtschaftslehre mit Vertiefungsrichtung Bankwirtschaft an der Universität St. Gallen. Anschliessend erfolgte die Promotion im Bereich «Strategien von Privatbankiers» mit Abschluss 1992. Vor dem Studium absolvierte er eine Banklehre bei Georg Hauck und Sohn, Bankiers KGaA (heute Hauck und Aufhäuser) in Frankfurt. Bei der Cantrade Privatbank AG (heute UBS) in Zürich war Partin im Bereich Finanzanalysen und Portfolio Management tätig. Danach erfolgte der Wechsel zur Bank Leu AG (heute Credit Suisse) in Zürich als Leiter Investment Management. Michael Partin ist Gründungspartner und Vorsitzender der Geschäftsleitung der ifund services AG.