«Der Einheitsbrei funktioniert nicht mehr»

16.10.2014
Herr Egger, bis zu Ihrem Eintritt als Partner bei der Agentur b-public waren Sie Kommunikationschef einer bekannten Schweizer Fondsadresse. Hat sich Ihr Berufsleben stark verändert?
In gewisser Weise ja. Allem voran schätze ich die unternehmerischen Freiheiten in meiner Funktion als Partner von b-public. Klar - die Verantwortung und das Risiko sind sicher nicht kleiner geworden, doch habe ich nun die Dinge zusammen mit meinen Partnern selbst in der Hand. Das macht unglaublich viel Spass und setzt Kräfte frei, die oft in neue interessante Projekte münden.
Wie sieht Ihr Kundenportfolio aus?
Obwohl unsere Agentur noch keine drei Jahre alt ist, sind wir bereits gut diversifiziert. Der Fokus liegt klar auf der Finanzindustrie. Wir bewegen uns also in heimischen Gewässern, verfügen doch alle Partner über einen finanzwirtschaftlichen Background. Nicht alltäglich ist, dass wir neben der Kommunikation auch IT-Dienstleistungen anbieten. Das macht uns im Digital-Marketing-Bereich trotz übersichtlicher Unternehmensgrösse zu einem One-Stop-Shop für Kunden. Eine breit angelegte Kampagne kommt heute nicht mehr ohne digitale Medien oder Analysetools aus. Die Synergien sind folglich beträchtlich.
Welche Art von Mandaten macht Ihnen am meisten Freude?
Im Endeffekt trägt der Kunde sehr viel zum Erfolg bei und damit auch zum «Happiness Factor». Je besser die Zusammenarbeit funktioniert, desto schneller werden Fortschritte erzielt. Um auf die Frage zurückzukommen - mir sind jene Kunden am liebsten, welche kompetent und proaktiv sind, sich gleichzeitig aber nicht im Detail verlieren. Ob es sich dann um ein Corporate-Communication-Mandat oder beispielsweise ein Fonds-PR-Mandat handelt, spielt eine untergeordnete Rolle.
Wie will b-public in der Schweiz und in Deutschland weiter wachsen?
Derzeit sind wir sehr stark mit dem Onboarding von neuen Kunden beschäftigt, weshalb wir die weitere Entwicklung unserer Agentur behutsam angehen. Dass wir den gesamten deutschsprachigen Raum inklusive die französisch- und italienischsprachige Schweiz abdecken können, hat uns einige Türen, vor allem bei Fondsgesellschaften, geöffnet. Im Endeffekt sind unsere Kunden die besten Botschafter. In Kombination mit dem eigenen Netzwerk muss das als Akquisitionsmassnahmen reichen. Wichtiger erscheint mir, dass die Qualität und Quantität der Mitarbeiter mit dem Wachstum mithält. Dazu haben wir einiges getan in letzter Zeit und einen neuen Partner in Genf sowie weitere Mitarbeitende in der Schweiz und in Deutschland an Bord geholt.
Das bedeutet, Ihr Fokus richtet sich auf Fondsgesellschaften?
Richtig, da haben wir sicher viel Know-how aufgrund unseres beruflichen Werdegangs. Viele Fondsgesellschaften suchen zuerst eine PR-Agentur. Mit der Zeit entwickelt sich eine enge Zusammenarbeit, die weit über den PR-Gedanken hinausgeht und das gesamte Marketing umfassen kann. Da hilft es natürlich, wenn man schon mal auf der anderen Seite stand.
Salopp gefragt, ist die Kommunikation von Fondsgesellschaften gut?
Sie hat sich in den letzten Jahren zusehends entwickelt und wurde professioneller. Die Spannbreite ist aber immer noch gross. Die Fondsindustrie war noch nie Vorreiter in Sachen Kommunikation. Dies hat mehrere Gründe. Einer davon ist die Regulierung, die es den Gesellschaften nicht leicht macht, das volle Potenzial in der Kommunikation auszuschöpfen. Ein anderer die strategische Bedeutung der Kommunikation innerhalb des Unternehmens. Letzteres ist sich gerade zu Gunsten der Kommunikation am Ändern.
Nicht unglücklich bin ich, dass der Einheitsbrei im Sinne einer Pressemitteilung mit einigen PR-Plattitüden nicht mehr funktioniert. Heute muss journalistischer vorgegangen werden. Gefragt sind eigenständige Kommentare und alternative Sichtweisen zum Markt sowie zu Produkten, welche über verschiedenste Kommunikationskanäle gestreut werden.
Ich wünschte mir manchmal, dass die Kommunikation noch stärker an die langfristigen Unternehmensziele geknüpft wird und nicht an die eher kurzfristigen Ziele des Vertriebes. Letzteres kann Sinn machen, wenn das grosse Ganze nicht ausser Acht gelassen wird.
Während viele Namen sich Agenturen leisten, treten auch bekannte Häuser in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung. Was könnten die Gründe sein?
Ich würde hier zwei Gründe aufführen: Erstens sehen wir Fondsgesellschaften, deren Vertriebsorganisation sehr selektiv vorgeht und gezielt nur bestimmte Segmente angeht, die via herkömmlicher Kommunikationskanäle schwer zu erreichen sind. Meistens verfügen diese Fondsgesellschaften über ein sehr kompetitives Produktangebot. Zweitens existieren Fondsgesellschaften, die bewusst das Scheinwerferlicht meiden, weil es nicht zur Unternehmensstrategie bzw. zur Positionierung des Hauses passt. Wahrscheinlich schränkt dies das Wachstumspotenzial dieser Gesellschaften ein. Das wird aber in Kauf genommen.
Es gibt Lunch-Events von Fondsgesellschaften, da gehen gerade mal noch eine Handvoll Leute hin. Diese bittere Erfahrung müssen die Unternehmen in Zürich und Frankfurt machen. Hat dieses Konzept ausgedient?
Ausgedient nicht, aber es muss überdacht werden. Events werden geradezu inflationär eingesetzt mit dem Resultat, dass es immer schwieriger wird, die Investoren dafür zu gewinnen. Ich unterscheide zwischen eigenen Events und Eventplattformen von Drittparteien. Für die eigenen Events gilt: Das Konzept muss von A bis Z stimmen, d.h. die Themen müssen aktuell und relevant für die Anleger sein. In der Umsetzung ist eine kreative Note gefragt. Für Drittevents tendiere ich dazu, selektiv auf wenige professionelle Organisatoren zu setzen. In den letzten Jahren wurden verschiedenste Konferenzen und Eventplattformen ins Leben gerufen mit teilweise unterschiedlichem Erfolg. Mehr und mehr kristallisieren sich diejenigen heraus, die funktionieren.
Was ist Ihre Meinung zu Videos mit Fondsmanagern? Könnte in dieser Hinsicht nicht einiges mehr gemacht werden?
Zahlreiche Branchenexperten geben dem Format Video viel Kredit. Klar ist, das Potenzial wird nicht annähernd ausgeschöpft. Wir haben intern ein Projekt am Laufen, das dem Format eine andere Bedeutung geben soll. Stichwort: kurze Produktionsabläufe und Social Network. Ich bin gespannt, wo dies hinführt.
Thomas Egger ist Partner der Kommunikations-Agentur b-public AG. Davor war er verantwortlich für die Kommunikation und das Marketing von Bellevue Asset Management sowie BB Biotech. Er lebt mit seiner Familie in Goldach am Bodensee.