«Der Index stirbt nie - der Einsatz von Indizes in der Finanzwelt»

31.07.2015
Herr Stübbe, wie unterscheidet sich Markit Indices Limited von den anderen grossen Index-Anbietern?
Markit Indices Limited (vormals: International Index Company) wurde 2007 von der Markit Group übernommen und ist seither eine hundertprozentige Tochter der Markit-Gruppe. Markit Indices vereint somit zwei Ideale: Zum einen ist Markit Indices Limited weiterhin ein unabhängiger Index-Anbieter, zum anderen hat unser Index-Geschäft eine starke Mutter mit vielen ergänzenden Daten- und Serviceangeboten. Markit Indices hat die beiden Marken «iBoxx» (Anleihe-Indizes) und «iTraxx» (Kredit-Indizes) über ein Jahrzehnt erfolgreich etabliert, kann aber auch alle anderen Asset-Klassen bedienen. Markit Indices unterscheidet sich von den anderen grossen Index-Anbietern im Wesentlichen in zwei Punkten: Erstens: Die meisten Indexanbieter gerade im Fixed-Income-Segment sind Banken, für die das Index-Geschäft nicht das primäre Geschäftsziel ist. Sie sind zudem nicht unabhängig Zweitens: Markit folgt dem Multiple-Source-Ansatz, das heisst die zur Indexberechnung genutzten Preise stammen aus mehreren Preisquellen; dies sind unter anderem Transaktionsdaten, Quotierungen von Market Makern und andere verfügbare Datenquellen. Markit´s Index-Ansatz ist sehr flexbibel. Wir bedienen die Bedürfnisse verschiedener Interessengruppen: Buy-Side-Firmen nutzen unsere Daten für das traditionelle Portfolio-Benchmarking, Sell-Side-Firmen für Research und die Kreation handelbarer Produkte und ETF-Anbieter als Grundlage für Produkte im weiter stark wachsenden ETF-Segment.
Ihre hauptsächliche Domäne ist also Fixed Income…
Markit Indices Limited hat seinen Schwerpunkt im Bereich der Berechnung, Verteilung und Vermarktung von Bond-Indizes. Das ist richtig. Ursprünglich hatten sieben Investmentbanken und die Deutsche Börse im Jahr 2001 die Idee, eine neue Ära von Bond-Indizes ins Leben zu rufen. Das Prinzip war, - und ist noch heute - handelbare Preise von verschiedenen Marktteilnehmern zur Berechnung der Indizes heranziehen, um den Besonderheiten des Fixed- Income-Marktes gerecht zu werden. Aus diesem Ansatz ist eine echte Erfolgsstory erwachsen. Markit bietet mittlerweile über 20’000 Bond-Indizes an und ist insbesondere in Europa einer der Marktführer. Wir glauben, dass mindestens jeder zweite in Europa aufgelegte Anleihen-Fonds einen iBoxx-Index als Benchmark benutzt. Barclays und Markit Indices vereinen rund 70 Prozent des verwalteten Fondsvermögens in Index-Produkten.
Wie ist Markit geografisch aufgestellt?
Markit ist ein weltweit operierendes Unternehmen mit mittlerweile über 4’000 Mitarbeitenden und unterhält 22 Dependancen in 11 Ländern, von Amerika über Europa bis nach Asien. Die beiden Headquarter liegen in New York und London. 40 Prozent von Markit´s institutionellen Kunden sind in Europa beheimatet. Das strategisch wichtige Index-Geschäft von Markit ist im Geschäftsfeld «Information» verankert. Neben dem Information Business gibt es noch die drei weiteren Geschäftsbereiche «Processing», «Enterprise Software» und «Managed Services» mit Lösungen für Anforderungen im Pre- und Post Trading. Markit ist seit Mitte des letzten Jahres zudem ein börsennotiertes Unternehmen; die Markit-Aktie wird an der US-Börse Nasdaq gehandelt.
Und in der Schweiz und in Deutschland im Speziellen?
Die DACH-Region ist nach Grossbritannien eine der wichtigsten Regionen für Markit in Europa. Und dies nicht nur, aber auch für Markit´s Index-Geschäft. Unsere Kunden in der Schweiz, in Deutschland und Österreich werden überwiegend von unserem Büro in Frankfurt betreut. Über 30 Mitarbeitende stehen hier als Ansprechpartner für aktuell über 60 Markit-Produkte zur Verfügung. Des Weiteren sitzt das Herz von Markit´s Index Operations in Frankfurt. Dies beinhaltet die laufende Index-Administration sowie die Berechnung neuer Indizes. Damit werden die hohe Produktqualität und der hohe Servicegrad für unsere Kunden permanent sichergestellt.
In welchen Bereichen und Produkten kommen Markit-Indizes am meisten zum Einsatz?
Während Indizes jahrzehntelang als reines Marktbarometer eingesetzt wurden, rückt die Nutzung von Indizes als Underlying für derivative Finanzmarktinstrumente zunehmend in den Vordergrund. So gibt es Zertifikate, Optionsscheine, standardisierte Total Return Swaps, Anleihen oder auch Publikumsfonds oder Exchange Traded Funds (ETFs), die allesamt an Indizes von Markit gekoppelt sind. Und gerade das seit einigen Jahren boomende ETF-Segment trägt seinen Teil zum Erfolg von Markit Indices bei. Indizes werden aber weiterhin auch zur Asset Allocation oder Performance-Messung bzw. als Benchmark genutzt. Kunden nutzen für diese Zwecke die von Markit angebotenen Daten und Services (z.B. Indexdaten und Bond Pricing Services). Zudem bietet Markit einen sogenannten «Custom Index Service» an. Dieser Service richtet sich in erster Linie an Asset Manager, die eine spezielle, von einer unabhängigen Institution berechnete Benchmark benötigen, z.B. weil sie ein Mandat von einer Versicherung oder einem Pensionsfonds erhalten haben und die Performance gegenüber ihren Kunden unabhängig ausweisen müssen.
Die ETF-Industrie ist somit sehr wichtig für Sie?
Die ETF-Industrie ist klein, aber fein. Rund 30 ETF-Anbieter sind weltweit aktiv und Markit hat bislang bereits alle grossen ETF-Anbieter lizensiert. Es ist ein sehr wichtiges Marktsegement für Markit. Daher ist es umso wichtiger, dass wir stets qualitativ hochwertige Indizes produzieren und zeitnah auf die Wünsche und Anregungen unserer Kunden einzugehen. Nicht jeder Index eignet sich als Underlying für einen ETF. Markit bietet in diesem Segment Hilfestellungen bei der Auswahl und Zusammensetzung von Indizes an. Einige Kunden wollen bestehende Index-ETF-Konzepte leicht variiert umsetzen, andere Kunden suchen Nischenprodukte und fragen entsprechende Alternativen bei uns an. Indizes sind schon lange nicht mehr nur blosse Zahlen. Ein Beispiel soll dies verdeutlichen: Allein ein einziger ETF von BlackRock/iShares in den USA, der an einen Markit iBoxx-Index gekoppelt ist, wies zwischenzeitlich ein verwaltetes Vermögen von 15 Mrd. US-Dollar aus. Die richtige Berechnung der Indizes bis auf vier Nachkommastellen hat da allerhöchste Priorität.
Christoph Stübbe (Dipl.-Kfm, 48 Jahre) verantwortet Markit´s Indexvertrieb in Europa. Nach Beendigung seines Studiums im Jahr 1995 begann der diplomierte Betriebswirt seine Karriere ebenfalls im Index-Geschäft. Bei der Deutschen Börse war er unter anderem für die Einführung des MDAX verantwortlich. Nach weiteren internen Stationen bei der Deutschen Börse AG wechselte Christoph Stübbe im Jahr 2000 in die Industrie, wo er als Leiter Investor Relations tätig war. Aber bereits zu Beginn des Jahres 2003 zog es ihn zurück zu den Indizes und wurde einer der iBoxx-Pioniere.