Der Vertreter als Spielball von FIDLEG/FINIG

15.05.2017
Frau Tsecouras Fisch, Sie haben einen guten Überblick: In welcher Verfassung ist der Schweizer Fondsmarkt heute und insbesondere im Bereich der Vertretung von ausländischen Anlagefonds in der Schweiz?
Die Einführung des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) und des Finanzinstitutsgesetzes (FINIG) voraussichtlich Mitte 2018 bzw. Januar 2019 bringt einige Neuerungen für die Vertreter ausländischer Anlagefonds («Fonds»). Insbesondere soll die Pflicht zur Ernennung eines Vertreters für Fonds, welche an qualifizierte Anleger vertrieben werden, grösstenteils wieder aufgehoben werden. Die mit der Teilrevision des Kollektivanlagegesetzes (KAG) und dessen Verordnungen in den Jahren 2013/2015 eingeführte Vertretung von Fonds für qualifizierte Anleger wird somit voraussichtlich drei Jahre nach Einführung wieder abgeschafft.
Als Vertreter haben wir die dazu notwendige Infrastruktur aufgebaut. Natürlich ist es nicht ideal, wenn eine Investition nach wenigen Jahren hinfällig wird. Gleichzeitig lässt sich sagen, dass wir als klassischer Vertreter von UCITS von dieser Entwicklung weniger stark betroffen sind als eine Firma, die nur auf Fonds für qualifizierte Anleger spezialisiert ist.
Welches die Beweggründe für die Wiederabschaffung sind, lässt sich nicht genau sagen, zumal in der Europäischen Union (EU) eine ähnliche Regulierung weiterhin Bestand hat. Über der Teilrevision des KAG lag damals der Schatten der Finanzkrise mit dem Bedürfnis nach weitest gehender Regulierung. Dieser Trend hat sich in der Schweiz nicht aufgelöst, aber zumindest nicht mehr weiter verschärft. Wir als FIFS plädieren für eine funktionale Regulierung und sind keine Befürworter einer übermässigen Regulierung.
Bringt uns das FIDLEG/FINIG noch weitere Änderungen im Bereich Vertretung ausländischer Fonds?
In der Tat scheint es, dass auch die Pflicht des bewilligungspflichtigen Vertriebsträgers in der Schweiz bzw. des ausländischen beaufsichtigen Finanzintermediärs einen Vertriebsvertrag zur Einhaltung der Verhaltensregeln beim Anbieten von ausländischen Fonds mit dem Vertreter des Fonds abzuschliessen entfällt. Es lässt sich allerdings aus den Gesetzesvorlagen nicht ganz genau ableiten, in welchem Umfang diese Änderung vollzogen wird. Weder in der Botschaft noch in andern Unterlagen wird erwähnt, dass die Überwachung grundsätzlich wegfallen soll. Wir gehen deshalb davon aus, dass sich in diesem Bereich nichts Grundsätzliches ändern wird.
Eine solche Änderung wäre mit Blick auf die EU nicht sehr geschickt. Der Fondsvertrieb ist in der EU noch nicht vereinheitlicht. Es gibt aber klare Bestrebungen, dass hier Änderungen kommen könnten. Die Schweiz sollte vielleicht nicht den gleichen Fehler zweimal machen. Bei den Fonds für qualifizierte Anleger ist die eingeführte Regulierung nach wenigen Jahren wieder abgeschafft worden. Es ist nicht ratsam, jetzt in Bezug auf die Überwachung des Fondsvertriebs eine bestehende Regulierung abzuschaffen, um sie in wenigen Jahren wieder einzuführen.
Wo sehen Sie Ihren Mehrwert als Vertreter für die Fondsindustrie?
Wir sind uns bewusst, dass viele Marktteilnehmer nicht genau über unsere Tätigkeit Bescheid wissen. Dies beinhaltet die Gefahr, dass wir von einzelnen Marktteilnehmern als eher lästig empfunden werden. Es ist aber sehr schön zu sehen, dass gerade professionell arbeitende Fondsanbieter unsere Arbeit sehr schätzen. Ein seriöser Vertreter garantiert dem Fondsanbieter, dass er alle aufsichtsrechtlichen Pflichten gegenüber der Aufsichtsbehörde erfüllt und der Vertrieb im Sinne des Anlegerschutzes überwacht wird. Der Fondsanbieter kann sich auf seine eigentliche Arbeit konzentrieren, im Wissen, dass mit der Unterstützung des Vertreters die Interessen der Anleger in der Schweiz gewahrt sind.
Welche Dienstleistungen bietet Ihr Unternehmen an?
FIRST INDEPENDENT FUND SERVICES AG («FIFS») vertritt zahlreiche und namhafte Fonds, welche ihre Fondsprodukte in der Schweiz an nicht qualifizierte und qualifizierte Anleger vertreiben. Aufgrund der langjährigen Berufserfahrung sämtlicher Mitarbeiter ist die FIFS optimal positioniert, das vorwiegend von juristischen und regulatorischen Fragestellungen geprägte Vertretergeschäft effizient und kundenorientiert auszuüben.
Elpida Tsecouras Fisch ist Gründungspartnerin, Verwaltungsrat und CEO der FIFS seit ihrer Gründung in 2001. Sie verfügt über mehr als 24 Jahre Erfahrung in Bereich der Anlagefonds. Davor war sie mehrere Jahre wissenschaftliche Assistentin am Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht, Hamburg, Rechtskonsulentin in der Fondsleitung der Credit Suisse, Zürich und Rechtsanwältin bei Naegeli & Streichenberg Rechtsanwälte. Sie ist aktuell auch Konsulentin bei der Anwaltskanzlei Naegeli & Partner Rechtsanwälte AG.