«Die Anleger müssen sich auf uns verlassen können»

17.02.2023
Herr Spiess, Ukraine-Krieg, Inflation, die Pandemie immer noch und die Sorge vor einem heftigen Einbruch der Wirtschaft - wie waren für Sie die vergangenen Monate?
Sie waren intensiv, zweifellos. So viele Risiken und Krisen, die einander zudem verstärkt haben. Die zwischenzeitlichen kräftigen Rücksetzer am Aktienmarkt, dazu ein Crash bei Obligationen, der durchaus als historisch bezeichnet werden kann. Die Verunsicherung ist gross gewesen an den Kapitalmärkten - und sie ist immer noch zu spüren.
Wie haben Sie die Gespräche mit Ihren Kunden in dieser Zeit erlebt?
Als sehr konstruktiv. Wir pflegen einen partnerschaftlichen und offenen Austausch mit unseren Anlegerinnen und Anlegern.
Und das heisst?
Nicht wegducken, sondern immer da sein, gerade wenn es etwas ruppiger zugeht an den Börsen. Unser Anspruch ist es, langfristig auskömmliche Renditen für unsere Anlegerinnen und Anleger zu erwirtschaften, einerseits. Andererseits möchten wir das, was wir tun, auch verständlich erklären. Man muss sich auf uns verlassen können.
Was ist aus Ihrer Sicht das grösste Risiko an den Kapitalmärkten - oder andersherum: Ihr grösster Wunsch?
Ich wünsche mir, wir alle wünschen uns, dass der furchtbare Krieg in der Ukraine endet, dass dieses unendliche Leid endlich aufhört! Was den Kapitalmarkt und unsere Perspektive als Investor betrifft: Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben - das ist wohl das grösste Risiko. Insofern wird es in den kommenden Jahren vor allem darum gehen, die Kaufkraft des Vermögens zu erhalten.
Und wie funktioniert das Ihrer Meinung nach am besten - sind Obligationen wieder interessant?
Ja und nein. Ihr Chance-Risiko-Profil hat sich in den vergangenen 24 Monaten sicherlich verbessert; wir sollten aber die Kirche im Dorf lassen. Eine klassische Buy-and-Hold-Strategie bei erstklassigen Staatsobligationen wird auch in Zukunft nicht ausreichen, um die Inflation zu schlagen. Sie brauchen mehr…
Was meinen Sie damit?
Sie müssen bei Obligationen nach wie vor opportunistisch vorgehen: Auf Anlagegelegenheiten warten, sie erkennen und dann im Idealfall auch nutzen - weltweit. Das klingt einfacher als es ist. Es braucht sehr gutes Research und viel Erfahrung. Unser Fonds «Bonds Opportunities», das dahinterstehende Team, spiegeln diese Herangehensweise sehr gut wider.
Wie hat der Fonds im vergangenen Crash-Jahr abgeschnitten?
Deutlich besser als der Gesamtmarkt, aber das ist letztlich nur eine Momentaufnahme und nichts, weshalb wir uns auf die Schulter klopfen würden. Denn letztlich hat der Fonds auch an Wert eingebüsst - und das ärgert uns! Uns geht es auch nicht darum, relativ besser als irgendein Index oder Mitbewerber abzuschneiden, sondern wir wollen langfristig möglichst attraktive Renditen erwirtschaften und so den Anlegern helfen, ihre Anlageziele zu erreichen. Daran lassen wir uns messen.
Also ist Ihr Obligationenfonds auch kein Allheilmittel gegen die Inflation?
Leider gibt es das nicht, nirgendwo, auch wenn wir das gerne hätten. Der Fonds kann aber für viele Investoren ein sehr guter Baustein innerhalb eines breit aufgestellten Vermögens sein. Eben weil das Fondsmanagement sehr opportunistisch und flexibel vorgeht.
Wie sieht es mit Aktien aus?
Gehören unseres Erachtens zwingend dazu, wenn Sie Ihr Vermögen langfristig erhalten wollen.
Ihr grösster Aktienfonds ist der «Flossbach von Storch - Global Equity». Was zeichnet den aus?
Sein globaler, sehr kaufmännisch geprägter Investmentansatz sowie der Fokus auf Qualitätstitel.
Was heisst «kaufmännisch geprägt»?
Bei jeder Investmententscheidung geht es immer um das Abwägen von Chancen und Risiken. Es geht um das jeweilige Unternehmen, nicht um dessen Branchenzugehörigkeit oder das Land, in dem es seinen Hauptsitz hat; auch nicht um irgendwelche Investitionsquoten, Trends und Hype-Themen. Jedes Unternehmen, jedes Geschäftsmodell ist anders. Und wir möchten ein möglichst tiefes Verständnis für dessen Eigenheiten entwickeln. Ganz wichtig dabei: Volatilität ist für uns kein Risiko. Wir suchen nach guten Unternehmen, deren Qualität vom Markt nicht ausreichend bepreist wird. So wie das ein guter Kaufmann tut. Der Gewinn liegt auch im Einkauf.
Der «Bonds Opportunities» ist deutlich grösser als der «Global Quality» - spiegelt das die Angst der Deutschen vor der Aktie wider?
Ich weiss um die Aktien-Skepsis der Deutschen, bin aber selbst Südtiroler - und lebe mittlerweile seit mehr als 15 Jahren in der Schweiz, sehr gerne im Übrigen. Insofern kann ich die Präferenzen aller Alpenanrainer einigermassen einordnen. Ich würde es anders erklären: Der Fonds ist wie die Aktie eines guten Unternehmens, deren wahrer Wert von der Börse noch nicht ausreichend reflektiert wird.
Link zum Disclaimer
Maximilian Spiess arbeitet seit 2018 für die Flossbach von Storch AG in Zürich. Er ist als Geschäftsführer verantwortlich für die Bereiche Wholesale-Kunden und institutionelle Anleger. Insgesamt ist er seit mehr als 25 Jahren in der Finanzbranche tätig.