Die Aufstockungen konzentrierten sich aufgrund von Bewertungsabweichungen vor allem auf Onkologieunternehmen

Head Investment Management Team BB Biotech bei Bellevue Asset Management
BB Biotech AG, Schaffhausen
bbbiotech.ch
22.01.2023
Herr Dr. Koller, im 4. Quartal 2022 erholten sich die grossen globalen Aktienindizes und machten einen Teil der früheren Verluste des Jahres 2022 wieder wett. Wie sieht es im Biotechsektor aus bzw. wie hat sich BB Biotech geschlagen?
Die meisten Aktien- und Anleihemärkte beendeten das Jahr im Minus, da die anhaltend hohe Inflation und der sehr solide Arbeitsmarkt Anleger und Zentralbanken überraschten, die entsprechend mit Zinserhöhungen reagierten. Der Dow Jones (-6.9 Prozent in US-Dollar), der Dax (-12.4 Prozent in Euro) und der SPI (-16.5 Prozent in Schweizer Franken) verbuchten für das Gesamtjahr kräftige Verluste wie auch der technologieorientierte Nasdaq Composite (-32.5 Prozent in US-Dollar), der noch stärker nachgab. Der Nasdaq Biotech Index (NBI) entwickelte sich 2022 in Einklang mit den breiteren Märkten (-10.1 Prozent in US-Dollar). Was die Aktie von BB Biotech betrifft, so erzielte sie 2022 eine Gesamtrendite von -24.3 Prozent in Schweizer Franken in Einklang mit den europäischen Aktienmärkten. Die Aktienentwicklung wich wesentlich vom zugrundeliegenden Portfolio ab. Der Innere Wert sank 2022 um 11.0 Prozent.
Sie haben im 4. Quartal das Portfolio angepasst. Welche Firmen haben Sie veräussert und welche haben Sie ins Portfolio aufgenommen?
Wir haben im 4. Quartal keine neuen Positionen eröffnet, haben jedoch bestehende Portfoliobeteiligungen ausgebaut. Die Aufstockungen konzentrierten sich aufgrund von Bewertungsabweichungen vor allem auf Onkologieunternehmen wie Revolution Medicines, Fate Therapeutics, Black Diamond Therapeutics und Essa Pharma. Ausgebaut haben wir Positionen in Macrogenics und Mersana nach wichtigen Pipeline-Deals, die die Bilanz der Unternehmen stärkten, sowie in Relay Therapeutics nach Veröffentlichung positiver klinischer Daten zu seinem führenden Produktkandidaten, einem FGFR2-Inhibitor. Zudem haben wir Positionen im etablierteren Unternehmen Incyte und im Gentherapie-Spezialisten Ionis ausgebaut. Gewinne haben wir bei Neurocrine nach seiner Steigerung des Ingrezza-Umsatzes und bei Alnylam sowie Vertex angesichts ihrer Allzeit-Kurshochs mitgenommen.
Was steht 2023 für den Sektor an?
Wir rechnen in diesem Jahr mit zahlreichen Impulsgebern für den Sektor und ihre Portfoliounternehmen, darunter Produkteinführungen, Ergebnisse klinischer Studien, Lizenzgeschäfte und M&A-Aktivitäten. Der Fokus bei mRNA-Vakzinen verlagert sich von SARS-CoV-2 hin zu Impfstoffen gegen saisonale Atemwegsviren. Es wird erwartet, dass Moderna Daten zu seinem Grippeimpfstoff mRNA-1010 und seinem RSV-Vakzin mRNA-1345 vorlegt. Neurocrine dürfte Phase-III- Daten für Crinecerfont für kongenitale Nebennierenhyperplasie präsentieren. Argenx wird Phase-III-Daten für die chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP) vorstellen und Ionis Ergebnisse eines Late-Stage-Versuchs zu Olezarsen vorlegen. Wir erwarten auch von kleineren Unternehmen mit eigenen Produkt- und Therapieplattformen, wie etwa Generation Bio, Homology Medicines, Wave Life Sciences und Fate Therapeutics, wichtige Ergebnisse.
Wie ist derzeit das Anlegersentiment?
Anleger fokussieren sich in Anbetracht des anspruchsvolleren Kapitalmarktumfeldes noch stärker auf früh verfügbare kommerzielle Erfolgskennzahlen und Geschäftsmodelle, die nachhaltige Renditen ermöglichen. Unter den Portfoliounternehmen werden Firmen wie beispielsweise Neurocrine Biosciences, Intra-Cellular Therapies, Incyte und Argenx im Mittelpunkt stehen. Die Lancierung von Orgovyx und Myfembree durch Myovant rückt angesichts dessen Übernahme durch Sumitomo Pharma in den Hintergrund.
Wie sieht das Jahr denn für kleinere Biotechs aus?
Im Gegensatz zu diesen Late-Stage-Biotechunternehmen gestaltet sich die Finanzierung für Firmen mit Programmen in der früheren klinischen Entwicklung und Technologieplattformen inzwischen schwieriger. Kleinere Unternehmen setzen daher wieder verstärkt auf Lizenzvereinbarungen mit Pharmaunternehmen oder grossen Biotechfirmen, um stark verwässernde Kapitalerhöhungen zu vermeiden. Diejenigen, die eine sofortige Finanzierung benötigten, waren gezwungen, Geld zu unattraktiven Bewertungen aufzunehmen. In unsere Augen bietet der Markt vielversprechende Anlagechancen. Wir erwarten zunehmende M&A-Aktivitäten, da grosse Unternehmen ständig auf der Suche nach möglichen Pipelinekandidaten sind.
Sie haben erst kürzlich neue Spezialisten für Ihr Team gewinnen können. Können Sie uns mehr dazu erzählen?
BB Biotech konzentriert sich zunehmend auf grosse Datensätze aus dem Gesundheitswesen, die Einblicke in F&E- und kommerzielle Möglichkeiten bieten. Wir haben deshalb vor Kurzem unsere Data-Science-Kompetenz erweitert und neue, hochspezialisierte Experten in das Investment Managementteam aufgenommen, um den Investitionsprozess zu stärken.
Link zum Disclaimer
Dr. Daniel Koller kam 2004 zu Bellevue Asset Management und ist seit 2010 Head Investment Management Team BB Biotech. Von 2001 bis 2004 war er als Investment Manager bei equity4life Asset Management AG und von 2000 bis 2001 als Aktienanalyst bei UBS Warburg tätig. Er absolvierte ein Studium in Biochemie an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich und promovierte in Biotechnologie an der ETH und bei Cytos Biotechnology AG, Zürich.