«Die Bedeutung von nachhaltigen Investitionen nimmt stetig zu»

23.05.2016
Herr Müller, nachhaltiges Investieren ist nebst Alternative Beta offensichtlich ein grosser Trend in der ETF-Industrie. Wie sehen Sie das?
Die Bedeutung von nachhaltigen Investitionen nimmt in der Tat stetig zu. Entsprechend sind die Anlagebeträge, die in SRI ETFs investiert sind, zuletzt immer weiter gestiegen und summieren sich innerhalb weniger Jahre inzwischen auf mehr als 1,2 Mrd. Schweizer Franken. Wir gehen davon aus, dass sich diese Entwicklung auch künftig fortsetzen wird. Denn viele Menschen wollen ihr Leben und Wirken zunehmend in Einklang mit gesellschaftlichen Werten bringen. Die Investoren möchten dennoch nicht auf Rendite verzichten. Um beide Ziele kombinieren zu können, bieten sich daher ETFs auf SRI-Indizes an.
Ist ein Mehrwert dieser Investitionsform wissenschaftlich bewiesen?
Ein typisches Argument der Kritiker von nachhaltigen Investitionen ist, dass diese eine tiefere Rendite aufweisen als herkömmliche Investmentlösungen. Eine Metastudie der Stockholm School of Economics mit dem Namen „A Review of Scholarly Studies Published 2008 - 2010“ untersucht die Resultate der aktuellsten 21 wissenschaftlichen Studien zur Rendite von SRI-Portfolios und kommt zu dem Ergebnis, dass SRI-Investitionen im Vergleich zu ähnlichen traditionellen Anlagen sogar leicht höher rentieren. Ein weiterer Beleg dafür, dass SRI ETFs einen Mehrwert liefern können ist der historische Performance-Vergleich einzelner traditioneller und SRI-fokussierter Anlagen im Hinblick auf die absoluten sowie risikoadjustierten Renditen. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Anleger mit SRI ETFs durchweg leicht bessere Anlagerenditen erzielten als mit herkömmlichen ETFs.
Produzieren SRI-basierte ETFs nicht zusätzliche Kosten?
Eine Anlage mit SRI-Fokus ist heute einfach und direkt mit ETFs möglich. Dadurch entstehen den Investoren bei SRI-basierten ETFs kaum Mehrkosten. Durchschnittlich weisen SRI-ETF-Anlagen eine jährliche Gesamtkostenquote von rund einem halben Prozent auf, welche die Bruttorendite schmälert. Je nach Replikationsmethode variieren die Kosten leicht: Bei der physischen Replikation müssen Anleger durchschnittlich 0,39 Prozent jährliche Kosten in Kauf nehmen, bei der synthetischen Replikation 0,6 Prozent. Damit ist das Kostenargument, das Kritiker ins Feld führen, weitgehend entkräftet.
Gibt es überhaupt aussagekräftige Indizes?
Der SRI-basierte Anlageansatz ist mit der Zeit immer weiter optimiert worden. In den Anfängen wurden bestimmte Anlagewerte vor allem über ein Ausschlussprinzip aussortiert. Heute werden im Auswahlprozess meist mehrstufige Bewertungsmodelle eingesetzt. Die passiv verwalteten SRI ETFs unterscheiden sich von herkömmlichen SRI-Anlagefonds, weil sie einen entsprechenden SRI-Index verfolgen. Dabei ist zentral, dass Unternehmen, die für einen SRI-Index in Frage kommen, sich durch nachhaltiges, sozial verträgliches und verantwortungsbewusstes Handeln auszeichnen. Die Auswahl erfolgt anhand sogenannter ESG-Kriterien, welche für die Aufnahme und Gewichtung bestimmter Unternehmenswerte entscheidend sind. ESG steht dabei für „Environment, Social and Governance“ - also die Umwelt, die Gesellschaft und die Unternehmensführung betreffend. Die MSCI SRI-Indizes, auf denen die UBS ETFs aufbauen, nehmen nur die Unternehmen auf, die im jeweiligen Sektor gemessen relativ hohe ESG-Werte vorweisen. Das entspricht der Idee „Best in Class“ und garantiert, dass die Sektorverteilung keine allzu grosse Verzerrung aufweist.
Ist der europäische Markt mit SRI ETFs schon in die Gänge gekommen?
Wir gehen davon aus, dass der europäische Markt für nachhaltige Investments - und damit auch für SRI ETFs - weiter wächst. Seit einigen Jahren ist die Entwicklung hier eindeutig positiv, und es gibt keine Gründe anzunehmen, dass das Interesse demnächst abnehmen könnte. Im Gegenteil: Wie bereits erwähnt, spielt das Thema Nachhaltigkeit für viele Investoren eine immer wichtigere Rolle. Das sehen wir auch daran, dass die nachhaltigen UBS ETFs von ganz unterschiedlichen Kundengruppen gekauft werden. Darunter befinden sich vor allem institutionelle Investoren wie Asset Manager, Stiftungen, kirchliche Einrichtungen und Pensionskassen. Aber sie werden auch im Private Banking oder bei Versicherern eingesetzt, die unsere ETFs in Fondspolicen aufnehmen.
Wie sieht das Angebot von UBS aus?
Bereits früh haben wir erkannt, dass viele Anleger intelligente Lösungen für nachhaltige Investments gesucht haben. Da wir unser Angebot immer strikt an den Bedürfnissen unserer Kunden ausrichten, verfügen wir inzwischen über eine breite Produktpalette im Bereich der SRI ETFs. Zunächst haben wir SRI ETFs auf der Aktienseite, später dann auch auf der Anleiheseite, aufgelegt. Seit Anfang 2016 bieten wir nun auch nachhaltige ETFs mit Währungssicherung zum Schweizer Franken an.
Welche Zielsetzungen haben Sie damit?
Wir wollen unseren Kunden in diesem Marktsegment die gewohnte Qualität bieten und Neukunden für unsere Angebote gewinnen. Mit den angesprochenen währungsgesicherten SRI ETFs kombinieren wir zum Beispiel schon jetzt zwei unserer grossen Stärken zu Gunsten der Kunden. Da wir unsere Produkte stets kritisch hinterfragen und weiterentwickeln, bietet sich sicherlich noch Potenzial.
Raimund Müller ist Leiter UBS ETF Switzerland & Liechtenstein. Seit seinem Eintritt ins Exchange Traded Funds-Team von UBS Asset Management in Zürich im Jahr 2012 ist er für die Kundenbetreuung in der Schweiz und in Liechtenstein zuständig. Vor dem Wechsel zu UBS arbeitete er zwei Jahre für die Deutsche Bank sowie fünf Jahre für Lombard Odier in Zürich, jeweils in der Betreuung institutioneller Kunden. Raimund Müller beendete seine Studien an der Curtin University of Technology in Perth mit einem Master of Economics und Finance (2005), an der ZHAW in Winterthur mit einem Bachelor of Business Administration (2003) sowie die AZEK als Certified International Investment Analyst (2008).