«Die besten Fondsmanager generieren mit Nachhaltigkeit Mehrwert»

20.11.2014
Herr Weber, Sie sind ein ausgewiesener Fondskenner. Nachhaltig verwaltete Fonds werden immer populärer. Was halten Sie von dieser Entwicklung?
Grundsätzlich wollen wir doch alle nachhaltig wirtschaften, also langfristig Erfolg haben ohne andere, sprich Mensch und Umwelt, zu schädigen. Auch sind wir alle an einem stabilen Finanzsystem interessiert. Die schlechte Corporate Governance in vielen Industrien verbunden mit tiefen ethischen Standards und unzulänglichem Risikomanagement destabilisieren das Finanzsystem wie die ganze Wirtschaft. Umso wichtiger ist es, dass Asset Manager wie auch Asset Owner vermehrt auf Nachhaltigkeit achten.
In welchem Umfang ist Nachhaltigkeit für ifund ein Thema?
Wir erarbeiten Fondsempfehlungen für unsere institutionellen Kunden wie Banken und Vermögensverwalter und verwalten Fondsportfolios. Entsprechend suchen wir Fonds, die nachhaltig Mehrwert generieren. Wir bevorzugen deshalb Asset Manager, die nebst Finanzkennzahlen auch die Nachhaltigkeit eines Geschäftsmodells analysieren, Reputationsrisiken im Risikomanagement berücksichtigen, mit den Firmen im Dialog stehen und ihre Stimmrechte wahrnehmen.
Ist Nachhaltigkeit nicht immer noch ein Nischenthema?
Während in der Vergangenheit einige wenige Nachhaltigkeitsspezialisten das Thema besetzten, gewinnt es nun auch bei der breiten Masse der Asset Manager rasch an Bedeutung. Diese Anbieter setzen weniger auf den radikalen Ausschluss kontroverser Anlagen, sondern auf die Integration von Kriterien der Nachhaltigkeit in die Unternehmens- und Länderanalyse. Also nicht Nachhaltigkeit um jeden Preis, sondern Nachhaltigkeit als Mittel, um langfristig die Performance der Fonds zu steigern und die Risiken zu mindern. Deshalb prüfen wir alle Fonds im gesamten europäischen Universum auf ihre Nachhaltigkeit - auch Fonds, die im Investmentprozess ESG-Kriterien und Reputationsrisiken berücksichtigen, aber nicht explizit als «nachhaltige Fonds» vermarktet werden.
Wie integrieren Sie Nachhaltigkeit in Ihren Analyseprozess?
Wir sind überzeugt, dass die Integration von Nachhaltigkeit einen positiven Einfluss auf die Renditen von Kapitalanlagen hat und zu einer Verringerung der Investitions- und Reputationsrisiken führt. Wir erwarten somit von jedem Asset Manager, dass er diese Quelle des Mehrwerts nutzt und sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzt. Wir erwarten aber nicht, dass der Asset Manager Nachhaltigkeit über alle anderen finanzanalytischen Kriterien stellt, sondern nur, dass er alle Aspekte gleichbehandelt.
Wir analysieren, ob der Asset Manager eine Politik für nachhaltiges Investieren festgelegt hat und über entsprechende Ressourcen und Prozesse verfügt. Auf Ebene des Anlageprozesses prüfen wir, inwiefern der Asset Manager mit Nachhaltigkeitsanalysen Mehrwert im Research, in der Portfoliokonstruktion oder im Risikomanagement erzielen kann. Ausserdem erwarten wir vom Asset Manager die kritische Ausübung der Stimmrechte sowie eine sehr transparente Kommunikation.
Wie gelangen Sie und Ihr Team zu den dafür notwendigen Informationen?
Es ist nicht leicht zu erkennen, ob ein Fonds Nachhaltigkeitskriterien integriert, wenn er nicht das Etikett «nachhaltig» trägt. Deshalb haben wir unsere Research-Datenbank um diese Information erweitert, indem wir 2‘821 Fonds von 63 Anbietern und mit einem Fondsvermögen von 2‘114 Mrd. Schweizer Franken analysierten. Ausserdem sind wir Unterzeichner der UN-Prinzipien für verantwortungsbewusstes Investieren und haben Zugriff auf umfangreiches Research betreffend Umsetzung von Nachhaltigkeit in allen möglichen Anlagekategorien. Kandidaten erhalten unseren Nachhaltigkeitsfragebogen, der auf den UN-Prinzipien aufbaut, jedoch tiefer in den Anlageprozess eintaucht. Schliesslich sprechen wir mit Fondsmanagern und Nachhaltigkeitsexperten der Asset Manager um zu erfahren, wie die guten Vorsätze tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden.
Können nachhaltig verwaltete Fonds mit Konkurrenten ohne diese Einschränkung mithalten?
Wer über Nachhaltigkeitsinformationen verfügt und diese effizient verarbeiten kann, müsste doch eigentlich über einen Wettbewerbsvorteil verfügen, der ihm eine Mehrperformance beschert. Tatsächlich gibt es Studien, die zeigen, dass Fonds mit Integration von Nachhaltigkeit Mehrwert erzielt haben. Dies ist klar abzugrenzen von Fonds, die Nachhaltigkeit mittels Ausschlusskriterien priorisieren. Studien zeigen, dass solche Fonds mit der Performance eher Mühe bekunden und primär für ethisch orientierte Kunden geeignet sind. Alkohol und Tabak haben nun mal über Jahrzehnte die beste Performance gebracht.
Werfen wir noch einen Blick auf die Kosten. Sind nachhaltig verwaltete Fonds teurer?
Nein, hier gibt es keinen eindeutigen Zusammenhang: Nachhaltige Aktienfonds für Europa sind im Schnitt sieben Basispunkte günstiger als die übrigen Fonds, bei Aktienfonds global sind nachhaltige Produkte vier Basispunkte teurer, während nachhaltige Fonds für Unternehmensanleihen gar 16 Basispunkte günstiger sind als die übrigen Fonds. Die Kosten sind somit in jedem Einzelfall in Relation zum Alphapotenzial zu prüfen.
Matthias Weber schloss 1989 an der Universität St. Gallen in Betriebswirtschaft ab und absolvierte später ein MBA in International Wealth Management der Universität Genf und der Carnegie Mellon University in Pittsburgh. Nach einigen Jahren in der Konsumgütermarktforschung trat er 1995 der Bank Leu (heute Credit Suisse) als Analyst bei, entwickelte im Jahr 2000 mit seinem Team den Leu Prima Cat Bond Fund und war schliesslich Managing Director Investment Research & Consulting sowie stellvertretender CIO. Seit 2006 ist er bei ifund services als Partner verantwortlich für Fondsresearch und Asset Management.