«Die Chancen bei europäischen Anleihen flexibel nutzen»

25.11.2016
Herr Peters, Staats- und bonitätsstarke Unternehmensanleihen bringen in Europa kaum noch Rendite oder sind gar negativ. Wird das ewig so weitergehen?
Die Europäische Zentralbank (EZB) kauft seit Juni Unternehmensanleihen aus dem Euroraum. Woche für Woche erwirbt sie Anleihen mit Investment Grade Rating im Volumen von bis zu drei Milliarden Euro und pumpt so Liquidität in den Markt - mit dem Ziel, die Inflation anzufeuern.
Aufgrund der künstlich aufgeblähten Nachfrage bringt dieser Markt im Durchschnitt jedoch kaum noch mehr als ein Prozent Rendite. Einige europäische Unternehmen können sich bereits nahezu zinsfrei Geld für fünf Jahre leihen. Rund 7 Prozent des Marktes weisen gar eine negative Rendite auf. Hier sprechen wir übrigens von Bruttorenditen vor Abzug von Gebühren.
Aus unserer Sicht wird sich an diesem Szenario auf absehbare Zeit auch wenig ändern. Die Kerninflationsrate hält sich hartnäckig auf nur niedrigem Niveau und so wird die EZB wohl auch im kommenden Jahr eine sehr lockere Geldpolitik favorisieren.
Die dadurch entstandene Zinsdürre drängt Anleger oft dazu, die vorhandenen Barbestände gar nicht mehr anzuglegen oder aber sie werden in risikoreichere Märkte wie zum Beispiel Schwellenländeranleihen und Aktien investiert.
Wo sehen Sie noch Ertragschancen für Anleger mit einer geringeren Risikobereitschaft?
Ein möglicher Ausweg für diese Herausforderung liegt in einem flexiblen, ausgewogenen und dynamischen Portfolio. Anstatt ausschliesslich in Unternehmensanleihen mit guter Bonität bei einer Durchschnittsrendite von einem Prozent zu investieren, kann das Ausnutzen des gesamten Spektrums eine deutlich attraktivere Lösung sein. Mit einer hochflexiblen Investmentstrategie, die die relative Sicherheit von Staats- und Unternehmensanleihen aus dem Investment-Grade-Bereich um höher rentierliche High-Yield-Papiere ergänzt, lässt sich im derzeitigen Marktumfeld weiterhin eine Anleihenrendite von rund 3 Prozent erzielen. Eine solche Strategie weist ein mittelfristiges Risiko auf, das sich dem des europäischen Investment-Grade-Unternehmensanleihe-Marktes annähert.
Sie sagen, man muss flexibel, ausgewogen und dynamisch agieren. Was meinen Sie damit?
Der Fondsmanager muss die Flexibilität haben, auf Papiere innerhalb und ausserhalb des Indexes zugreifen zu können. Dies erweitert das Spektrum, bedarf aber auch eines entsprechenden Analystenteams.
Des Weiteren ist eine Ausgewogenheit zwischen Anleihen aus dem Investment-Grade- und dem High-Yield-Bereich wichtig. Und letztlich erfordert es einen dynamischen Ansatz, um das Portfolio kontinuierlich dem Markt anzupassen. Nur auf diese Weise kann eine Portfoliostruktur gewahrt werden, die Chancen und Risiken in ein annehmbares Verhältnis, auch für weniger risikobereite Anleger, setzt.
Was für Fonds bietet Ihr Haus dafür konkret an?
Unser European Income Portfolio setzt seit Auflegung im Jahr 1999 auf diesen Ansatz. Der Fonds hat sich sowohl gegenüber anderen flexiblen europäischen Strategien als auch gegenüber herkömmlichen Euro-Investment-Grade-Fonds über kürzer- und längerfristige Zeiträume sehr gut geschlagen und rangiert über alle wichtigen Zeiträume im ersten Quartil seiner Morningstar-Vergleichsgruppe. Für diejenigen Anleger, denen das Durchschnittsrating wichtig ist, lohnt es sich zu erwähnen, dass die durchschnittliche Bonität des Fonds in seiner Historie immer mindestens BBB-, also Investment Grade, betragen hat.
Wie sieht der ideale Zeithorizont für diese Lösungen aus?
Das Portfolio eignet sich für Anleger, die ein Fondsprofil nahe am Investment-Grade-Bereich suchen, jedoch mit grösserer Flexibilität bei der Nutzung von Ertragsquellen. Die empfohlene Haltedauer ist mittelfristig bis lang.
Markus Peters ist Senior Portfolio Manager im Fixed Income Team von AB (AllianceBernstein). In seiner Funktion als Experte für Fixed-Income-Märkte und -Anlagestrategien ist er insbesondere für den deutschsprachigen Markt zuständig. Vor seiner derzeitigen Tätigkeit war er mit einem ähnlichen Aufgabengebiet im Anleihenteam von M&G Investments betraut. Markus Peters verfügt über einen MSc in «Politics and Government in the European Union» von der London School of Economics und einen M.A. von der RWTH Aachen.