Die Corona-Lektion: Zeit ist alles

26.05.2020
Herr Bauhofer, just auf dem Höhepunkt der Krise ist Ihr Taschenbuch «Corona. Einsichten fürs Leben» erschienen. Wie ging das so schnell?
Ich habe mich schon in einer frühen Phase der Pandemie ans Schreiben gemacht. Es half mir, dieses beispiellose Ereignis für mich selbst gedanklich einzuordnen. Gleichzeitig wollte ich der Aktualität halber schnell mit dem Taschenbuch auf dem Markt sein. Da traditionelle Verlage nicht mal zu Gesprächen erreichbar waren, habe ich mich für die Publikation über «Book on Demand» entschlossen. So konnte ich in Rekordzeit dieses Taschenbuch in einer deutschen und englischsprachigen Version realisieren. Wer wagt da noch zu bezweifeln, dass digitalisierten Geschäftsmodellen die Zukunft gehört?
Können Sie in ein paar Sätzen sagen, was Ihre Haupterkenntnis ist?
Zeit ist alles - das zeigt nicht nur das eben erwähnte Beispiel. Unternehmen, die schnell das Heft des Handelns ergreifen und kreativ den Weg aus der Krise suchen, zählen zu den Gewinnern oder zumindest zu denen mit den grössten Überlebenschancen. Zu nennen ist hier das deutsche Textilunternehmen Trigema, das den Betrieb kurzerhand auf die Produktion von Masken umgestellt hat. Auf politischer Ebene hilft rasches und kompetentes Handeln die Verluste von Menschenleben einzudämmen. Die Schnelligkeit, mit der Medikamente oder Impfstoffe entwickelt werden, entscheidet über Leben oder Tod - und das Ausmass der wirtschaftlichen Langzeitschäden der Pandemie. Die Menschheit hat in der Abwendung des ökologischen Desasters zu viel Zeit vertrödelt. Es bleibt die leise, aber unrealistische Hoffnung, dass der Corona-Schock hier als Weckruf zum unverzüglichen Handeln wirkt.
Menschen vergessen in der Regel schnell. Glauben Sie wirklich, die Art unseres Lebens wird sich stark verändern?
Ich glaube, dass dieses Jahrhundertereignis wirklich eine Zäsur für die Menschheit darstellt. Vielleicht werden wir zukünftig unsere moderne Zeitrechnung gar in B.C. (Before Corona) und die Zeit danach einteilen. Dabei hat uns die Corona-Krise erschreckenderweise unvorbereitet getroffen und unsere Verletzlichkeit als Individuum und Gesellschaft schonungslos aufgedeckt. Unser Sicherheitsverständnis und unsere Risiko-Management-Konzepte müssen als Folge davon grundlegend hinterfragt werden. Aufgrund des bevorstehenden wirtschaftlichen Einbruchs werden Menschen schlichtweg nicht mehr in der Lage sein, ihren Lebensstil fortzuführen. Die hohe Verschuldung von Staat und Privatpersonen rächt sich jetzt brutal. Der bevorstehende massive Anstieg der Arbeitslosigkeit wird den Konsum und Investitionen einschränken. Zudem werden sich selbst nach wie vor gut situierte Menschen nach der anhaltenden Konsum-Abstinenz fragen, was sie zu ihrem Glück tatsächlich brauchen. Unser Alltag wird sich durch Abstandsregeln und eine Flut weitere Vorschriften massiv verändern. Menschen ziehen sich in ihre eigenen vier Wände zurück und wir erleben eine neue Art des Cocooning. Kurzum: Wir werden ein ziemlich stark eingeschränktes Leben leben.
Wer sollte Ihr Buch lesen und wo kann man es bestellen?
Da wir in der Corona-Krise alle in einem Boot sitzen, habe ich das Buch auch für jedefrau und jedermann geschrieben. Angestellte, Unternehmer, Jugendliche, Pensionäre - ich hoffe, dass jeder von ihnen etwas daraus ziehen kann. Es ist bewusst kein Business- oder Management-Buch oder ein Ratgeber geworden, da ich mir nicht anmasse, die Zukunft vorherzusagen oder kluge Ratschläge zu verteilen. In kurzen Kapiteln, die mit jeweils einem thematisch passenden Auszug aus einem Songtext starten, stelle ich Thesen in den Raum, was in der Post-Corona-Ära passieren könnte und will die Leser zum Nachdenken anregen. Das Büchlein ist unterhaltsam geschrieben, kann in 40 Minuten gelesen werden und will Hoffnung vermitteln. Beide Sprachversionen sind als Print- oder EBook-Version auf allen Plattformen zu bestellen, wie books.ch oder exlibris.ch.
Noch diese Frage zum Schluss. Sind Sie als bekannter Reputationsberater zufrieden, wie grosse Unternehmen insgesamt kommuniziert haben?
Seit Beginn der Pandemie befinden wir uns in einer Art Kommunikationsvakuum. Angesichts der ungewissen Zukunft, halten sich die meisten Unternehmen in der Kommunikation zurück bis der unvermeidbare Tsunami über uns hereinbrechen wird. Wir werden über massive Gewinneinbrüche lesen und in Folge davon von Entlassungen im grossen Stil. Unternehmen werden die Corona-Krise als willkommene Gelegenheit zu längst fälligen Kürzungen in der Belegschaft nutzen. Die in der «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) von Credit-Suisse-Chef Thomas Gottstein getätigte Aussage «Mittelfristig werden wir sicher mit weniger Personal auskommen» ist eine sehr diplomatische Ansage, die aber Schlimmes befürchten lässt.
Link zum Disclaimer
Bernhard Bauhofer ist Gründer und Geschäftsführer von Sparring Partners GmbH, einer auf Reputation-Management spezialisierten Beratungsgesellschaft. Der Unternehmensberater, Buchautor und Premium-Speaker hat Soziologie und Wirtschaft studiert und im Verlauf seiner Karriere in Europa, Lateinamerika und den USA in führenden Management-Positionen gearbeitet, bevor er sich Ende der neunziger Jahre zur Selbstständigkeit entschloss.