«Die Erwartungen an Smart Beta waren und sind sehr hoch»

12.02.2016
Herr Wagner, wenn die Börsen starke Schwankungen verzeichnen, sind dann ETFs besonders effiziente Anlagelösungen?
Ja, es liegt in der DNA der ETFs, dass man sie sehr flexibel und schnell handeln kann. Man muss also nicht lange warten und kann seine Strategie sehr zeitnah umsetzen. Bilden die ETFs einen Standard-Index nach, ist eine faire Preisfindung relativ problemlos. Dennoch sollten opportunistisch agierende Anleger in diesen Zeiten nicht vergessen, die Handelsspannen zu prüfen und zu vergleichen. Ist der dem ETF zugrundeliegende Markt geschlossen, werden die gestellten Preise in Zeiten höherer Volatilität natürlich mit einer höheren Sicherheitsmarge versehen sein.
Mit einem ETF ist man zudem bereits durch einen Trade breit investiert und muss sich um keine Einzeltitelauswahl kümmern. Diese kann in volatilen Zeiten noch herausfordernder (aber auch gewinnbringender!) sein. Das bedeutet natürlich nicht, dass man sich bei ETFs nicht mit dem Index befassen muss.
Wie haben sich die noch recht jungen Smart Beta ETFs geschlagen - kann man schon eine Zwischenbilanz ziehen?
Die Erwartungen an Smart Beta waren und sind sicherlich sehr hoch. Bei den etwas älteren Ansätzen konnten die Dividenden- und Size-Strategien ordentlich Geld einsammeln. Mit Bezug zum aktuellen Umfeld erwarte ich einen zusätzlichen Schub bei den Minimum- respektive Low-Volatility-Strategien.
Arbeiten Sie für Ihre Portfolio-Lösungen auch mit Short ETFs?
Nein, wir arbeiten weder mit Short noch mit gehebelten ETFs. Zur Währungs- oder Durationsabsicherung verwenden wir Mini-Futures respektive Zertifikate mit einem Hebel, welche keinen täglichen Reset haben und kostengünstig auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Inwieweit kommen währungsgesicherte Produkte zum Einsatz?
Bei den Anleihen investieren wir grundsätzlich in der gewählten Referenzwährung des Kunden. Das heisst, wenn wir global investieren, sichern wir das Währungsrisiko ab, sofern keine explizite Meinung zu einer Währung besteht. Die Absicherung kann manuell erfolgen, wenn beispielsweise kein währungsgesichertes Produkt vorhanden ist oder das Angebot nicht unseren Erwartungen hinsichtlich Index oder Preissetzung entspricht. Bei den Aktien ist das Währungsmanagement losgelöster. Unsere Benchmark ist hier nicht zur jeweiligen Referenzwährung währungsgesichert. Je nach Bankmeinung sichern wir die jeweilige Währung ganz, teilweise oder gar nicht ab.
Ab März werden wir unsere Vermögensverwaltungslösungen ebenfalls mit der Option einer höheren Währungsabsicherung ergänzen. Hier werden wir dann vermehrt währungsgesicherte Tracker einsetzen.
Schauen Sie sich auch spezifische Angebote wie beispielsweise Sektoren-ETFs an?
In der Tat, wir schauen uns diverse «spezifische» Angebote an und beschränken uns nicht auf Länder- oder Regionen-Indizes. Neben den neueren Angeboten aus der Ecke Smart Beta gehören natürlich auch die bewährten Klassiker wie Sektoren, Size und Style dazu.
Bezüglich Sektoren stehen bei uns primär die USA und Europa im Fokus, wobei wir uns gerne auf die «klassischen» zehn Sektoren fokussieren. Globale Sektoren sind bei uns weniger ein Thema aufgrund unserer granularen Asset Allocation und da es den Währungsoverlay erschwert. Letzteres ist natürlich auch ein Thema bei Sektoren in Europa versus jenen der Eurozone.
Sie sind ein Indexing-Profi, sind an der SIX Swiss Exchange nun genügend ETFs kotiert oder haben Sie noch einen Wunschzettel zur Hand?
Wir sind mittlerweile sicherlich bei einem sehr umfassenden Angebot angekommen, was aber nicht bedeutet, dass alle Spezialbedürfnisse abgedeckt sind. Es ist ein wenig wie mit einer Werkzeugkiste - man kann fast nie genügend «Tools» zur Hand haben, aber für die meisten Anforderungen reichen die Standardinstrumente aus. Aus Anlegersicht ist die richtige Balance wichtig, da mit einer steigenden Anzahl an Listings auch das Risiko schlechter Spreads oder einer Schliessung aufgrund mangelnder Nachfrage steigt.
Konkret stehen auf meiner Wunschliste weitere Angebote aus dem Smart-Beta-Bereich, wie beispielsweise Quality USA oder Eurozone. In Bezug auf die Sektoren würde ich ein grösseres Angebot auf die zehn Sektoren der Eurozone begrüssen.
Marcel Wagner ist Head Portfolio Engineering Index und Senior Portfolio Manager in Global MACS bei der Credit Suisse in Zürich. Er ist verantwortlich für benchmarkorientierte und regelbasierte Vermögensverwaltungsmandate, die mit ETFs und anderen passiven Instrumenten eine aktive Allokation verfolgen. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften schloss er 2001 an der Universität St. Gallen (lic. oec. HSG) ab. Er ist Certified International Investment Analyst (CIIA) und Chartered Alternative Investment Analyst (CAIA).