«Die ETF-Industrie ist äusserst innovativ»

10.04.2015
Herr Fischer, wie läuft das ETF-Geschäft in diesem Jahr?
Das Jahr 2015 ist bislang ein hervorragendes ETF-Jahr. Das spiegelt sich in den Zahlen. Schon im Januar erreichte der ETF-Markt in Europa mit Nettozuflüssen von 10,9 Mrd. Euro einen neuen Dreijahresrekord. Das ging weiter so im Februar und im März. An der Schweizer Börse legten die ETF-Umsätze im ersten Quartal gegenüber der schon erfolgreichen Vorjahresperiode nochmals 12,5 Prozent auf über 33 Mrd. Franken zu.
Welche ETFs sind die Hauptträger dieser Entwicklung?
Im Gefolge der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank sowie auch der Schweizerischen Nationalbank stehen europäische Aktien-ETFs besonders in der Gunst der Anlegerinnen und Anleger. Das steht im Einklang mit den in diesem Jahr bislang erreichten Gewinnen an den europäischen Aktienbörsen. In der Schweiz konnte der Aktienmarkt den Frankenschock vom 15. Januar rasch überwinden. Infolge der Anleihenkäufe der Europäischen Zentralbank waren auch die ETFs auf Anleihenindizes gefragt.
Was bewegt derzeit den ETF-Markt?
Derzeit sehe ich zumindest fünf Bereiche, in denen die ETF-Industrie äusserst innovativ ist. Erstens ist in Japan mit dem JPX-Nikkei 400 ein neuer Referenzindex entwickelt worden. Dieser Fundamentalindex wählt die Unternehmen aufgrund der Eigenkapitalrendite und der Betriebsergebnisse aus. Er ermutigt die Unternehmen, mehr Shareholdervalue zu schaffen. Zweitens ermöglichen neue A-Aktien ETFs, am Erfolg Chinas besser teilzuhaben. Drittens kommen die ETF-Anbieter der steigenden Nachfrage nach nachhaltigen Anlagen entgegen und kreieren in diesem Bereich aussichtsreiche Anlagemöglichkeiten. Viertens ist gerade in der jüngsten Zeit eindrücklich belegt worden, wie Währungsschwankungen den Wert von Portfolios stark zu beeinflussen vermögen. Die Antwort darauf sind währungsgesicherte und dennoch kostengünstig bleibende ETFs. Last but not least ermöglichen die jüngsten Entwicklungen im Bereich der Smart-Beta-ETFs den Investoren, das Portfolio mittels der Kombination von Risikostrategien aufzubauen. Damit entsteht eine Alternative zur herkömmlichen Diversifikation aufgrund von Anlageklassen.
Wie bewältigt Ihr Haus diese Innovationswelle?
Wir haben eine ausserordentlich kreative und gut dotierte Forschungsabteilung. Deshalb gelingt es uns, in all diesen Innovationsbereichen der ETF-Industrie den Investoren stets wirklich mehrwertschaffende ETFs anzubieten.
Haben Sie ein Beispiel dafür?
Seit 2012 gibt es beispielsweise die SG Quality Income Indizes, die eine Strategie für wertorientierte und geduldige Investoren abbilden. Mit den ETFs darauf setzen die Anleger auf Unternehmen, die überdurchschnittliche Dividenden auszahlen. Inzwischen wurde zusätzlich der SG Value Beta Index lanciert, der für «mutige» Investoren gedacht ist. Die ETFs darauf bezwecken, von einer Erholung der Aktienkurse von unterbewerteten Unternehmen zu profitieren. Der Anleger kann sich je nach seiner Risikotoleranz für den einen oder anderen Ansatz entscheiden. Oder aber: Mittels einer Kombination der beiden Risikostrategien hat er eine Alternative zur herkömmlichen Diversifikation aufgrund der verschiedenen Anlageklassen. Gerade unter institutionellen Investoren erfreut sich dieser Ansatz einer wachsenden Beliebtheit.
Roland Fischer ist Head of Lyxor ETF German-Speaking Europe, Lyxor Asset Management, Zürich. Er leitet das Schweizer ETF-Geschäft von Lyxor seit Oktober 2011. Vorher war er bei db x-trackers, der ETF-Plattform der Deutschen Bank, in Frankfurt sowie in Hongkong tätig. Roland Fischer studierte an der Goizueta Business School in Atlanta, USA, sowie an der Frankfurt School of Finance and Management - mit einem Schwerpunkt auf dem Gebiet der «Quantitative Finance».