Die Kunst der Künstlichen Intelligenz

Founder & CEO
Catana Capital - A LEHNER INVESTMENTS Company, Frankfurt
catanacapital.com
12.02.2021
Herr Lechner, fangen wir mit etwas Aktuellem an: in den letzten Wochen gingen Meldungen über eine «Armee» von Privatanlegern durch die Medien, die sich über Onlineplattformen austauschen und damit sogar Hedgefonds in Gefahr brachten.
Das stimmt. Genauer geht es um ein Forum auf der Plattform Reddit. Dort tauschen sich bereits seit Jahren Trader über ihre Investments aus. Während der letzten Monate nahm die Zahl der Forenmitglieder immer weiter zu. Im Januar gelang es dann, durch die schiere Masse an Tradern Aktienpreise von einigen Titeln über 2.000 Prozent nach oben zu drücken. Die extremen Anstiege lagen auch an hohen Short-Quoten von Hedgefonds in den Titeln, insbesondere GameStop und AMC.
Unsere aktuellen Produkte haben einen europäischen bzw. deutschen Fokus, wir sind also nicht in amerikanische Titel investiert. Nichtsdestotrotz haben wir die Situation genau beobachtet. Eine unserer Datenquellen ist Reddit und wir konnten explizit nachverfolgen, was sich in den Foren bewegt hat und wie sich die Scores zu den entsprechenden Titeln innerhalb kurzer Zeit verändert haben. Da unsere Modelle rekursiv lernend sind, profitieren wir von solchen aussergewöhnlichen Marktsituationen.
Spannend für uns war noch ein weiterer Punkt. Das erste Mal wurde im grossen Stil offensichtlich, wie stark der Einfluss von Onlinekommunikation und sozialen Medien auf Aktienkurse ist. Wir forschen bereits seit 2014 daran, diese neuartigen Daten für Investmententscheidungen nutzbar zu machen. Im Prinzip bestätigt uns diese Ausnahmesituation darin, unseren Ansatz genau so weiter zu verfolgen.
Können Sie in ein paar Worten beschreiben, was Ihr Haus genau macht, wo die Stärken liegen?
Wir sind Pionier für die Pure-Play-Nutzung von Big Data und Künstliche Intelligenz (KI) im Asset Management. Um unsere Anlageentscheidungen zu treffen, nutzen wir die Kommunikation im Internet. Durch diese Analyse können wir ein recht genaues Bild der Marktmeinung im Allgemeinen sowie der Meinung zu einzelnen Titeln bilden. Wir beziehen jeden Tag und in Echtzeit rund zwei Millionen Nachrichten in drei verschiedenen Sprachen in unsere Analysen ein. Unsere Modelle können dadurch Chancen und Risiken nicht nur erkennen und reagieren, sondern antizipieren und damit agieren.
Fonds basierend auf Künstlicher Intelligenz (KI) konnten in der Vergangenheit nicht durchs Band überzeugen. Wie sehen Sie das?
Das ist zum Teil richtig und dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zunächst muss man verstehen, dass KI nicht gleich KI ist. Es gibt verschiedene algorithmische Lösungen für verschiedene Problemstellungen. Dadurch kann es zu ganz unterschiedlichen Charakteristika kommen.
Ausserdem gibt es ebenso wie im klassischen Asset Management unterschiedliche Strategien. Wir selbst haben aktuell zwei reine KI-Fonds am Markt. Der eine Fonds ist ein long-only Fonds, der ausschliesslich in deutsche Aktien investiert. Der zweite Fonds investiert nur zu einem bestimmten Teil in europäische Aktien und nutzt eine dynamische Exposure-Steuerung zur Risikoreduktion. Obwohl beide Fonds KI-Fonds sind, haben die Fonds gänzlich unterschiedliche Risiko-Rendite-Profile und sind nur schwer direkt miteinander vergleichbar. Diese Unterschiede ziehen sich durch den noch recht kleinen Markt. Es gibt beispielsweise Fonds, die einen Value-Ansatz verfolgen oder die global investieren. Natürlich kann man auf die Kategorie der KI-Fonds insgesamt schauen, aber man sollte auch immer die zugrunde liegende Anlagestrategie bei der Evaluierung der Fondsperformance berücksichtigen.
Einen letzten Punkt, der KI-Fonds unterscheidet und zu Performanceunterschieden führen kann, ist letztlich auch die Qualität der verwendeten Daten. Nehmen wir beispielsweise unseren Ansatz. Wir können noch nicht auf 60 bis 70 Jahre historische Daten zurückblicken. Das Internet - wie wir es heute kennen - gibt es erst seit den 90ern und wirklich grosse, bearbeitbare Datenmengen sogar erst seit Anfang der 2010er. Allerdings steigt die Datenmenge exponentiell an, sodass wir mit unserem Ansatz immer mehr Input-Daten zur Verfügung haben. Das hilft dabei, dass sich unsere selbstlernenden Algorithmen jeden Tag weiterentwickeln und genauere Prognosen ableiten können.
Nutzt man aber beispielsweise eine Value-Strategie und basiert die Anlageentscheidung auf Unternehmensdaten, gibt es einfach nicht genug Daten, um Modelle ausreichend zu trainieren. Denn letztlich wird nur vierteljährlich reportet.
Haben Sie die Datenquellen selbst aufgebaut oder wie kann man sich das vorstellen?
Während meiner Zeit bei der Commerzbank habe ich die Abteilung Business Strategy & Innovation geleitet. In dieser Zeit habe ich meine Mitgründer kennen gelernt, die einen interessanten Ansatz zur Analyse von Onlinekommunikation zu den Kapitalmärkten entwickelt haben. Ich fand das Projekt so spannend und dachte mir, darauf aufbauend kann man doch einen Asset Manager entwickeln. Also gründeten wir 2015 Catana Capital. Die Daten stellen natürlich eine wichtige Komponente dar, aber genauso wichtig ist die Anwendung der Daten, um daraus funktionierende Asset-Management-Produkte zu entwickeln. Hier können wir inzwischen auf mehr als fünf Jahre Erfahrung zurückblicken.
Was sind Ihre unternehmerischen Ziele fürs neue Jahr?
Rechtzeitig zum Start ins neue Jahr haben wir im Januar unseren Merger beendet und sind nun Teil der LEHNER INVESTMENTS Group geworden. Dadurch haben wir neue organisationelle Strukturen geschaffen, um insbesondere drei Ziele zu verfolgen.
Das erklärte Ziel dieses Jahr ist die Steigerung unseres verwalteten Vermögens. Dafür haben wir beispielsweise drei neue, erfahrene Vertriebskollegen eingestellt.
Ausserdem arbeiten wir laufend an der Verbesserung bestehender Strategien und insbesondere der Forschung an neuen Strategien. Diese neuen Strategien können in unsere bestehenden Produkte einfliessen, sie können aber auch weitere Produkte wie beispielsweise ein globales Fondsprodukt zur Folge haben.
Weiterhin treiben wir die Positionierung von LEHNER INVESTMENTS als das führende Asset-Management-Unternehmen in Europa für KI- und Big-Data-Anlagelösungen voran.
Link zum Disclaimer
Bastian J. Lechner studierte Betriebswirtschaftslehre an der Handelshochschule Leipzig und der MIT Sloan School of Management. Er begann seine Karriere bei der Credit Suisse in M&A. Er gründete Catana Capital, nachdem er zuvor vier Jahre die Abteilung Investment Banking Business Strategy & Innovation der Commerzbank geleitet hatte. Zuvor war Lechner Vorstandsassistent des Investment-Banking-Vorstandes dieser Bank. Bei Catana Capital ist er unter anderem für die Unternehmensstrategie und die Geschäftsentwicklung verantwortlich.