«Die Magie passiert eben selten in der Schweiz»

20.01.2022
Herr Borini, «Digital Finance» ist zweifelsfrei ein Megatrend. Finanzmedien sind voll damit. Wie behalten Sie als erstklassiger Kenner den Durchblick?
Selten beim Lesen von Schweizer Medien (lacht). Vielmehr lese ich internationale Top-Wirtschaftsmedien, verfolge ausgewählte Bloggers und höre spannende Podcasts, bei denen ich was lernen kann. Das reicht natürlich nicht. Ich darf auf ein sehr grosses Netzwerk von «Digital Finance»-Expertinnen und Experten zugreifen, sowohl national wie international. Diese Gespräche, auch solche mit Vertretern der traditionellen Industrie, sind goldwert. Ganz wichtig ist aber, dass man über Branchen- und Staatsgrenzen blickt. Die Magie passiert eben selten in der Schweiz und selten in der hiesigen Finanzindustrie. Wir haben deswegen einen simplen Trendradar entworfen, der eben zeigt, was sonst auf dieser Welt im Bereich «Digital Finance» passiert. Und was man natürlich sieht, das Thema Digital Assets, also Krypto bzw. Blockchain-basierte Assets, stehen weit oben und - zumindest ausserhalb der Schweiz - poppt der Begriff «Metaverse» auch in der Finanzindustrie auf. Wir sind vom Web 2.0 auf dem Weg ins Web 3.0.
Gibt es auch weniger bekannte Trends, die sich von diesem übergeordneten Trend abkoppeln?
Ganz generell sieht man innerhalb «Digital Finance» das Thema «Embedded Finance» immer stärker Fuss fassen. Auch hier: Wenig in der Schweiz, vielmehr im Ausland. Das ist ein super spannendes Thema. Dabei geht es darum, dass Nicht-Finanz-Unternehmen ihren Kundinnen und Kunden ein reibungsloses, kontextbezogenes Erlebnis bieten möchten und dazu gehören eben auch Dienste aus dem Finanzbereich.
Kommen wir auf Non-Fungible Tokens (NFTs) zu sprechen. Damit kann man scheinbar über Nacht richtig reich werden…
… oder mausarm. Alles, was rauf geht, kann auch fallen, insbesondere bei so einem jungen Thema ist die Kursvolatilität enorm. Bei NFTs sollte man nicht einfach kaufen, man muss schon auch ein Gefühl haben, was funktionieren kann, was nicht. Das ist im Kunstmarkt ja auch so. Für viele NFT-Kritiker ist jedoch das alles nur ein kurzfristiger Hype, was ich aber vehement bestreite. Kürzlich wurde ein Patentantrag von Walmart bekannt, notabene gemäss Fortune Global 500 auf Platz eins der umsatzstärksten Unternehmen der Welt, der darauf schliessen lässt, dass der US-Riese künftig im NFT-Segment aktiv sein wird und virtuelle Güter verschiedenster Art verkaufen wird.
Was schauen Sie selbst aktuell besonders genau an?
Ich schaue sehr genau, was im Bereich von Krypto passiert. Da stehen wir wirklich noch in den Kinderschuhen, aber es ist extrem spannend, was beispielsweise alleine im DeFi (Dezentrales Finanzsystem) abgeht. Im gleichen Atemzug interessiere ich mich verstärkt für NFTs und ebenso das ganze Thema «Metaverse». Wichtig ist hier aber ein Gefühl zu bekommen, wo liegt Substanz und was ist Hype. Aber auch ganz einfache Themen aus Fintech verfolge ich sehr aktiv, sei es neue Fintechs, die auf den Markt kommen, oder wie etablierte Banken die digitale Transformation vorantreiben, mit oder ohne Fintechs. Da gibt es krasse Unterschiede. Und wie bereits eingangs erwähnt, blicke ich sehr genau auf Fremdanbieter. Die wollen auch Fuss fassen im Banking.
Wer sich mit all diesen Themen ernsthaft auseinandersetzen möchte, was bietet Ihr Unternehmen an?
Wir sind seit fast zehn Jahren im Bereich «Digital Finance» unterwegs und haben inzwischen ein breites und tiefes Know-how und ebenso ein grosses Netzwerk von Expertinnen und Experten. Wir werden oft für Workshops, Referate oder Idea-Creation gebucht. Wir haben ganze Teams, Verwaltungsratsgremien oder Geschäftsleitungen von Finanzinstituten ausgebildet oder unterstützt auf ihrer «digitalen Reise». Im Kryptobereich haben wir ein äusserst erfolgreiches und beliebtes Produkt: den «Certified Crypto Finance Expert»- Lehrgang. Für viele Bankmitarbeitende ein ideales Gefäss, um Krypto-Banking zu verstehen. Unser Medienarm (zum Beispiel 10×10.ch oder finance20.ch) ist ebenso ein wichtiges Standbein. Hier erreichen wir Endanleger aber auch Profis, die sich für Themen der «Next Generation» interessieren.
Link zum Disclaimer
Rino Borini ist Mitgründer des Beratungs- und Medienhauses Scarossa. Das Unternehmen setzt den Fokus auf digitale Transformation der Finanzindustrie sowie «Next Generation Invest» und betreibt unter anderem die Anlegerplattform «10x10.ch» und die Veranstaltungsplattform «Finance 2.0». Rino Borini leitet den Certificate of Advanced Studies (CAS) «Digital Finance» an der Hochschule Zürich und ist Verwaltungsratspräsident beim digitalen Vermögensverwalter Descartes Finance. Im Herbst 2020 hat ihn das Wirtschaftsmagazin «BILANZ» zu den «Digital Shapers 2020» gekürt, also den 100 wichtigsten Köpfen, die die Digitalisierung im Land vorantreiben.