«Die Nachfrage für neue Private-Equity-, Infrastruktur- sowie ESG-konforme Fonds ist weiterhin ungebrochen hoch»

Head of VP Fund Solutions, CEO
VP Fund Solutions (Luxembourg) SA, Luxemburg
vpfundsolutions.vpbank.com
24.09.2020
Herr von Kymmel, nachhaltige Anlagemöglichkeiten sind aktuell hoch im Kurs. Welche Beobachtungen machen Sie derzeit in der Entwicklung von ESG-Fonds?
Wir als Private-Label-Fund-Dienstleisterin waren schon zu Jahresbeginn überzeugt, dass nachhaltige Anlagen sowie Digitalisierung die noch jungen Zwanzigerjahre sehr stark prägen werden. Bestätigt wurde diese Annahme unter anderem durch die Entscheidung des global tätigen Vermögensverwalters BlackRock, welcher im März verkündete, dass er seine gesamte Fondspalette nach ESG-relevanten Anlagekriterien ausrichten werde. Eine gleichartige Ausrichtung und Entwicklung konnte in den letzten Monaten bei den meisten anderen Asset Managern beobachtet werden. Im Juli wurden weltweit Rekordzuflüsse von 403 Mio. Euro in ESG-Fonds verzeichnet, obwohl Aktienfonds insgesamt Abflüsse in Höhe von mehr als 260 Mio. Euro zu verzeichnen hatten. Nach Angaben des Fondsnetzwerks Calastone hat jeder der vergangenen vier Monate einen neuen Rekord bei den Zuflüssen in ESG-Aktienfonds aufgestellt. Die kumulierten Zuflüsse in ESG-Fonds seit April in Höhe von insgesamt 1.3 Mrd. Euro sind höher als in allen bisherigen fünf Jahren zusammengenommen.
Wie beurteilen Sie diese Entwicklung? Ist es ein kurzfristiger Trend oder eine langfristige Entwicklung?
Ich betrachte es nicht nur als einen Investmenttrend, sondern vielmehr als einen gesellschaftlichen und politischen notwendigen Wandel. Was aber zu Beginn des Jahres noch niemand wusste: Dieser Wandel wird durch die globale Covid-19-Pandemie beschleunigt. Es wurden in kürzester Zeit Massnahmen umgesetzt, welche die Ziele und Werte von ESG-Kriterien widerspiegeln und fördern. Der Gesundheit und dem Schutz von Menschenleben wird derzeit höchste Priorität eingeräumt. In vielen Ländern fanden Lockdowns statt, welche es in dieser Form noch nie gab. Soziales Engagement vor Rendite war und ist noch immer das Credo. Wobei das Interessante und Spannende dabei ist, dass das eine das andere nicht ausschliesst.
Gilt das nur für die Covid-19-Pandemie?
Nein, aber die Pandemie hat gezeigt, wie leicht und schnell unser System verletzbar ist und dass wir viele andere Gefahren und Risiken im neuen Jahrzehnt erleben können, wenn wir nicht entsprechend vorausschauend handeln. Eines dieser Risiken ist zweifellos der Klimawandel und damit einhergehend Naturkatastrophen, Hunger- und Wassernot, welche noch schlimmere globale Folgen und Gefahren mit sich bringen können.
Welchen Einfluss hat diese fundamentale Entwicklung auf das Fondsgeschäft, speziell auf ESG-Fonds?
Nach dem teilweisen Stillstand der Wirtschaft, als Kampf gegen die Rezession und um aktiven Klimaschutz zu fördern, unterstützen Politiker verstärkt umweltfreundliche und klimaschutzunterstützende Investitionen. Ebenso konnte beobachtet werden, dass Investoren bei traditionellen offenen und privaten Märkten neben Umwelt- und Klimakriterien vermehrt soziale Belange berücksichtigt haben. Hinzu kommt, dass Unternehmen mit besseren ESG-Ratings während der letzten Monate eine bessere Performance erzielt haben, wie Analysen verschiedener Vermögensverwalter zeigen. Auch unser Haus als Service KVG/Fondsleitung für Drittfondsanbieter in Liechtenstein und Luxemburg erlebte das beschriebene Investorenverhalten im ersten halben Jahr direkt und spürte entsprechende Anpassungen von Asset Managern. Auch die Nachfrage für neue Private-Equity-, Infrastruktur- sowie ESG-konforme Fonds (seien es traditionelle Fonds, welche vermehrt in Health Care, Clean Energy und IT sowie Logistikunternehmen investieren oder auch Immobilienfonds gegen die fortlaufende Wohnungsnot) ist weiterhin ungebrochen hoch - dies trotz aller Einschränkungen wegen Covid-19.
Welchen Einfluss hat die Pandemie auf Ihre Arbeit als Service KVG/Fondsleitung und die Zusammenarbeit mit Kundinnen und Kunden?
Schon jetzt, auf dem Weg zur «neuen Normalität», ist zu beobachten, dass verschiedene Fondsleitungen und Vermögensverwalter gewillt sind, dauerhaft und vermehrt ihren Mitarbeitenden Homeoffice anzubieten. Es ist wohl auch davon auszugehen, dass in Zukunft Dienstreisen und Kundengespräche vermehrt durch Videokonferenzen und Originalunterschriften durch E-Signaturen ersetzt oder zumindest ergänzt werden, wobei es dennoch physische Treffen geben wird, da manche Themen eine Präsenz verlangen. Umso mehr ist eine verlässliche, flexible sowie erweiterbare Infrastruktur nötig, die den aktuellsten Entwicklungen - vor allem im Hinblick auf Digitalisierung - vollumfänglich Rechnung trägt. Aus Sicht von VP Fund Solutions zeigt sich deutlich, dass sich unsere rechtzeitigen Investitionen in die Digitalisierung und Technologie im Rahmen unserer ManCoTech-Initiative ausgezahlt haben. Wir können damit diese Krise bewältigen und sind für den Wandel in der Finanzbranche fachlich aber auch technisch vorbereitet. Das gilt für ESG-Themen genauso wie für Crossborder-Aspekte.
Link zum Disclaimer
Eduard von Kymmel ist der Leiter von VP Fund Solutions, dem Fonds-Kompetenzzentrum der international tätigen VP Bank Gruppe, sowie CEO der VP Fund Solutions (Luxembourg). Zudem ist er vorsitzendes Verwaltungsratsmitglied von VP Fund Solutions (Liechtenstein). Der deutsch-luxemburgische Staatsbürger ist Volljurist, verfügt über einen MBA in Finance der Universität von Wales sowie langjährige, internationale Berufserfahrung in der Fondsbranche.