«Die Pandemie hat uns ganz schön auf Trab gehalten»

12.03.2021
Herr Prof. Heri, Sie sind als sehr umtriebig bekannt. Ist es Ihnen während des Lockdowns auch mal langweilig geworden?
Nicht wirklich. Zunächst mussten wir eine Art Heimstudio einrichten, da das Fernsehstudio, das wir sonst mieten, geschlossen war. Am Anfang war das ziemlich «Bricolage», da wir ja nicht wirklich Experten für Beleuchtung, Ton, Schnitt etc sind. Aber mit der Zeit ging es einigermassen, haben auch viel gelernt dabei. Wir haben die unterschiedlichsten Systeme ausprobiert. Die Sache hat uns aber schon auf Trab gehalten, weil wir daneben ja unsere regelmässigen Lehrvideos produzieren und ausstrahlen wollten. Im übrigen haben wir inzwischen über 600 Kurzvideos auf der Plattform und bereits 10 sogenannte Video-Bücher, in welchen die Einzelvideos themenspezifisch «zusammengebunden» und über Kurztexte verlinkt werden. Eine Art videobasierte Lehrbücher für Jedermann (und natürlich auch jede Frau).
Und der Fernunterricht für Ihre Studierenden: geht das wirklich gut?
Nun ja, gewöhnungsbedürftig. Aber wir haben ja keine Wahl. Aber ich muss gestehen, dass ich schon langsam ein wenig «zoom-müde» (ein neues Unwort?) werde. Ich habe mehrere hundert Studenten in der Vorlesung. Und da redet man einfach in einen Bildschirm hinein, ohne wirkliches Feedback und wenn es Feedback gibt, wird es technisch sehr anspruchsvoll. Und das permanente Damoklesschwert der Technik (WLAN-Ausfall oder sonstiges unerklärliches Zeug) und auf der anderen Seite ein paar Dutzend oder hundert Zuhörer, die warten. Ist mir zum Glück bisher nicht passiert … touch wood!
Jüngst haben Sie ein «SmartBook» auf den Markt gebracht. Wie war und ist die Nachfrage?
Eine interessante Erfahrung. Das SmartBook ist ja eine Kombination von Text, Video und Podcast. Der Text malt mit dem grossen Pinsel und in den Videos und Podcasts werden dann bei Interesse die Details erarbeitet. Ich denke in wenigen Jahren werden solche SmartBooks «der» Standard im Bereich der Sachliteratur sein. Kurz, sec, informativ. Das Buch («Geschichte reimt sich… auch am Aktienmarkt - Der Corona-Crash und seine Lehren») hat sich sehr gut verkauft. Wir mussten nach sechs Wochen bereits eine Zweitauflage drucken. Es ist selbstverständlich immer noch im Buchhandel erhältlich oder noch einfacher über fintool.ch/corona-crash. Wir versuchen, in nächster Zeit eine Fortsetzung zum Corona-Buch zu machen. Es sind einfach im Moment ziemlich viele «Bälle in der Luft».
Viele Bälle in der Luft? Was sind denn die nächsten Projekte, die wir von fintool.ch erwarten können?
Neben den regelmässigen Kurzvideos, mit welchen wir Mrs. & Mr. Everybody nach wie vor up-to-date bringen wollen, wie die Finanz-und Anlagewelt funktioniert (inzwischen muss man ja schon fast beifügen: zu ihrem eigenen Schutz!), sind wir an einem SmartBook zum Vorsorge-System, mit welchem wir vor allem jüngere Leute ansprechen wollen. Wird eine gute Sache. Text, Videos Podcasts und Illustrationen. Daneben wollen wir die Plattform etwas intuitiver und anwendungsfreundlicher machen. Und schliesslich muss Fintool jünger und weiblicher werden. Es wird uns also nicht langweilig.
Link zum Disclaimer
Erwin W. Heri ist Professor für Finanztheorie an der Universität Basel, am Swiss Finance Institute in Zürich und gelegentlicher Gastdozent an den Universitäten St. Gallen und Genf (HEI) sowie an der ETH in Zürich.
Neben seinen universitären Mandaten war er während vielen Jahren in führenden Positionen bei grossen Schweizer Finanzdienstleistern tätig. So unter anderem als Chief Investment Officer (CIO) beim früheren Schweizerischen Bankverein (heute UBS), als Generaldirektor und Group CFO bei der Winterthur Versicherungsgruppe (heute AXA) und als CIO bei Credit Suisse Financial Services (heute Credit Suisse).
Während rund zehn Jahren leitete er danach eine an der Börse kotierte Privatbankengruppe in Zürich (Valartis Group). Daneben bediente und bedient er verschiedene Mandate im Finanz- und Anlagebereich, unter anderem als langjähriger Vorsitzender der Anlagekommission der Bundespensionskasse oder als Chairman des Family Offices einer britischen Adelsfamilie. Er ist Autor einer ganzen Reihe von Büchern aus dem Finanz- und Anlagebereich und Verfasser zahlreicher Artikel und Kolumnen.
Im Augenblick beschäftigt er sich hauptsächlich mit dem Aufbau einer Videobasierten Internetplattform für Finanzausbildung (fintool.ch oder fintool.de). Dies mit dem Ziel, bei der Bevölkerung über ein Internet-Angebot ein breiteres Verständnis für Geld-, Finanz- und generelle Wirtschaftsfragen zu schaffen.