«Die Zunahme nachhaltiger und digitaler Investmentansätze wird die Bedeutung von Lösungsanbietern verstärken»

07.01.2022
Herr Württemberger, was haben Sie und Ihr Team im neuen Jahr vor?
Zunächst wünsche ich Ihnen und allen Leserinnen und Lesern ein gutes, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr. Nachdem bereits 2021 reich an spannenden Ereignissen war, wird auch das neue Jahr die eine oder andere Überraschung mit sich bringen, davon sind wir überzeugt. Für die Kapitalmärkte bedeutet dies anhaltend hohe Volatilität, da sich mittlerweile neben den langfristigen, richtungsweisenden Tendenzen auch kurzfristige Trends deutlich in den Kursen niederschlagen.
Die Herausforderung für uns bei der DWS ist es daher, den Bedürfnissen unserer unterschiedlichen Kundengruppen mit taktischen und strategischen Produkten und Lösungen zu entsprechen. Im Fokus steht hierbei weiterhin der Einsatz einer breiten Palette aktiver, passiver und auch alternativer Investmentbausteine bis hin zu lokal in Zürich produzierten, massgeschneiderten Mandatslösungen für institutionelle Kunden. Unser besonderes Augenmerk liegt auf dem Ausbau des Alternatives-Angebots, also illiquiden Anlagen vor allem im Immobilien- und Infrastrukturbereich, die wir in bestehenden und neuen Produkten über Aktien wie auch zunehmend über Obligationen abbilden. Damit wollen wir nicht nur die traditionell in Alternatives engagierten institutionellen Investoren ansprechen, sondern auch Privatanlegern neue Investitionsmöglichkeiten bieten.
Bei allen Bausteinen steht der Nachhaltigkeitsansatz im Vordergrund, der bereits bei einer Vielzahl unserer Produkte umgesetzt wird. Hier werden wir nebst Konformität mit neuen regulatorischen Richtlinien wie der «Sustainable Finance Disclosure Regulation» (SFDR) auch innovative Produkte vorstellen, wie zuletzt den gemeinsam mit dem WWF Deutschland entwickelten «DWS Concept ESG Blue Economy». Der Fonds investiert hauptsächlich in Unternehmen, die beispielsweise zur Minderung der Ozeanversauerung, Verringerung der Meeresverschmutzung, Erhaltung der Nutzung der Meeresressourcen sowie nachhaltiger Fischerei beitragen. Auch Partnerschaften wie mit Healthy Seas - einer Non-Profit-Organisation, die sich auf die Bergung so genannter Geisternetze im Meer spezialisiert hat - werden wir weiter ausbauen.
Lassen Sie uns kurz das vergangene Jahr Revue passieren. Wie zufrieden sind Sie mit 2021?
Das vergangene Jahr war abermals von der Pandemie geprägt, mit anhaltenden Einschränkungen für Wirtschaft und Gesellschaft und dramatischen Folgen für einzelne Menschen und Familien. Allerdings hat das vergangene Jahr auch gezeigt, dass das Virus beherrschbar sein kann. Was die Aktienmärkte betrifft, war 2021 ein sehr erfolgreiches Jahr, natürlich nicht zuletzt aufgrund der hohen Liquidität, die an die Märkte gekommen ist, und von der auch die Finanzindustrie durch steigende Anlagevolumina profitiert hat.
Auch für die DWS war es ein höchst erfolgreiches Jahr. Bereits Ende des dritten Quartals 2021 lagen die Nettomittelzuflüsse über denen des gesamten Vorjahrs. ESG-Produkte und -Lösungen trugen 40 Prozent zum Nettomittelaufkommen bei. In der Schweiz ist uns die hohe Nachfrage nach aktiven Aktien- und Obligationenfonds, breiten Benchmark-ETFs sowie indexierten Mandaten zugutegekommen - letzteres mit einem starken Wachstum insbesondere bei den Pensionskassen. Aber auch alternative Investmentbausteine wie Immobilienfonds waren seitens institutioneller Kunden aber auch von Family Offices gefragt. Ein wesentlicher Wachstumstreiber, der sich in diesem Jahr fortschreiben sollte, war die Anpassung und Erweiterung von bestehenden aktiven Mandaten anhand kundenspezifischer Nachhaltigkeitskriterien - wo wir nebst Umsetzungsempfehlung auch beratend unterstützen.
Schliesslich haben wir uns nicht zuletzt aufgrund der steigenden Nachfrage auch personell verstärkt. Dabei haben wir weitere fachliche Expertise sowohl für aktive als auch passive Lösungen im Team willkommen geheissen.
Sie bieten aktive und passive Fonds aus einer Hand an. Sehen Sie dies als Vorteil?
Ein klares «Ja». Hier nehmen wir als DWS schon seit langem eine Vorreiterstellung ein, die sich zusehends im Markt zu etablieren scheint. Wir agieren als Anbieter unterschiedlicher Investmentbausteine, die möglichst genau zu den Anlagebedürfnissen sowie der Investmentphilosophie des Kunden passen sollen. Hierbei spielen taktische wie auch strategische Entscheide eine Rolle, wobei ETFs aufgrund niedriger Kosten, täglicher Handelbarkeit und klassischem Benchmark-Ansatz bei der Umsetzung kurzfristiger, sprich taktischer Investmentziele nützlich sein können. Wohingegen bei der Umsetzung eines thematischen Investmentansatzes eine massgeschneiderte, aktive Fondslösung mehr dem strategischen Fokus des Anlegers entspricht.
Da wir beratend für institutionelle und private Investoren agieren, ist ein ganzheitlicher Ansatz notwendig - dies schliesst zunehmend den Bereich der Alternatives ein. Unser Produkt- und Lösungsangebot beruht somit auf drei Pfeilern - aktiven, passiven und alternativen Bausteinen.
Ihr Haus versteht sich also in erster Linie als Lösungsanbieter…
Als Asset Manager sind wir in erster Linie Produktanbieter für unsere Kunden. Dass sich aus Produktkompetenz auch Lösungsansätze entwickeln, ist eine logische Konsequenz, die insbesondere in den vergangenen Jahren durch die veränderten Bedürfnisse vieler Kunden forciert wurde. Dies beinhaltet beispielsweise Dienstleistungen, die traditionell Teil der Wertschöpfungskette etwa einer Bank waren, und nun in einer Partnerschaft an einen externen Asset Manager übertragen werden. Dies können Modellportfolios, erweitertes Research, ausgelagerter CIO bis hin zur Externalisierung des gesamten Anlageprozesses im Sinne des Open Source Bankings sein. Dies schafft Effizienzen und einen Fokus auf das Kerngeschäft, ohne qualitative Einbussen zu erleiden. Zudem können so innovative Impulse gesetzt werden, von denen der Kunde profitiert.
Die Beispiele sind hier vielfältig und die Zunahme von nachhaltigen und digitalen Investmentansätzen wird die Bedeutung von Lösungsanbietern verstärken.
Was würde Sie in geschäftlicher Hinsicht 2022 ganz besonders freuen?
Freuen würde ich mich, wenn wir dem vom Coronavirus geschaffenen «neuen Normal» weiterhin viele positive Impulse für unser Leben und Arbeiten abgewinnen könnten. Ich denke, wir haben Grund zum Optimismus und können daher privat wie beruflich hoffnungsvoll in das neue Jahr blicken.
Link zum Disclaimer
Sven Württemberger ist Head Client Coverage bei der DWS CH AG und verantwortet gemeinsam mit seinem sechzehnköpfigen Team den Vertrieb von aktiven Fonds, Xtrackers ETFs sowie Mandaten an institutionelle und Wholesale-Investoren. Zwischen 2009 und 2017 war er bei BlackRock Asset Management in verschiedenen Positionen für den Vertrieb von iShares ETFs in Deutschland und der Schweiz verantwortlich. 2009 arbeitete er bei der Deutschen Bank in der Entwicklung von strukturierten Produktlösungen für den institutionellen Vertrieb sowie bis 2006 für eine internationale Unternehmensberatung. Sven Württemberger verfügt über einen MBA in International Finance der Helsinki School of Economics und der Universität St. Gallen sowie einem Bachelor in Finance der Bristol Business School, UK. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Zürich.