Durch innovative Strategien auf Wachstumskurs

24.07.2015
Frau Bourcier, wie haben sich bei Ossiam die Assets under Management (AuM) entwickelt und was sind aktuell die Themenschwerpunkte in Ihrem Haus?
Ende Juni verwaltete Ossiam 2,17 Mrd. Euro Assets under Management (AuM). Vor einem Jahr lagen wir noch bei rund 1,05 Mrd. Euro. Damit konnten wir innerhalb eines Jahres unsere AuM verdoppeln. Ossiam fokussiert sich weiterhin stark auf den Kundenausbau und auf die Entwicklung neuer und innovativer Strategien, auf die wir nach und nach ETFs auflegen wollen.
Ossiam hat im Mai einen neuen ETF in der Schweiz lanciert, der den Shiller Barclays CAPE Index repliziert, welchen Professor Robert Shiller zusammen mit Barclays entwickelte. Können Sie den Ansatz näher ausführen?
Der Indexfonds ist weltweit der erste börsengehandelte ETF, der auf Grundlage der Shiller Barclays CAPE (Cyclically Adjusted Price Earnings) Sektor-Indizes basiert. Die Indizes nutzen das konjunkturbereinigte Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) als Bewertungsgrösse im Rahmen einer Sektor-Rotationsstrategie.
Der ETF verfolgt dabei zwei Ziele: Zum einen sollen konstant überdurchschnittliche Erträge über einen Value-Ansatz erbracht werden, zum anderen sollen über das Shiller-KGV immer die attraktivsten Sektoren in Europa identifiziert werden.
Der US-Ökonom Robert Shiller, der gemeinsam mit Barclays die Shiller-Barclays-CAPE-Indexfamilie entwickelt hat, hat bereits 1988 den Grundstein für eine Identifizierung attraktiver Sektoren gelegt. Die langfristige Bewertung, so seine Argumentation, kann dabei helfen, künftig schwache Performer im Vorhinein zu identifizieren. Das KGV, das die Gewinne eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem Aktienkurs setzt, ist eine der am weitesten verbreiteten Kennzahlen für die Bewertung von Aktien, hat aber in den Augen Shillers gerade für langfristig orientierte Investoren Nachteile. Die CAPE Ratio, auch als Shiller-KGV bekannt, basiert daher anders als das klassische KGV nicht nur auf dem Gewinn eines Jahres, sondern auf dem inflationsbereinigten gleitenden Durchschnitt der Gewinne der vorangegangenen zehn Jahre. Damit blendet der Ökonom kurzfristige Schwankungen der Gewinne aus und erhält ein geglättetes KGV, das die Erträge unabhängig vom jeweiligen Punkt im Konjunkturzyklus berücksichtigt. Anders als das klassische KGV liefert CAPE daher keine kurzfristigen Signale, auf die sich Spekulanten stützen könnten, sondern Anhaltspunkte für langfristig orientierte Anleger.
Was ist die Innovation an diesem Ansatz?
Die Idee dahinter ist einfach: Die Performance einzelner Sektoren am Aktienmarkt kann stark schwanken. Jedes Jahr gibt es signifikante Unterschiede in der Performance des besten und des schlechtesten Sektors. So verlor beispielsweise der Energie-Sektor 2014 in Folge des Ölpreiskollapses rund 10 Prozent, während der defensive Gesundheits-Sektor 17 Prozent zulegte. Die Differenz von immerhin 27 Prozentpunkten fällt dabei im historischen Vergleich noch milde aus; in volatilen Krisenjahren ist sie häufig deutlich höher. Lassen sich die besten Sektoren im Voraus bestimmen, kann konsequent in diese investiert werden, während schwache Sektoren unberücksichtigt bleiben.
Anhand dieser relativen CAPE Ratio isoliert der Shiller Barclays CAPE Europe Sector Value Index zunächst die fünf am stärksten unterbewerteten aus zehn Sektoren des MSCI Europe Index. Sodann wird von den verbleibenden fünf jener Sektor aussortiert, der das schwächste Momentum über die vorangegangenen zwölf Monate aufweist. Dieser zusätzliche Schritt in der Index-Methodologie dient dazu, so genannte «Value Traps» zu vermeiden, das heisst den Sektor mit dem in der jüngeren Vergangenheit schwächsten Marktsentiment. «Value Traps» zählen zu den bekannten Herausforderungen beim Value Investing. Sie bezeichnen das Risiko, dass Investoren auf vermeintlich günstig bewertete Aktien oder Sektoren setzen, die sich aber sehr lange oder sogar gar nicht von ihren Tiefständen erholen.
Historische Rückrechnungen des Barclays CAPE Europe Sector Value Index zeigen, dass die Strategie den MSCI Europe zwischen September 2008 und Ende 2014 jährlich um 5,67 Prozent geschlagen hätte - bei vergleichbarer Volatilität und einem etwas geringeren maximalen Verlust von 21,05 Prozent gegenüber 24,63 Prozent beim Referenzindex MSCI Europe.
Wie ist dieser neue Ansatz bisher bei den Investoren angekommen?
Der ETF ist bisher auf ein breites Interesse bei Investoren gestossen und wir sind zuversichtlich, dass das Interesse weiterhin anhält, da das Shiller-KGV ein bekannter Indikator ist und Value Investing eine lange Tradition in der Investmentbranche besitzt. Professionelle Investoren haben unseren Ansatz verstanden und ziehen es in Betracht, unseren ETF als Ersatz oder Ergänzung für Value-Portfolios oder eine Sektor-Rotations-Strategie einzusetzen. Mit einem Fokus auf Value-Werte wählt der ETF Sektoren in Zeiten überdurchschnittlicher Performance aus und zielt so darauf ab, langfristig konsistente Outperformance zu generieren.
Welchen Mehrwert bietet dieses Produkt den Investoren?
Ziel des Index ist es, die bei einer langfristigen Perspektive attraktivsten Sektoren des MSCI Europe Index zu identifizieren. Der neue ETF vermeidet überbewertete Sektoren und eliminiert potenzielle Value-Fallen, um ein Sektor-Portfolio mit Value-Bias zu schaffen, das die Auswahl der richtigen Branchen zum richtigen Zeitpunkt ermöglicht.
Der Mehrwert entsteht ganz klar durch die Selektion der Sektoren. Berechnungen für den Barclays CAPE Europe Sector Value Index in einem Zeitraum von Dezember 2008 bis Dezember 2014 zeigen, dass die fünf zunächst ausgewählten unterbewerteten Sektoren um 3,81 Prozent besser abschnitten als die fünf nicht ausgewählten. Die fünf unterbewerteten Sektoren hätten in demselben Zeitraum eine annualisierte Rendite von 14,8 Prozent erbracht. Der Momentum-Filter brachte weitere 2,65 Prozent im Vergleich zu den fünf aussortierten Sektoren.
Was sind Ihre Ziele für dieses Jahr und welches Wachstumspotenzial sehen Sie im Smart-Beta-Bereich?
Unsere Ziele sind zum einen, die AuM der bereits bestehenden Ossaim-ETFs zu erhöhen und so unsere Marktanteile weiter auszubauen. Zum anderen wollen wir weitere innovative Smart-Beta-Produkte lancieren, die den Investoren weitere Märkte erschliessen.
Ossiam ist ein Spezialist mit einem starken internen Research- und Entwicklungsteam, das die Entwicklung von Smart-Beta-Lösungen immer weiter vorantreibt. Wir arbeiten ständig daran, das Wissen über Smart-Beta zu verbreiten und den Investoren eine hohe Researchqualität zur Verfügung zu stellen, um sie auf der Suche nach innovativen Investmentlösungen zu unterstützen.
Isabelle Bourcier kam im Februar 2011 als Head of Business Development zu Ossiam, nachdem sie zuvor 17 Jahre für die Société Générale Group tätig war. Von 2000 bis Januar 2011 arbeitete sie als Global Head of ETFs bei Lyxor Asset Management, einer Tochtergesellschaft der Société Générale. Seit 2006 war sie ferner Global Head of Exchange Traded Products der Société Générale Group. In dieser Position war sie für das ETF-Geschäft von Lyxor sowie für die Aktivitäten der Société Générale im Segment Optionsscheine und Zertifikate verantwortlich. Isabelle Bourcier verfügt über einen Master-Abschluss in Management und Internationalem Marketing des Institut Supérieur Européen de Gestion.