Eine Fokussierung auf das Portfoliorisiko erhöht die künftige Performance

14.07.2017
Frau Müller-Kamp, welchen Einfluss hat das Negativzinsumfeld auf die Performance im Anlagegeschäft?
Das derzeitige Negativzinsumfeld in der Schweiz hat dazu geführt, dass die Performanceerwartungen für alle Anlageklassen niedriger sind als in der Vergangenheit. Grund dafür ist, dass sich der künftige Ertrag einer Anlage aus dem risikolosen Zins plus einer Risikoprämie ergibt. Sinkt der risikolose Zins, ohne dass die Risikoprämien ansteigen, führt das zu geringeren Performanceerwartungen für alle Anlageklassen.
Wenn Anleger in Zukunft mit weniger Performance rechnen müssen, sind dann auch die Portfoliorisiken kleiner geworden?
Eine niedrigere Performanceerwartung bedeutet nicht, dass das Risiko kleiner geworden ist, auch wenn die geringen Volatilitäten an den Finanzmärkten das derzeit vermuten lassen. In diesem Umfeld ist es wichtig, bei der Portfoliooptimierung einen besonderen Fokus auf das Risiko zu legen.
Mehr Performance kann aber doch immer nur mit höherem Risiko erkauft werden?
In der Theorie stimmt das. Allerdings geht die moderne Portfoliotheorie von Annahmen aus, die der Realität nicht standhalten. Die für uns problematischste Annahme ist jene der Stabilität der Korrelationen von Anlagen. Wir wissen, dass das Zusammenspiel der Anlagen in einem Portfolio in ruhigen Zeiten am Kapitalmarkt ganz anders sein kann als in Stressphasen. Gerade in Stressphasen steigen die Korrelationen häufig an. Das kann im Extremfall dazu führen, dass nahezu alle Anlagen im Portfolio an Wert verlieren. Der gewünschte Diversifikationseffekt ist also genau dann, wenn man ihn benötigt, nicht vorhanden. Eine bessere Optimierung kann deshalb auch zu höheren Renditen führen, ohne dass das Risiko steigt.
Und wie machen Sie das?
Für uns ist nicht die Volatilität das geeignete Risikomass, sondern der Maximum Drawdown. Zudem sind für uns bei der Optimierung die Korrelationen der Anlagen im Stressfall relevant und nicht während ruhigen Marktphasen. Mit diesen beiden unterschiedlichen Risikomassen können wir ein Portfolio bilden, welches die gleichen Renditeerwartungen hat, im Stressfall jedoch weniger verliert. Insgesamt verbessert sich damit die Risiko-Rendite-Eigenschaft des Portfolios.
Welchen Effekt hat das konkret in Ihren Portfolios?
Den stärksten Einfluss hat es auf die Anlageklassen Alternative Anlagen und Obligationen. Die Alternativen Anlagen sind heute bei uns sehr breit aufgestellt. Wir setzen unter anderem auf Immobilienfonds, Gold, Mikrofinanz, Insurance Linked und Alternative Risk Premia-Produkte. Die Obligationenquote ist zudem deutlich niedriger als in der Vergangenheit. Weiter haben wir die Aktienquote leicht reduziert, da es gute Alternativen gibt, wie zum Beispiel High Yield Bonds. Diese weisen langfristig ähnliche Performanceerwartungen auf wie Aktien, verlieren aber im Stressfall weniger.
Martina Müller-Kamp kam 2008 zur Graubündner Kantonalbank. Sie leitet seit 2015 das Investment Center und war zuvor Leiterin des Asset Managements. Ihre vorherigen beruflichen Stationen umfassen: VP-Bank, Vaduz, in der Analyse und Lampe Asset Management GmbH, Düsseldorf, im Portfoliomanagement für institutionelle Kunden. Sie hat einen PhD in Ökonomie der Ruhr-Universität Bochum und studierte Volkswirtschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn und an der Helsinki School of Economics.