«Eine Rückkehr zu einer öl- und gasbasierten Wirtschaft wird es nicht mehr geben»

Co-Manager Aegon Global Sustainable Equity Fund
Aegon Asset Management, Edinburgh
aegonam.com
19.02.2021
Herr McPartlin, 2020 war wie ein Wendepunkt für nachhaltige Investments. Lag das nur an Covid-19?
Viele Trends haben sich durch die Pandemie beschleunigt, etwa der Umstieg auf erneuerbare Energien und die Elektrifizierung von Autos. Eine Rückkehr zu einer öl- und gasbasierten Wirtschaft wird es nicht mehr geben. Die Nachfrage ist da und die Regierungen handeln richtig, wenn sie die dringend erforderlichen Konjunkturpakete nutzen, um in die Branche zu investieren. Die Wende wird zudem durch rasante Innovationen im Bereich grüne Energie in Form von Solarenergie und Wasserstoff-Brennstoffzellentechnologie vorangetrieben.
Mit welchen Herausforderungen müssen Anleger in diesem Jahr rechnen?
Für Gegenwind könnte nicht zuletzt ein Zinsanstieg sorgen. Dies würde die Kapitalkosten in die Höhe treiben und die Bewertungen langfristiger Vermögenswerte wie etwa Growth-Aktien würden sinken. Möglich wäre dies bei einem Anstieg der Inflation - ein Szenario, mit dem viele Marktteilnehmer angesichts der hohen Geldmenge im weiteren Verlauf dieses Jahres rechnen.
Halten Sie dies für wahrscheinlich?
Die Umlaufgeschwindigkeit müsste sich allerdings beschleunigen, da ansonsten die üppigen Finanzspritzen lediglich als Reserven bei grossen Banken geparkt werden. Darüber hinaus sind die strukturellen Gegenwinde gegen die Inflation nicht verschwunden. So haben sich die hohe Verschuldung und die Digitalisierung während der Pandemie weiter verschärft.
Welche Bereiche sind in diesem Jahr besonders vielversprechend?
Aus Anlegersicht gibt es einige spannende Opportunitäten bei Unternehmen, die das Wachstum des E-Commerce ermöglichen - auch wenn diese Chancen mit Herausforderungen in puncto Cyber-Kriminalität und Sicherheit verbunden sind. Ein anderes wichtiges Anlagethema ist und bleibt die Energiewende sowie die Abkehr von einer kohlebasierten Wirtschaft. Für die Wende gibt es kein Patentrezept, sodass es voraussichtlich in den kommenden Jahren mehrgleisige Lösungen geben wird, die auf verschiedenen Technologien basieren. Nicht zuletzt wird die laufende Transformation im Gesundheitssektor, etwa die Auswirkungen der Gensequenzierung auf Daten, ein weiteres zentrales Portfoliothema bleiben.
Das vergangene Jahr war für die Fondsindustrie sehr spannend. Was waren die wichtigsten Meilensteine für den «Aegon Global Sustainable Equity Fund» und was steht in diesem Jahr bevor?
2020 hat sich das Fondsvolumen verdoppelt und Ende Dezember wurde die Marke von 300 Mio. Euro geknackt. Die jährliche Rendite von über 20 Prozent seit seiner Auflegung 2016 beweist eindeutig, dass sich mit nachhaltigen Anlagen in verschiedensten Marktumfeldern Erträge erzielen lassen, die über der Indexrendite liegen. Zugleich markiert dies den Höhepunkt der über 30-jährigen Expertise von Aegon Asset Management im Bereich verantwortungsvolles Investieren. Dazu passt, dass der Fonds kurz vor dem fünften Jahrestag seines Bestehens im April nach wie vor Alpha generiert und über ein Jahr, drei Jahre und seit Auflegung deutlich besser als der MSCI All-Country World Index abschneidet.
Was sind die Kernelemente Ihrer Anlagestrategie?
Wir wollen den MSCI AC World Index übertreffen, indem wir in nachhaltige Wachstumsunternehmen mit positivem Einfluss auf Gesellschaft und Umwelt anlegen. Die Eckpfeiler des Fonds sind Nachhaltigkeit und Wachstum. Unsere Portfoliounternehmen profitieren von einer starken und steigenden Nachfrage nach ihren Produkten und Dienstleistungen, die auf die Bewältigung der weltweiten Herausforderungen in Sachen Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Wir investieren auf der Basis unserer Anlageüberzeugungen mit langfristigem Horizont. Viele unsere Anlagen erfordern Geduld, da sich Nachhaltigkeitsthemen nicht über Nacht lösen lassen. Das kann Jahre oder gar Jahrzehnte dauern.
Obwohl der Fonds eine nachhaltige Wachstumsstrategie verfolgt, hat er während der jüngsten Stilrotation von Growth zu Value eine Outperformance erzielt. Wie erklären Sie sich das?
Wir hätten tatsächlich mit mehr Gegenwind gerechnet, stattdessen haben wir im vierten Quartal gemessen in Euro eine Outperformance von 8 Prozent erzielt. Wir waren uns der Länge der Growth-Rally bewusst und verstärkten leicht unser Engagement bei Zyklikern. Dabei handelte es sich um Aktien im weitesten Sinne aus dem Bereich Aktivitäten, die sich wahrscheinlich überdurchschnittlich entwickeln werden, sobald das Wiederhochfahren der Wirtschaft in greifbare Nähe rückt. Trainline etwa, der britische Spezialist für Zugtickets, und der Fitnessstudio-Betreiber BasicFit lieferten solide Performancebeiträge. Zudem sind wir in zyklischen Growth-Werten investiert, allen voran in Robotik- und Halbleiterunternehmen.
Bedeutet dies, dass Sie mit Blick auf die Performance mit klassischen Growth-Fonds mithalten können?
Man sollte beachten, dass es zwischen Growth und ESG zwar grosse Überschneidungen gibt, sie aber nicht identisch sind. Daher ist es unwahrscheinlich, dass unser Fonds den Entwicklungen am breiter gefassten Growth-Markt 1:1 folgen wird.
Kostet nachhaltiges Investieren Rendite?
Im vergangenen Jahr gab es umfangreiche wissenschaftliche Untersuchungen, die diesen alten Mythos widerlegen. Auch wir haben umfassend bewiesen, dass dies nicht stimmt. Das zeigt sich an der Outperformance von Unternehmen, die für sie wesentliche ESG-Kriterien berücksichtigen. Ausserdem lässt sich dies an der Outperformance von Nachhaltigkeitsfonds gegenüber anderen Fonds ablesen.
Welches Unternehmen gefällt Ihnen aktuell besonders gut?
Wir haben kürzlich das dänische Biotechnologieunternehmen Genmab in unser Portfolio aufgenommen, das Krebstherapien herstellt, die das Immunsystem modulieren. Darüber hinaus hat Genmab eine Plattform für ein schnelleres Antikörper-Screening entwickelt. Dies ist ein bahnbrechender Schritt, da das Screening zeitaufwändig ist: aus tausenden Antikörpern müssen die ein oder zwei passenden gefunden werden. Genmab hat nun nach langer Forschungsarbeit nachgewiesen, dass seine Technologie funktioniert. Damit ist das strategische Risiko gesunken und die Weichen für die Zukunft sind gestellt. Wir glauben, dass Genmab in den nächsten Jahren zu einem führenden Unternehmen im Onkologiesektor aufsteigen kann.
Welche Portfoliotitel sind auf den ersten Blick nicht nachhaltig, zeichnen sich aber dennoch durch die von Ihnen gesuchten Merkmale aus?
Der Bereich nachhaltiges Wachstum beispielsweise beinhaltet einige Technologieunternehmen, die Lösungen für Nachhaltigkeitsherausforderungen bieten - auch wenn dies angesichts ihrer Hauptaktivitäten auf den ersten Blick nicht ersichtlich ist. Nehmen Sie den Spezialisten für Online-Kommunikation Bandwidth. Mit seinen Kernprodukten macht das Unternehmen Telearbeit nachhaltiger und Unternehmen widerstandsfähiger. Die Trends zu Digitalisierung und Telearbeit haben sich ebenfalls beschleunigt. Die meisten Firmen hätten vermutlich noch Jahrzehnte gebraucht, um eine derartige Flexibilität zu erreichen. Jetzt führt wohl kein Weg mehr zurück. Vor uns liegt ein spannendes Jahrzehnt, in dem wir vielleicht die grossen globalen Herausforderungen meistern werden. Daher ist es die richtige Zeit, um in nachhaltige Unternehmen zu investieren.
Link zum Disclaimer
Malcolm McPartlin ist Investment Manager im Equity-Team und als Co-Manager für die Strategien des «Global Sustainable Equity» und «UK Equity Absolute Return» zuständig. Er ist ausserdem gemeinsam mit dem CIO für die UK-Strategie und globale Asset-Allocation-Entscheidungen von Aegon Asset Management verantwortlich. McPartlin kam 2003 von Scottish Equitable zu Aegon Asset Management, wo er als Assistant Business Analyst tätig war. Er studierte Financial Services an der Napier University in Edinburgh und verfügt über 18 Jahre Branchenerfahrung.