«Es ist wichtig, Bitcoin als Ganzes zu verstehen»

CEO, Betreiber der ETF-Infoplattform 10x10.ch und Veranstalter der Finance 2.0
financialmedia AG, Zürich
10x10.ch
10.05.2018
Herr Borini, in letzter Zeit haben Sie sich mehrfach positiv über Bitcoin & Co. geäussert. Sind Sie ein Kryptojünger?
(lacht) Nein, gar nicht. Ich rede und schreibe generell über Digital Finance - und da gehört das Thema Krypto-Finance einfach dazu. Bitcoin ist ein Element, doch es geht um viel mehr.
Um was denn?
Auf der einen Seite geht es um die Blockchain-Technologie, die von vielen als Wunderwaffe bezeichnet wird. Auf der anderen Seite geht es um die Krypto-Assets, das ist - wie schon erwähnt - viel mehr als nur Bitcoin. Natürlich gehört er dazu, er ist die Mutter aller Kryptowährungen. In den neun Jahren ihres Bestehens hat sie bewiesen, dass die Blockchain funktioniert und sicher ist.
Aber es gab in der Vergangenheit mehrere Betrugsfälle.
Richtig, doch diese hatten nichts mit der Blockchain zu tun. Die Gründe für Betrügereien sind betrügerisches oder fahrlässiges Handeln seitens der Betreiber von Börsen oder Wallets. Oder Unwissenheit von Bitcoin-Käufern. Viele Kritiker haben das nicht verstanden, die Unwissenheit ist bei diesen Themen immer noch gross.
Nach wie vor spaltet Bitcoin die Geister.
Das stimmt, aber vielfach lese und höre ich unkorrekte Argumentationen. Kürzlich kritisierte ein befreundeter Anlageberater, Bitcoin eigne sich durch die Anonymität hervorragend zur Geldwäsche oder als Währung für das Darknet. Ich musste ihn dann korrigieren, beides ist falsch. Bitcoin ist alles andere als anonym, und sicherlich auch nicht als Darknet-Währung geeignet. Was ich damit sagen möchte: Es ist wichtig, dass man bei Bitcoin aber vor allem das Thema Krypto-Finance als Ganzes versteht, bevor man sich aus dem Fenster lehnt - und womöglich blamiert.
Die meisten Banken zeigen den Kryptowährungen aber nach wie vor die kalte Schulter.
Nicht alle, aber die meisten. In Liechtenstein ist man bereits etwas weiter. Die Bank Frick beispielsweise hat sehr erfolgreich eine Krypto-Abteilung aufgebaut. Endlich können Firmen aus dem Kryptowährungsbereich ein Bankkonto eröffnen. Natürlich wird alles haargenau geprüft, Stichwort GwG/AML. Frick beweist: es geht. Goldman Sachs und Morgan Stanley stellen Krypto-Analysten ein. Interessant ist der Grund, warum das getan wird: weil die Kunden danach fragen. Reden wir doch noch einmal in ein oder zwei Jahren darüber. Ich bin mir sicher, dass viele Banken dem Thema gegenüber positiver eingestellt sein werden. Es gab auch viele Finanzinstitute, die das Internet für einen kurzfristigen Trend hielten.
Sind Krypto-Assets eine neue, eigene Anlageklasse?
Ja, auf jeden Fall. Das Thema ist immer noch jung, wir stehen immer noch am Anfang der Entwicklung. Die verfügbaren Datenreihen sind zwar noch kurz, doch diverse Analysen zeigen einen klaren Portfolionutzen dieser Anlageklasse. Zudem sehe ich Milliardäre und Millionäre rund um den Globus, die sich sehr stark für Krypto-Assets interessieren und in sie investieren. Dabei konzentrieren sie sich nicht nur auf den Bitcoin, sondern auf das ganze Segment, das stetig wächst.
Krypto-Assets bergen auch Gefahren.
Natürlich! Deswegen sind die Institute, die sich mit diesen Themen beschäftigen, doppelt vorsichtig. Das verstehe ich sehr wohl, aber Gefahrenherde sehe ich im Finanzmarkt unzählige. Es muss mir niemand sagen, unser Finanzsystem sei gesund. Allein seit der Finanzkrise hat die globale Verschuldung um über 40 Prozent zugenommen. Krypto-Finance könnte helfen, dass in Zukunft unser Finanzsystem stabiler, effizienter und transparenter wird.
Welches Vorgehen empfehlen Sie interessierten Anlegern?
Am wichtigsten: nicht einfach blindlings in Kryptowährungen investieren! Zuerst muss man sich informieren und die Materie verstehen. Deswegen lancieren wir auch das erste «Bitcoin Basics»-Seminar. In zwei Stunden zeigen wir, um was es bei Kryptowährungen geht. Wer investiert, soll nicht sein Alterskapital aufs Spiel setzen, sondern mit «Spielgeld» erste Erfahrungen sammeln. Denn bei aller Unklarheit über Kryptowährungen, eines ist gesichert: Das Thema ist extrem weitläufig und alles andere als trivial.
Rino Borini ist Mitgründer und CEO der financialmedia AG in Zürich. Das unabhängige Medienhaus gibt verschiedene Publikationen im Wirtschafts- und Finanzbereich heraus und veranstaltet zahlreiche Veranstaltungen wie die schweizweit grössten Fintech-Konferenzen, Finance 2.0. Rino Borini leitet den Certificate of Advanced Studies (CAS) «Digital Finance» an der Hochschule Zürich. Zuvor war er in leitenden Funktionen in der Finanzindustrie tätig.