ESG als Impulsgeber für die Emerging Markets

Portfolio Manager, Emerging Markets Discovery Equity Strategy
T. Rowe Price, Baltimore
troweprice.com
13.11.2019
Herr Yeung, rentiert es sich für Anleger, die ESG-Faktoren Umwelt, Soziales und Unternehmensführung bei Investitionen in den Schwellenländern zu berücksichtigen?
Die Emerging Markets haben in den vergangenen Jahren grosse Fortschritte in Bezug auf Nachhaltigkeit gemacht, wobei viele Unternehmen heute ESG-Standards im Einklang mit globalen Best Practices vorweisen. Dass sich ein Investment in die Emerging Markets auszahlen kann, zeigt nicht zuletzt ein Blick auf die Performance: Der MSCI Emerging Leaders Index hat sich zwischen September 2009 und September dieses Jahres deutlich besser entwickelt als der MSCI World Index.
Wie steht es grundsätzlich um die ESG-Standards in den Schwellenländern?
Sie verbessern sich rasant. Natürlich gibt es Unternehmen, die ESG-Überlegungen weiterhin wenig Aufmerksamkeit schenken oder ignorieren. Auf der anderen Seite lassen sich viele Unternehmen identifizieren, deren Best-Practice-Standards in Bezug auf ESG-Faktoren ihren Pendants aus den entwickelten Märkten entsprechen oder sogar überlegen sind. Wir sind fest davon überzeugt, dass starke ESG-Standards ein klarer und wichtiger Einfluss auf die langfristige Nachhaltigkeit von Unternehmen sind.
Auf was sollten Investoren besonders achten, wenn Sie in den Emerging Markets anlegen?
Investoren müssen sich der unterschiedlichen Eigentümerstrukturen bewusst sein. So ist Staatseigentum stärker verbreitet als in den entwickelten Märkten, was sich als Hindernis für ein effizientes Management erweisen kann, da die Unternehmensziele nicht an den Interessen der Minderheitsaktionäre ausgerichtet sind. Auch börsennotierte Unternehmen in Familienbesitz gibt es in den Emerging Markets häufiger als in den Industrieländern. Diese Strukturen sind oft jedoch durch schwache Governance-Standards gekennzeichnet. So wird das Management zunehmend von Angehörigen der Eigentümer-Familie dominiert. Das führt dazu, dass die Interessen der Minderheitsaktionäre nur schwach vertreten werden.
Welche Rolle spielen ESG-Faktoren bei der Zusammenstellung Ihres Fonds-Portfolios?
Viele Anleger sind der Auffassung, dass ESG in den Emerging Markets unterrepräsentiert ist. Dies bietet uns als aktiven Investor gute Möglichkeiten, fehlbewertete Aktien zu identifizieren, bei denen starke oder sich verbessernde ESG-Standards nicht genügend beachtet werden. Da wir darüber hinaus in Unternehmen auf der richtigen Seite des Wandels anlegen wollen, ist die Integration von ESG-Faktoren ein wichtiger Teil unseres Investitionsprozesses - gerade für uns als Value-Investor. Kurzum: Die Einbeziehung von ESG-Faktoren ist ein wichtiger Bestandteil unserer Strategie.
Was sind Ihre wichtigsten Kriterien bei der Aktienauswahl?
Wir suchen nach von den Märkten vernachlässigten Unternehmen, bei denen das langfristige Wertpotenzial entweder nicht erkannt oder nicht vollständig verstanden wird. Nur günstig zu sein ist für uns nicht Grund genug, in ein Unternehmen zu investieren. Wir müssen auch ein klares Potenzial für grundlegende Veränderungen erkennen. Dies könnte das Ergebnis externer Faktoren sein, wie beispielsweise eines Regierungswechsels oder einer Erholung des Konjunkturzyklus. Oder es kann auch intern vorangetrieben werden, wie zum Beispiel durch Kostensenkungen, ein neues Management oder einer Restrukturierung. Vor diesem Hintergrund können starke oder sich verbessernde ESG-Standards einen positiven Impuls für die Verbesserung des Aktienkurses geben.
Link zum Disclaimer
Ernest Yeung ist Portfoliomanager der Strategien International Small-Cap Equity und Emerging Markets Value Stock von T. Rowe Price. Yeung verfügt über 16 Jahre Anlageerfahrung, vierzehn davon bei T. Rowe Price. Bevor er zu T. Rowe Price kam, war er Analyst bei HSBC Asset Management in London. Yeung hat einen M.A. in Wirtschaftswissenschaften an der Cambridge University und ist IMC sowie Chartered Financial Analyst.