ETFs am Puls der Zeit: Smart Beta und Sustainability im Trend

Deputy Head iShares Switzerland
BlackRock Asset Management Schweiz AG, Zürich
blackrock.com
06.05.2016
Herr Württemberger, die Märkte sind seit geraumer Zeit holprig. Wirkt sich das auf Ihr Geschäft aus?
Nach einem herausfordernden Jahresstart auf den Märkten mit gebremster Risikobereitschaft von Investoren sehen wir nun wieder deutliche Zuflüsse und eine Trendwende im Anlegerverhalten - im März zeigten die globalen Zuflüsse im ETP-Segment deutlich eine klare Präferenz der Kunden für risikoreichere Anlagen. Durch die Stabilisierung an den globalen Aktienmärkten standen etwa Anleihen-ETPs mit 25,8 Mrd. US-Dollar an Nettozuflüssen an der Spitze.
Können Sie dies auch kontern mit mehr Aufklärung bei Ihren Kunden?
Der persönliche Kontakt und individuell abgestimmte Investitionsstrategien stehen für Anleger in schwierigen Marktphasen an oberster Stelle, denn sie geben Sicherheit und schaffen Vertrauen. Wichtig sind uns Gespräche, in denen wir massgeschneidert auf die Kundenbedürfnisse eingehen und aufklären können, um mit dem Know-how des grössten Schweizer ETF-Kundenservice-Teams gewinnbringende Strategien zu entwickeln. Wir verfügen über ein äusserst breit aufgestelltes Research-Netzwerk, so sind unsere Kunden beispielsweise durch die monatlichen ETP-Flow-Berichte aktuell informiert und können die Lage besser einschätzen. Auch weitere Aufklärungstools schaffen Transparenz, etwa der Smart Beta Guide, der leicht verständlich in die Thematik einführt und Anleitung zum erfolgreichen Investieren mit Smart-Beta-Strategien gibt.
Mal abgesehen vom Dauerbrenner «rekordtiefe Zinsen», wo drückt den Investoren momentan am meisten der Schuh?
Niedrige oder gar negative Zinsen sind allgegenwärtig, das ist richtig. Die Aktienmärkte sehen sich derzeit einem Spannungsfeld von stimulierenden und belastenden Einflüssen ausgesetzt - schlechte Nachrichten aus China, aber auch die divergierende wirtschaftliche Dynamik in den USA und in Europa führen zu volatilen Märken. Diese in den vergangenen Monaten deutlich gestiegene Volatilität beschäftigt die Investoren und sie fragen sich, wie sie sich am besten auf die erhöhte Volatilität einstellen können. Angesichts erhöhter Volatilität an den globalen Aktienmärkten zu Beginn dieses Jahres waren Strategien mit geringerer Volatilität bei den Investoren zunehmend gefragt, während sie gleichzeitig Beta-Investments die Treue gehalten haben. Dies führte bei Minimum Volatility ETPs im März zu Rekordnettozuflüssen in Höhe von 3,2 Mrd. US-Dollar.
Sind Smart Beta ETFs in diesen Fällen die Lösung?
Smart Beta ETFs sollen Anlegern helfen, Risiken zu reduzieren, Erträge zu generieren oder potenziell die Renditen zu verbessern. Sie sind so gestaltet, dass sie breit angelegte, nachhaltige Renditetreiber für sich nutzen und die Diversifizierung erhöhen. Bei Smart Beta wird ein vom Marktindex abgewandelter Index geschaffen, der regelbasiert nur die Unternehmen auswählt, die bestimmten Kriterien entsprechen. Etwa Value (niedrige Bewertung), Size (Grösse), Quality (hohe Eigenkapitalrendite), Momentum (positive Renditeentwicklung) und Minimum Volatility (niedriges Risiko). Solche Produkte erfreuen sich einer steigenden Beliebtheit, da sich je nach Marktdynamik verschiedene Strategien dezidiert abbilden lassen, bzw. Risiko- und Renditetreiber isoliert im Portfoliokontext betrachten werden können.
Wie eingangs erwähnt, stehen aktuell insbesondere Minimum-Volatility-Strategien im Fokus, die bei hohen Marktschwankungen dem Absicherungsbedürfnis auf Investorenseite gerecht werden. Diese Produkte werden daher mit einem klaren Ziel gekauft: Sie sollten die Performance von marktkapitalisierten Indizes erreichen oder schlagen und gleichzeitig wie im Falle einer Minimum-Volatility-Strategie die Volatilität erheblich vermindern. Über die Jahre liess sich zeigen, dass dieser Ansatz sehr erfolgreich war und ist - und Minimum Volatility ETFs Turbulenzen auf den Märkten effizient abfedern können.
Dies zeigt sich dann deutlich in der Performance, so konnten Investoren im ersten Quartal 2016 zum Beispiel etwa 7,5 Prozent Mehrrendite mit einem risikoadjustierten iShares MSCI World Minimum Volatility UCITS ETF erwirtschaften als mit dem Basisindex MSCI World. Ähnlich sieht es bei US-, Europa- und Schwellenländer-Vergleichen aus. Alle Faktoren, die wir in der Schweiz kennen, haben über eine Zeitperiode von 10 bis 15 Jahren besser abgeschnitten als der breite Markt. Anleger, die auf solche Konzepte setzen, sollten jedoch langfristig operieren. Denn es kann durchaus sein, dass sie in gewissen Perioden schlechter als der Markt abschneiden, bis sie wieder den Schwung finden und stärker outperformen als vergleichbare klassische Indizes.
Wo sehen Sie sonst noch Potenzial?
Nachhaltiges Investieren entwickelt sich zu einem breiten Trend und ist kein Nischenansatz mehr. Investoren fragen verstärkt nach Möglichkeiten, diversifiziert zu investieren - Umweltaspekte, soziale Kriterien und Aspekte der guten Unternehmensführung sollen in den Anlageprozess einbezogen werden. Sie legen den Schwerpunkt vermehrt auf Transparenz und darauf, wie Unternehmen mit nachhaltigen Kriterien umgehen - unabhängig davon, ob es sich um Eigen- oder Fremdkapital handelt. ETFs sind in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit, denn sie sind nicht nur einfach einzusetzen. Sie ermöglichen Investoren auch, den Auswahlprozess und die Methodologie in Bezug auf soziale und Umweltkriterien einzusehen - umgesetzt in einer einzigen Transaktion. Um dieser Nachfrage Rechnung zu tragen, haben wir im März unseren ersten nachhaltig investierenden Anleihen-ETF gelistet - den iShares Euro Corporate Bond Sustainability Screened 0-3yr UCITS ETF, der den Barclays MSCI Euro Corporate 0-3 year Sustainability ex-Controversial Weapons Index abbildet.
Wir möchten zudem den Servicegedanken weiterhin grossschreiben, denn ETFs eignen sich durch ihre Flexibilität und tiefen Kosten hervorragend als Bausteine für sogenannte Ziel-Sparpläne als Teil einer innovativen Gesamtlösung für den Kunden. In Kooperation mit Moneypark und der Glarner Kantonalbank lancierte iShares vergangenen Winter einen solchen. Insgesamt sehen wir das enorme Innovationspotenzial und die Synergie-Effekte, die durch die fortschreitende Digitalisierung und Kooperationen in diesem Bereich entstehen und möchten unser Angebot im digitalen Bereich und in Sachen Vorsorge optimieren.
Sven Württemberger ist Deputy Head iShares Switzerland sowie Leiter für die Deutschschweiz. Zuvor war er als Leiter Vertrieb iShares Wealth Deutschland für den Vertrieb an Banken, Vermögensverwalter, Family Offices und Plattformen in Deutschland verantwortlich.