ETFs sorgen für zusätzliche Liquidität an den Märkten

Head Passive Investments Schweiz & Israel / Head Active Private Banks Switzerland
DWS, Zürich
xtrackers.ch
21.04.2020
Herr Württemberger, Ihr Haus verfügt über umfangreiche Flow-Studien der Fondsmärkte. Was ist Ihnen in diesen Tagen sofort ins Auge gestochen?
Es war zu erwarten, dass im März einige Investoren Positionen verkaufen und die Risiken in ihren Portfolios reduzieren. Das ist ja gerade der Vorteil von ETFs, auch in Krisenzeiten Liquidität zur Verfügung zu stellen. Zum Teil müssen Investoren ja aufgrund von regulatorischen Anforderungen handeln, wenn Verlustgrenzen erreicht werden.
Beruhigend war aber, dass - angesichts des Ausmasses der Marktreaktionen - die Abflüsse begrenzt waren. Das betreffende Volumen betrug im März deutlich weniger als fünf Prozent des gesamten ETF-Vermögens bei Aktien bzw. Obligationen. Eine weitere, trotz aller Dramatik beruhigende Erkenntnis war, dass die ETF-Märkte auch in der Phase der höchsten Volatilität reibungslos funktioniert haben. Auch wenn es von einigen Marktteilnehmern immer noch bezweifelt wird: Durch den Sekundärmarkt für ETF-Anteile sorgen ETFs gerade in Krisenzeiten für zusätzliche Liquidität für Investoren.
Haben Sie solche Verschiebungen in Ihrer beruflichen Laufbahn schon einmal gesehen?
Nein, aber ihre Einzigartigkeit ist ja das Bezeichnende für jede Krise. Auch das Platzen der Dotcom-Blase und die Finanzmarktkrise waren in ihrer Form einzigartig, das hatte keiner vorher erlebt. Die aktuelle Krise wird für Verschiebungen sorgen, das gab es bei allen früheren Umbrüchen auch, das ist grundsätzlich nichts Neues.
Gibt es auch Segmente im passiven Bereich, die man als Gewinner bezeichnen kann?
Insbesondere ETFs mit den niedrigsten Risikoeinstufungen haben während des Aktiencrashs dazugewonnen. Dazu gehören ETFs auf Staatsobligationen höchster Bonität, Gold- und sogar Geldmarkt-ETFs, trotz fehlender Verzinsung. Ich glaube aber nicht, dass wir hier eine grundsätzliche Verschiebung der Präferenzen von Investoren sehen. Wir sehen an einzelnen Tagen auch wieder kräftige Zuflüsse in Aktien-ETFs. Durch die fehlende laufende Verzinsung durch das Anleihesegment werden Aktien durch die Dividendenstärke attraktiv bleiben, da bin ich überzeugt.
Das Thema «ESG» wurde vor der Krise in den Medien rauf und runter geschrieben. Wird es nach der Krise sogar noch bedeutender? Haben Sie dafür bereits eine umfangreiche Produktpalette?
Eine der wichtigen Lehren der aktuellen Krise ist die Verletzlichkeit unserer globalisierten Wirtschaft durch Gefahren für Umwelt und die Gesundheit der Menschen. Hier sehe ich und auch unsere Investoren einen engen Bezug zu Aspekten rund um Environment, Social, Governance, also ESG, bei der Kapitalanlage. Ja, wir sind überzeugt, dass dieser Trend noch weitergehen wird. Die DWS beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren intensiv mit diesem Thema. Erst kürzlich wurde die DWS wurde von der Ratingagentur TELOS für die Umsetzung von ESG/Nachhaltigkeit erstklassig bewertet. Nebst einem bereits breiten Angebot über Aktive Fonds und Passive ETFs bauen wir unser Angebot ständig weiter aus. Darüber hinaus ist zu betonen, dass ESG-Kriterien im gesamten Investmentprozess der DWS beachtet werden, ungeachtet der Anlagestrategie.
DWS zählt zu den wichtigsten Adressen in der europäischen Fondsindustrie. Wie sieht Ihre Planung für die nähere Zukunft aus?
Wir werden weiter in ESG investieren und damit Nachhaltigkeit in unserer DNA verankern. Sie wird zum Kern all unseres Handelns. Wir wollen der führende ESG-integrierte Vermögensverwalter sein und werden geeignete Massnahmen entlang unserer gesamten Wertschöpfungskette ergreifen.
Ein weiteres Kernthema ist die Digitalisierung der DWS. Wir haben eine Minderheitsbeteiligung an Arabesque AI Ltd. erworben, einem Unternehmen, das sich auf künstliche Intelligenz (KI) im Bereich Portfoliomanagement und Finanzwesen fokussiert. Durch diese Beteiligung und die damit verbundene strategische Partnerschaft stärkt die DWS ihre Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Gebiet der KI. Wir werden gemeinsam innovative Anlageprodukte und Dienstleistungen entwickeln, die die KI-Einheit nutzen.
Link zum Disclaimer
Sven Württemberger ist Head Passive Investments für Schweiz und Israel sowie Head Sales Private Banks Schweiz. In dieser Tätigkeit verantwortet er unter anderem den Vertrieb von aktiven Fonds, Xtrackers ETFs sowie indexierte Mandate. Zwischen 2009 und 2017 war er bei BlackRock Asset Management in verschiedenen Positionen für den Vertrieb von iShares ETFs in Deutschland und der Schweiz verantwortlich. 2009 arbeitete er bereits für die Deutsche Bank in der Entwicklung von strukturierten Produktlösungen für den institutionellen Vertrieb sowie bis 2006 für eine internationale Unternehmensberatung. Sven Württemberger verfügt über einen MBA in International Finance der Helsinki School of Economics und der Universität St. Gallen sowie einem Bachelor in Finance der Bristol Business School, UK.