Fondshülle «ETF» eignet sich auch für aktive Strategien

Director, Product Management & Development
Swiss & Global Asset Management Ltd., Zürich
swissglobal-am.com
02.06.2014
Frau Dr. Benedetti, können Sie Swiss & Global Asset Management kurz vorstellen?
Swiss & Global Asset Management ist Teil der GAM Holding, einer unabhängigen, auf das Asset Management spezialisierten Gruppe. Wir sind im Oktober 2009 aus dem ehemaligen Julius Bär Asset Management hervorgegangen und sind nach wie vor der exklusive Anbieter der Julius Bär Fonds. Neben der breiten Palette an Investmentfonds bieten wir auch Lösungen für institutionelle Anleger sowie Private-Labelling-Kunden an.
Mit welchen Aktivitäten sind Sie insbesondere in der Schweiz präsent?
Wir erbringen die gesamte Wertschöpfung in der Schweiz: von der Produktplanung bis zum Vertrieb. Die grosse Mehrheit unserer Fondsmanager sitzt hier in Zürich, wir können auf das Investment-Know-how von über 50 Anlagespezialisten über fast alle Assetklassen zurückgreifen. Im Vertrieb konzentrieren wir uns auf das Wholesale-Segment, also andere Banken, Versicherungen und Asset Manager sowie auf institutionelle Kunden wie Pensionskassen.
Wie sieht Ihre Kooperation im Fondsgeschäft mit der Bank Julius Bär konkret aus?
Wir haben eine Lizenzvereinbarung mit Julius Bär, sodass wir die Marke «Julius Bär Fonds» nach wie vor nutzen können. Ansonsten sind wir seit 2009 unabhängig und auch separat an der Schweizer Börse kotiert. Die Bank fokussiert sich auf das Private-Banking-Geschäft und verfolgt eine offene Produktarchitektur, während wir uns vollständig auf das Asset Management konzentrieren und unsere Produkte und Dienstleistungen unabhängig anbieten. Da wir im Gegensatz zu anderen Anbietern keinen «captive channel» haben, müssen wir uns klar durch Innovation und Performance differenzieren.
Am 31. März 2014 hat Ihr Unternehmen die ersten rein aktiv verwalteten Aktien-ETFs an der SIX Swiss Exchange notieren lassen - mit dem Namen «JB Smart Equity UCITS ETF». Wie lassen sich diese Produkte erklären?
Mit diesen ETFs sind in der Schweiz zum ersten Mal Anlagen erhältlich, die die Vorteile von ETFs mit jenen des aktiven Managements verbinden. Sie sind liquide, transparent und können während den Börsenzeiten gehandelt werden; gleichzeitig replizieren sie nicht nur einen Index, wie dies passive ETFs tun, sondern verfolgen das Ziel, dank einer aktiven Titelauswahl ihre jeweilige Benchmark zu schlagen und eine Überschussrendite zu erzielen. Damit sind die Fonds eine echte Innovation im Rahmen des regulierten börslichen Handels in der Schweiz.
Können Sie etwas mehr ins Detail gehen, wie es zu Kauf- und Verkaufsentscheidungen kommt? Läuft alles computerbasiert oder gibt es Strategen und Händler, die auf die Transaktionen Einfluss nehmen?
Die ETFs werden von den Portfolio Managern nach einem systematischen und somit regelbasierten Anlageansatz verwaltet. Die Titelselektion erfolgt über zwei Anlagemodelle, die miteinander kombiniert werden. Das Trendmodell ist darauf ausgerichtet, kurz- und mittelfristige Preisanomalien auszunutzen, indem es mittels verschiedener technischer Indikatoren Muster für Trends und Trendwenden identifiziert. Wir sind der Ansicht, dass die Märkte nicht effizient sind und Anleger zuweilen irrationale Entscheidungen treffen - dies wollen wir im Trendportfolio ausnutzen. Das Value Modell wiederum identifiziert Aktien, die auf Basis von mittel- und langfristigen Bewertungs-Parametern Preisanomalien aufweisen. Bei beiden Modellen erfolgt am Ende ein «Gesundheitscheck» durch die Fondsmanager: Jede Position wird einer qualitativen Überprüfung durch die Fondsmanager unterzogen, bevor sie ins Portfolio kommt.
Werden die beiden Modelle gleichgewichtet?
Nein, die Gewichtung des Trend- und des Value Modells kann je nach Marktzyklus stark variieren, wobei die risikobereinigte Rendite als Allokationsschlüssel verwendet wird.
Gibt es diese ETF-Konstruktion bereits in anderen Ländern? Oder kamen Sie persönlich auf die Idee?
Der Trend kommt aus den USA, wo es bereits mehrere Anbieter aktiv verwalteter ETFs gibt. Der Markt ist im Vergleich zu den passiven ETFs noch klein, weist jedoch überdurchschnittliche Wachstumsraten auf. In Europa ist der Markt für aktive ETFs noch sehr jung und das Potenzial unserer Ansicht nach gross.
Man könnte zur Versuchung gelangen zu sagen, dieser Ansatz wäre weder Fisch noch Vogel. Also weder ETF noch klassischer Aktienfonds. Was würden Sie in einem solchen Fall entgegnen?
Bei den drei Buchstaben «ETF» denken viele automatisch an Indexfonds. Doch die Abkürzung steht schlicht und einfach für «Exchange Traded Fund», was bedeutet, dass der Fonds an der Börse gehandelt werden kann. Die hoch regulierte Fondshülle ist Synonym für Anlegerschutz und eignet sich für passive sowie auch für aktive Strategien. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass wir vollständig in Aktien investieren und auf den Einsatz von Derivaten wie Swaps, Futures und Optionen verzichten. Die Ausleihe von Aktien (Securities lending/borrowing) ist nicht erlaubt, sodass Anleger keinerlei Emittenten- oder Gegenparteienrisiko tragen.
Wie sieht die Entwicklung punkto Neugeld und Performance seit dem Handelsstart aus?
Die Neugelder sind noch im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Was nicht überraschend ist, denn Innovationen brauchen eine gewisse Zeit, um sich zu etablieren. Viele professionelle Investoren benötigen zudem einen dreijährigen Track Record. Der JB Smart Equity UCITS ETF Europa hat seit dem Listing an der Deutschen Xetra im Juni 2012 seine Benchmark um 7,4 Prozent übertroffen.
Was sind Ihre Ziele? Haben Sie weitere ETFs mit diesem Ansatz in Planung?
In einem ersten Schritt konzentrieren wir uns auf die vier bestehenden Aktienprodukte. Eine Erweiterung der Palette der aktiven Smart ETFs ist durchaus möglich, aber derzeit haben wir keine konkreten Pläne.
Im Sommer 2013 hat Swiss & Global Asset Management in der Schweiz die ersten physisch hinterlegten Industriemetall-Fonds für qualifizierte Investoren lanciert. Welche Metalle decken diese ab und wie funktioniert der Ansatz? Sehen Sie dafür gutes Interesse, von welcher Seite?
Die JB Industrial Metals Funds decken die vier Metalle Aluminium, Kupfer, Nickel und Zink als Single-Asset-Funds ab. Das ist nicht nur in der Schweiz eine Neuheit, sondern schliesst weltweit eine Lücke im Fondsangebot. Sie richten sich ausschliesslich an qualifizierte Anleger und sind physisch vollständig hinterlegt. Durch die physische Hinterlegung und unser effizientes Lager- und Kostenmanagement entstehen keine Rollverluste, wie dies bei synthetisch replizierten Produkten der Fall ist. Im Vergleich zu unseren Mitbewerbern generiert die optimierte Logistik einen Kostenvorteil von bis zu 70 Prozent. Das Interesse seitens professioneller Anleger ist gut und breit abgestützt, da Industriemetalle in den gängigen Rohstoffindizes über eine deutlich grössere Gewichtung als Edelmetalle verfügen.
Dr. Patrizia Benedetti ist seit Oktober 2011 im Product Management & Development von Swiss & Global Asset Management tätig. Ihr Fokus liegt auf alternativen Anlageklassen; unter anderem hat sie die aktiven ETFs sowie die Industriemetallfonds von Swiss & Global mitentwickelt. Zuvor war sie Mitgründerin und Partnerin von Balius Asset Management. Frau Benedetti hält einen PhD in Physik des Max-Planck-Instituts in Stuttgart.