Fondsplatz Liechtenstein - Das Tor zum europäischen Wirtschaftsraum (EWR)

21.10.2016
Herr Gamper, was ist der Zweck Ihres Verbandes?
Der Liechtensteinische Anlagefondsverband (LAFV) ist die offizielle Interessenvertretung der liechtensteinischen Fondsbranche. Mitglieder des Verbands sind alle UCITS-Verwaltungsgesellschaften, die meisten Manager von alternativen Investmentfonds (AIFM) und Dienstleister der Fondsbranche wie zum Beispiel Depotbanken, Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer, spezialisierte IT-Dienstleister oder Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. Der LAFV macht es sich zur Aufgabe, die Entwicklung des Fondsplatzes Liechtenstein zu fördern und dadurch dessen Attraktivität für Fondsanbieter und Anleger immer weiter zu verbessern.
Wie entwickelt sich das Fondsgeschäft in Liechtenstein?
In Liechtenstein entwickelt sich die Fondsbranche ähnlich wie in Europa. Das Fondsvolumen hat auf Eurobasis in den letzten Jahren stetig zugenommen. Gleichzeitig hat die Anzahl der Fonds abgenommen. Die zunehmende Regulierung bewirkt in ganz Europa eine Konzentration durch Fusionen oder die Schliessung kleinerer Fonds, die durch die Erhöhung der regulatorischen Kosten unrentabel werden.
Welche Vorzüge kann das Fürstentum gegenüber anderen europäischen Fondsplätzen vorweisen?
Liechtensteinische Fonds haben durch die Zugehörigkeit des Fürstentums zum EWR (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) uneingeschränkten Zugang zum europäischen Markt. Gegenüber anderen typischen Fondsplätzen punktet Liechtenstein durch sehr zügige Zulassungsprozesse, die je nach Fondstyp gesetzlich auf 10 bzw. 20 Arbeitstage begrenzt sind, und durch seine Flexibilität und kurzen Wege zu und zwischen den Behörden. Die europäischen Richtlinien wurden sehr effizient umgesetzt und die Möglichkeiten für eine gute Fondsgesetzgebung optimal genutzt, beides erleichtert das Arbeiten der Branche. Ausserdem legt das Fürstentum sehr viel Wert darauf, dass sich der Anlegerschutz stets auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Quellensteuern auf Fonds, die an anderen Standorten bis zu 5 Basispunkte ausmachen, gibt es in Liechtenstein nicht. Liechtenstein befindet sich in der einmaligen Lage zwei Wirtschafträumen anzugehören, dem EWR und der Zoll- und Währungsunion mit der Schweiz. Unsere Fonds haben dadurch einen weiteren Vorteil, den Fondspromotoren/-initiatoren berücksichtigen sollten, wenn sie ihre Fonds auch in der Schweiz anbieten wollen. Schweizer Anleger zahlen nämlich beim Erwerb von liechtensteinischen Fondsanteilen, die neu ausgegeben werden, keine Stempelsteuer, wie sie es beim Kauf aller anderen europäischen Fonds tun müssen.
Ganz allgemein zeichnet sich Liechtenstein durch politische Kontinuität und Stabilität, durch eine solide Finanzpolitik und eine liberale Wirtschaftspolitik aus, Faktoren die einem Finanzplatz immer zuträglich sind.
Sind Sie optimistisch für die Zukunft oder bereitet Ihnen das eine oder andere Sorgen?
Für den Fondsplatz bin ich ausgesprochen optimistisch. Seit 1. Oktober 2016 hat Liechtenstein auch für alternative Investmentfonds (AIF) und deren Verwalter (AIFM) uneingeschränkten Zugang zum EWR, bisher war das ja nur für UCITS (Wertpapierfonds) der Fall. Zusätzlich hat das Land sehr viel für die Optimierung der Rahmenbedingungen getan, vor allem die Reformen in der Fondsgesetzgebung sind hier zu nennen. Im Zusammenspiel mit den Vorteilen des Fondsplatzes bin ich von einem Aufschwung in den nächsten Jahren überzeugt.
Das was mir Sorgen macht, betrifft ganz Europa. Dabei denke ich an die teilweise schon zu weit gehende Regulierung in der EU, welche mitunter die Zielsetzung des Anlegerschutzes sogar verfehlt und Fonds mit unnötigen Kosten belastet. Erste Stimmen sprechen inzwischen bereits von einer kritischen Überprüfung der in den letzten Jahren eingeführten Regulierung, was aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung wäre.
Wie gestaltet sich das Verhältnis zum deutschen Finanzplatz?
Steuerliche Themen früherer Jahre gehören schon seit 2009 durch das Steuerabkommen zwischen Deutschland und Liechtenstein der Vergangenheit an. In den letzten Jahren hat sich die Zusammenarbeit in Sachen Fonds intensiviert. Immer mehr Fondspromotoren/-initiatoren wählen Liechtenstein, das ein typischer Cross-Border-Standort ist, als Fondsdomizil, wobei Süddeutschland aufgrund der räumlichen Nähe den Schwerpunkt bildet. Wir bemerken aber ebenso in den anderen Regionen ein zunehmendes Interesse und gehen davon aus, dass die Vorzüge des Fondsstandortes immer bekannter werden. Auch der LAFV möchte den Bekanntheitsgrad durch Informationsveranstaltungen weiter fördern. Daher werden wir vom 8. bis 11. Mai 2017 in München, Frankfurt, Düsseldorf und Hamburg den Fondsstandort Liechtenstein präsentieren.
David Gamper ist seit April 2014 Geschäftsführer des Liechtensteinischen Anlagefondsverbandes (LAFV). Der gelernte Betriebswirt ist seit 1992 in der Finanzbranche und war zuvor in Österreich und Italien im Vertrieb und ab 2004 in der Vermögensverwaltung tätig.