Fondsplatz Liechtenstein - Das Tor zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR)

21.10.2016
Herr Gamper, was ist der Zweck Ihres Verbandes?
Der Liechtensteinische Anlagefondsverband (LAFV) ist die offizielle Interessenvertretung der liechtensteinischen Fondsbranche. Mitglieder des Verbands sind alle UCITS-Verwaltungsgesellschaften, die meisten Manager von alternativen Investmentfonds (AIFM) und Dienstleister der Fondsbranche wie zum Beispiel Depotbanken, Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer, spezialisierte IT-Dienstleister oder Aus- und Weiterbildungseinrichtungen. Der LAFV macht es sich zur Aufgabe, die Entwicklung des Fondsplatzes Liechtenstein zu fördern und dadurch dessen Attraktivität für Fondsanbieter und Anleger immer weiter zu verbessern.
Wie entwickelt sich das Fondsgeschäft in Liechtenstein?
Das Fondsvolumen hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Gleichzeitig hat die Anzahl der Fonds dem europaweiten Trend folgend abgenommen. Die zunehmende Regulierung bewirkt in ganz Europa eine Konzentration durch Fondsfusionen oder die Schliessung kleinerer Fonds, die durch die Erhöhung der regulatorischen Kosten unrentabel werden. Was wir negativ gespürt haben, war die Aufwertung des Schweizer Franken, da 67 Prozent der Anlagen in ausländischer Währung notieren. Man kann das so zusammenfassen, die Entwicklung war gut, aber in Euro berechnet war sie noch um einiges besser.
Welche Vorzüge kann das Fürstentum gegenüber anderen europäischen Fondsplätzen vorweisen?
Liechtensteinische Fonds haben durch die Zugehörigkeit des Fürstentums zum EWR (EU plus Norwegen, Island und Liechtenstein) uneingeschränkten Zugang zum europäischen Markt. Gegenüber anderen typischen Fondsplätzen punktet Liechtenstein durch sehr zügige Zulassungsprozesse, die je nach Fondstyp gesetzlich auf 10 bzw. 20 Arbeitstage begrenzt sind, und durch seine Flexibilität und kurzen Wege zu und zwischen den Behörden. Die europäischen Richtlinien wurden sehr effizient umgesetzt und die Möglichkeiten für eine gute Fondsgesetzgebung optimal genutzt, beides erleichtert das Arbeiten der Branche. Ausserdem legt das Fürstentum sehr viel Wert darauf, dass sich der Anlegerschutz stets auf einem sehr hohen Niveau bewegt. Quellensteuern auf Fonds, die an anderen Standorten bis zu 5 Basispunkte ausmachen, gibt es in Liechtenstein nicht und für Schweizer Anleger fällt auch die Stempelsteuer weg, da liechtensteinische Fonds diesbezüglich wie Schweizer Fonds behandelt werden.
Für Schweizer Fondspromotoren/-initiatoren kann es besonders interessant sein, den nahegelegenen Standort als Tor in die EU bzw. den EWR zu nutzen, denn durch die räumliche Nähe sparen sie gegenüber anderen europäischen Standorten Zeit und Geld. Und dann fallen mir noch viele Gemeinsamkeiten der beiden Länder Schweiz und Liechtenstein ein. Beide zeichnen sich durch politische Kontinuität und Stabilität, durch eine solide Finanzpolitik und eine liberale Wirtschaftspolitik aus. Sprache, Mentalität und Währung sind auch nicht zu unterschätzende Gemeinsamkeiten der beiden Nachbarn.
Sind Sie optimistisch für die Zukunft oder bereitet Ihnen das eine oder andere Sorgen?
Für den Fondsplatz bin ich ausgesprochen optimistisch. Seit 1. Oktober 2016 hat Liechtenstein auch für alternative Investmentfonds (AIF) und deren Verwalter (AIFM) uneingeschränkten Zugang zum EWR, bisher war das ja nur für UCITS (Wertpapierfonds) der Fall. Zusätzlich hat das Land sehr viel für die Optimierung der Rahmenbedingungen getan, vor allem die Reformen in der Fondsgesetzgebung sind hier zu nennen. Im Zusammenspiel mit den Vorteilen des Fondsplatzes bin ich von einem Aufschwung in den nächsten Jahren überzeugt.
Das was mir Sorgen macht, betrifft ganz Europa. Dabei denke ich an die teilweise schon zu weit gehende Regulierung in der EU, welche mitunter die Zielsetzung des Anlegerschutzes sogar verfehlt und Fonds mit unnötigen Kosten belastet. Erste Stimmen sprechen inzwischen bereits von einer kritischen Überprüfung der in den letzten Jahren eingeführten Regulierung, was aus meiner Sicht ein Schritt in die richtige Richtung wäre.
Wie gestaltet sich das Verhältnis zum Schweizer Finanzplatz?
Ich persönlich schätze das Verhältnis als sehr gut ein. Ich denke beide Standorte können voneinander profitieren. Die Schweiz als einer der wichtigsten Finanzplätze weltweit und Liechtenstein als dessen Tor zum europäischen Markt, gerade in Bezug auf die Fondsbranche, haben noch viel Potenzial.
David Gamper ist seit April 2014 Geschäftsführer des Liechtensteinischen Anlagefondsverbandes (LAFV). Der gelernte Betriebswirt ist seit 1992 in der Finanzbranche und war zuvor in Österreich und Italien im Vertrieb und ab 2004 in der Vermögensverwaltung tätig.