«Global Macro-Strategien bieten unabhängiges und risikokontrolliertes Renditepotenzial für Investoren»

Gründer und Geschäftsführer
AGATHON CAPITAL SCHWEIZ GmbH, Walchwil
agathon-capital.ch
10.06.2022
Herr Schilcher, die langfristigen Auswirkungen der politischen und wirtschaftlichen Veränderungen der letzten Wochen rücken auch bei der Asset-Allokation der Investoren immer mehr in den Fokus. Wie ist Ihre Einschätzung?
Ein erhöhtes Zins- und Inflationsniveau, Notenbanken ohne geldpolitische Mittel, Veränderungen der Lieferketten und Versorgungsengpässe, um nur einige Faktoren zu nennen, deuten auf eine Zeitenwende an den Kapitalmärkten hin.
Die bisherigen Diversifikationen in der Allokation scheinen in der Tat für die Zukunft nicht mehr ausreichend zu sein, um die Verpflichtungsseite zu erfüllen. Wir legen deshalb den aktuellen Schwerpunkt auf unkorrelierte Anlageklassen, eine Global Macro-Strategie sehen wir als sinnvollen Baustein.
Wo sehen Sie den Vorteil, insbesondere für die Zukunft, von Global Macro-Strategien?
Liquide Anlageklassen, wie Aktien oder Anleihen, unterscheiden sich in ihrem Risiko-Rendite-Profil. Sie reagieren unterschiedlich auf Veränderungen in den Risikofaktoren Wachstum, Inflation, Zinssatz oder Ölpreis. Durch die Kombination der Anlageklassen kann Global Macro-Investieren deshalb bereits in der Portfoliokonstruktion diversifizieren und so das Risiko im Falle extremer Ereignisse effektiv reduzieren. Mit einem ausgewogenen Global Macro-Ansatz können Investoren somit in verschiedenen Marktumgebungen von fundamentalen Trends und Wendepunkten profitieren und somit unkorrelierte Renditen erzielen. Derartige Strategien sind damit der Schlüssel zu möglichst unabhängigen Renditen von wachstumsgetriebenen Märkten wie Aktien, zumal sie mit ihrer Flexibilität umgehend auf zyklische Risiken reagieren können.
Klingt ein wenig nach Multi-Asset-Ansatz, wo liegt denn genau der Unterschied?
Klassische Multi-Asset-Portfolios setzen sich im Wesentlichen aus Aktien und Anleihen zusammen, traditioneller Weise häufig auch noch in einem Verhältnis von 60/40. Unser Verständnis eines modernen Global Macro-Ansatzes weisst dagegen eine geringe Korrelation zu derartigen Multi-Asset-Ansätzen aus. Das liegt unter anderem daran, dass es zum einen aktive Positionen in den Inflationsmärkten Gold oder auch Inflationsanleihen geben sollte und zum anderen auch Währungen ein aktiver Bestandteil der Philosophie sein sollten. Zudem ist ein Global Macro-Ansatz wesentlich flexibler und kann in der Asset-Allokation taktische Short-Positionen beispielweise in Aktien eingehen. Am Ende ergibt sich daraus nicht das Klassische 60/40 einer Multi-Asset-Strategie, sondern risikogewichtetes Investieren. Die Positionen einer modernen Strategie können volatilitätsgewichtet werden und jede Anlageklasse trägt damit das gleiche Risiko zum Portfolio bei, wobei über die Zeit hinweg die einzelne Anlageklasse einen gleichen Anteil am Risikobudget haben sollte.
Mit welchem Partner arbeiten Sie beim Thema Global Macro für den Schweizer Markt zusammen?
Unser Partner ist die Third Year GmbH, ein bankenunabhängiger Anbieter «quantamentaler» Makro-Strategie und Absoluter Returns mit Sitz in München. Das Team vereint akademische Präzision mit langjähriger Global Macro-Research- und Investment-Erfahrung bei einem führenden alternativen Asset Manager. Die Firma nutzt Daten und Technologien, um ein tiefes Verständnis der Volkswirtschaft systematisch und in Echtzeit auf liquide Anlageklassen anzuwenden. Das Unternehmen begann im Jahr 2015 mit der Strategie-Entwicklung und der Publikation ökonomischer Analysen und ist seitdem in Monaten mit schwachen Anleihe- und Aktienmärkten bereits mehrfach ausgezeichnet.
Können Sie uns kurz den Investmentansatz von ThirdYear erläutern?
ThirdYear nutzt kurzfristige Vorhersagen, sogenannte Nowcasts, wirtschaftlicher Aktivität für mehr als 20 Volkswirtschaften, um historisch getestete Ursache-Wirkungs-Ketten in Echtzeit zu erkennen und ihre Auswirkungen auf die Finanzmärkte zu antizipieren. «Quantamentales» Investieren ermöglicht dem Ansatz nicht nur von fundamentalen Trends, zum Beispiel während eines Wirtschaftsaufschwungs, sondern auch von Wendepunkten zu profitieren. Die Strategie identifiziert regelmässig antizyklische Chancen, beispielsweise in einer frühen Rezession, und verzichtet dafür bewusst auf Faktoren und technische Trendsignale. Ein weiterer Mehrwert liegt in der breiten Echtzeit-Anwendung des Systems über verschiedene Länder und Anlageklassen hinweg. Zu den Anlageklassen der Strategie gehören Aktien, Anleihen, Inflationsmärkte und Währungen.
Link zum Disclaimer
Erich Schilcher ist Gründer und Geschäftsführer der AGATHON CAPITAL SCHWEIZ GmbH sowie der AGATHON CAPITAL GmbH in Deutschland. Unter seiner Leitung betreuen die Gesellschaften zusammen ein Volumen von über 1.8 Mrd. Euro. Vor der Gründung von AGATHON war er knapp 13 Jahre für die Asset-Allokation einer internationalen Investmentbank mitverantwortlich. Erich Schilcher erkannte frühzeitig, dass der produktorientierte Vertrieb von Finanzprodukten nicht marktgerecht ist. Entsprechend ist seine Devise: «Kapitalanleger brauchen mehr innovative Lösungen, die den Anlegern einen nachweisbaren Nutzen in jeder Marktphase bringen.»