«Gold ist auch in der Krise nützlich zur Diversifikation»

Head of Switzerland & Liechtenstein, ETF Business Development
Invesco Asset Management (Schweiz) AG, Zürich
etf.invesco.com
04.06.2020
Herr Pouyan, in einem Monat ist das halbe Jahr um. Wie hat sich die Krise auf Ihr Geschäft insgesamt ausgewirkt?
Wie die meisten Unternehmen und Personen mussten wir in den letzten Monaten einige Anpassungen vornehmen und viele Dinge etwas anders betrachten. Obwohl sich das Arbeitsumfeld stark verändert hat, haben es uns moderne Technologien und ein wenig menschliche Kreativität ermöglicht, mit dem «business as usual» fortzufahren. Der Übergang zur «remote working»-Arbeitsweise von zu Hause aus verlief relativ reibungslos, was uns in die Lage versetzte, mit kontinuierlicher Kommunikation auf unsere Investoren einzugehen und schnell zu reagieren. Das war in diesen turbulenten und schwierigen Zeiten äusserst wichtig, und es hat uns geholfen, besser zu verstehen, was Investoren brauchen - sei es für eine defensivere Positionierung des Portfolios oder um von einer Erholung an den Finanzmärkten zu profitieren.
Gold erfreute sich grosser Nachfrage. Invesco hat einen Gold-ETC im Angebot. Sahen Sie da gutes Neugeschäft?
Gold war 2020 die bei weitem begehrteste Anlageklasse und zog wesentlich mehr Neugeld an als jede andere wichtige Anlageklasse. In unseren physischen Gold-ETC flossen seit Anfang des Jahres mehr als 3 Mrd. US-Dollar. Mit einem verwalteten Vermögen von über 11 Mrd. US-Dollar handelt es sich um unser grösstes börsengehandeltes Produkt in Europa.
Sie kennen bestimmt viele der Investoren. Sind das strategische Käufe oder eher eine kurzfristige Spekulation auf weiter steigende Kurse?
Die meisten Investoren, mit denen wir sprechen, verwenden Gold in der Regel für strategische Zwecke, jeder signifikante Preisanstieg ist in Wirklichkeit ein Bonus. Abgesehen davon wird es sicherlich einige Investoren geben, die ein Preisziel vor Augen haben. Gold war - neben den US-Treasuries - einer der wenigen grossen Vermögenswerte, die im ersten Quartal des Jahres eine positive Rendite erzielten. Abgesehen von einer kurzen Phase, in der Gold vom allgemeinen Marktausverkauf eingeholt wurde, hat sich das Edelmetall zur Diversifizierung von Portfolios als sehr nützlich erwiesen. Die historisch tiefe Korrelation mit Aktien, das unsichere wirtschaftliche Umfeld und die anhaltend niedrigen Zinsen zählen zu den Faktoren, die den Glanz von Gold aus Sicht der Anleger verstärken können.
Bei welchen anderen ETFs war sonst noch überdurchschnittlich viel Neugeld zu verzeichnen?
Betrachtet man die europäische ETF-Branche gesamthaft, so waren Staatsanleihen, neben Gold, die andere Anlageklasse mit starken Nettozuflüssen in der «Risk-off»-Periode, während Aktien seit dem Jahreswechsel verkauft wurden. Wir haben Anzeichen gesehen, dass Anleger nun beginnen, mehr Risiken einzugehen, wenn auch nur selektiv. Dazu zählen globale und US-Aktien, aber auch bestimmte Fixed-Income-Bereiche, die durch die Aktivitäten der Zentralbanken unterstützt wurden, wie beispielsweise Unternehmensanleihen und hochverzinsliche «Fallen Angels» in den USA.
Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt sind die anhaltenden Neugeldzuflüsse in ESG-Produkte. 2019 war ein grosses Jahr für ESG-Anlagen, und die Nachfrage nach ETFs, die ESG-Kriterien anwenden, ist nach wie vor hoch. Wir glauben, dass viele der Anleger, die letztes Jahr sagten, dass sie ESG in Betracht ziehen, die aktuelle Situation als eine Gelegenheit sehen könnten, traditionelle Kernanlagen durch solche mit verbesserten ESG-Attributen zu ersetzen. Das kann bei Aktien, ebenso wie bei Zinspapieren der Fall sein.
Wie sieht nun Ihre Planung für die kommenden Monate aus?
Wir haben eine ganze Reihe von Produkten in der Pipeline. Wie immer werden die Lancierungen von der Nachfrage der Investoren bestimmt. Es ist unmöglich zu wissen, wie die wirtschaftliche Erholung nach der Krise aussehen wird. Wir konzentrieren uns jedoch darauf, Produkte anzubieten, die Anlegern helfen, ihre Portfolios so zu strukturieren, dass sie für alles gerüstet sind, was vor uns liegt.
Link zum Disclaimer
Nima Pouyan, Head Invesco ETF Switzerland & Liechtenstein, ist für die Weiterentwicklung des Geschäfts in der Schweiz verantwortlich und arbeitet eng mit Banken, Vermögensverwaltern, Asset Managern und institutionellen Kunden aus dem Versicherungs- und Unternehmenssektor zusammen. Pouyan kommt von der Deutschen Bank, wo er zuletzt als Vice President für den Vertrieb passiver Anlageprodukte in der Schweiz und dem Mittleren Osten verantwortlich war und zuvor führende Positionen bei DWS und Deutsche Bank Wealth Management innehatte.