Gold mit weiterem Potenzial - Ölpreis kurzfristig noch unter Druck

Geologe, Gründer und Senior-Partner
Earth Resource Investment Group, Zug earth-investment.com
16.09.2016
Herr Dr. Berlenbach, aus den Medien ist zu hören, dass George Soros sich zwar noch nicht vom Gold, aber bereits von den Goldproduzenten verabschiedet. Ist der Zenit der Aufwärtsbewegung jetzt überschritten?
Wir sehen Gold aber auch Silber immer noch als die Metalle mit den besten Preisperspektiven an. Angesichts negativer Zinssätze und negativer Renditen bei Staatsanleihen entfallen die wichtigsten Opportunitätskosten bei Gold und Silber. Man muss sich die Dimension einmal vorstellen: Mehr als 13 Billiarden US-Dollar in Staatsanleihen haben mittlerweile negative Renditen. Für diese gewaltige Summe gibt es nicht nur keine Zinsen, diese gewaltige Summe kostet heute vielmehr Geld. Wie angenehm dagegen: Für eine Position in Gold müssen keine Zinsen gezahlt werden.
Nach sieben schwachen Goldjahren hat sich die Stimmung unter den Anlegern deutlich verbessert. Allerdings ist bisher erst ein sehr kleiner Teil der Investoren bei Gold und Goldaktien eingestiegen. Wir sind jedoch überzeugt, dass es hier noch viel Potenzial nach oben gibt. Auch auf der fundamentalen Seite gibt es Unterstützung für den Goldpreis: über viele Jahre mussten die Produzenten Explorationskosten und Investitionen drastisch kürzen, um profitabel zu bleiben und überleben zu können. Dies wird sich in den nächsten Jahren bemerkbar machen: wenn sie im Rohstoffbereich nicht genügend in die Erschliessung neuer Vorhaben investieren, dann gibt es irgendwann einmal nichts mehr zu fördern und abzubauen. Aktuell ist dies noch nicht auf dem Radarschirm von Investoren, aber wir sehen jetzt schon, dass viele grosse Produzenten eine fallende Produktion haben.
Allerdings wird es volatil bleiben, wenn es zum Beispiel temporäre Gewinnmitnahmen bei den spekulativen Positionen auf COMEX gibt. Ein massiver, langfristiger Absturz des Goldpreises auf beispielsweise 1.100 US-Dollar je Feinunze ist jedoch sehr unwahrscheinlich. Investoren könnten solche Korrekturen nutzen, um Positionen im Gold- und Rohstoffsektor systematisch aufzubauen.
Für Anleger stellt sich stets eine wichtige Frage: Was ist vorteilhafter - das Metall erwerben oder Minenaktien kaufen?
Die Kurse der Minenaktien entwickeln sich stets besser als ein steigender Metallpreis selbst, da sie gehebelt sind. Allerdings gilt dieser Hebel auch auf dem Weg nach unten und es hängt vom Risikoprofil der Investoren ab, ob sie in risikoreichere Goldaktien oder aber in den sprichwörtlichen Gold- oder Silberbarren investieren wollen. Bei der Investition in Gold ETFs sollten sie aber darauf achten, dass das Gold wirklich physisch hinterlegt ist und nicht nur als Versprechen gehandelt wird.
Für Investoren, die Goldaktien bevorzugen, sollte das Anlageuniversum nicht nur aus Large Caps bestehen. Das ist übrigens das Schicksal vieler Rohstofffonds, die wegen ihres Investitionsvolumens nur in die grossen Werte investieren können. Aussichtsreicher sind vielfach die Small- und Mid Caps, vor allem aus oben genanntem Grund, dass viele Produzenten ihre Reserven nicht mehr ersetzen können. Wir haben schon jetzt viele kleinere Produzenten und Explorer gesehen, die mit soliden Prämien übernommen wurden.
Wir sind deshalb auch viel unterwegs und schauen uns die Unternehmen, in die wir investieren, sehr genau an. Dies bedeutet für uns als Geologen und Bergbauingenieure detaillierte technische und geologische Analysen, Management Meetings, aber auch sehr detaillierte Finanzanalysen.
Wie sollte der Anleger mit Währungs- und Länderrisiken umgehen?
Die Einschätzung der Währungsentwicklung ist besonders wichtig, wenn die Währungen volatil sind. Fällt zum Beispiel der kanadische oder australische Dollar gegenüber dem US-Dollar, so haben die Produzenten in den jeweiligen «Schwachwährungsländern» Vorteile, da sie - auf US-Dollar-Basis - preiswerter produzieren können. Diese Entwicklungen werden von uns genau beobachtet und fliessen in die Portfolioentscheidungen ein.
Die Beurteilung eines etwaigen Länderrisikos ist sogar noch etwas anspruchsvoller. Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Wir schauen uns beispielsweise ein sehr interessantes Projekt an, dass sich hinsichtlich geologischem Umfeld und Goldgehalten als extrem positiv darstellt. Allerdings ist die politische Entwicklung in diesem Land sehr unbestimmt. Wir würden in so einem Projekt dann nur eine kleine Position von maximal 2 Prozent aufbauen. Bei einem etwaigen Ausfall wären die Verluste überschaubar, aber am Upside würden wir teilnehmen - wenn alles gut geht.
Natürlich sind unsere Entscheidungen bezüglich der Währungs- und Länderrisiken alles andere als trivial. Daher treffen wir unsere Dispositionen nicht am Bloombergschirm. Sie treffen uns viel vor Ort an, wir sprechen dort mit den Menschen und kriechen auch einmal durch schmale Stollen, um uns ein realistisches Bild zu verschaffen. Das ist unser Verständnis von «aktivem Management».
Bei Ihrer Bewertung von Rohstoffpreisen und Minenaktien - gibt es da einen Risikopuffer?
Was unsere Prognosen angeht, nehmen wir stets einen Teamansatz. Keiner von uns hat schliesslich eine Kristallkugel, die anzeigt, wo es beispielsweise beim Goldpreis in den nächsten ein bis zwei Jahren hingeht. Jedes Quartal nehmen wir daher eine Rezension der Rohstoffpreise vor, die wir dann in unsere Finanzmodelle einsetzen. Hinzu kommen makroökonomische und fundamentale Überlegungen. Meist liegen wir im Team übrigens ziemlich dicht beieinander. Sollte es aber einmal grössere Diskrepanzen in unseren individuellen Prognosen geben, dann muss dies ausführlich diskutiert und begründet werden.
Sie hatten aber speziell nach einem Risikopuffer gefragt. So simpel es auf den ersten Blick klingt: Der Risikopuffer liegt darin, dass wir meist sehr konservativ in unseren Prognosen sind. Sollten die Gold- und Rohstoffpreise dann höher liegen als wir erwarten, ist dies natürlich eine positive Überraschung, auch für die Aktienpreise. In der Tat waren Gold- und Silberpreise dieses Jahr höher als wir zu Beginn des Jahres angenommen haben, obwohl wir durchaus von einem Anstieg bei den Edelmetallpreisen ausgegangen sind.
Sollte man jetzt nicht auch in Minengesellschaften anderer Edelmetalle und Rohstoffe investieren?
In der Tat sehen wir zum Beispiel sehr gutes Potenzial bei Zinkproduzenten und einigen Uranexplorern. Die Sektorallokation, also die Gewichtung von Gold, Öl, Kupfer, Uran, usw. ist ein ganz wichtiger Ansatz im Management eines Rohstoffportfolios. So sind wir gegenwärtig bei Öl- und Kupferaktien untergewichtet, bei Gold-, Silber- und Zinkaktien dagegen übergewichtet. Bis vor wenigen Wochen war die grösste Position im Portfolio des Earth Exploration Fund UI der Uranexplorer Nexgen Energy. An der Wertentwicklung dieser Position hatten wir - nach vorhergehend sehr detaillierten geologischen Überlegungen und Finanzanalysen - grosses Vergnügen.
Bisher haben wir nur über Metalle und Minenaktien gesprochen. Im Hinblick auf die anstehende kalte Jahreszeit: Worauf müssen wir uns beim Öl einstellen?
Wir sind fest überzeugt, dass die Zeit kommen wird, wo der Ölpreis den Goldpreis wieder outperformt. Der aktuelle Ölpreis wird sich auf diesem extrem niedrigen Niveau nicht lange halten. Sobald wir überzeugt sind, dass der Wendepunkt gekommen ist, werden wir unser Portfolio sehr schnell umschichten, um beispielsweise Goldaktien zugunsten von Ölaktien zu verkaufen. Hier ist unsere zweiteilige Anlagestrategie übrigens sehr nützlich, denn wir kombinieren unsere Sektorallokationsstrategie mit einem soliden Stockpicking.
Dr. Joachim Berlenbach (PhD, MBA) ist Gründer der auf Rohstoffaktien spezialisierten Beratungsgesellschaft Earth Resource Investment Group «ERIG» und in dieser Funktion Berater des Earth Exploration Fund UI sowie des Earth Gold Fund UI. Als promovierter Geologe kann er auf elf Jahre Berufserfahrung im südafrikanischen Gold- und Platinbergbau zurückblicken. Im Anschluss an die operativen Tätigkeiten in Bergbau und Exploration arbeitete er sechs Jahre als Goldanalyst im Investment Banking und wurde in dieser Zeit mehrfach als Goldanalyst ausgezeichnet. Vor der Auflage der «ERIG»-Fonds bei der Kapitalverwaltungsgesellschaft Universal-Investment-Gesellschaft mbH im Jahr 2006 war er im Jahr 2003 Mitbegründer der Fondsboutique Craton Capital. Im Verlauf seiner Karriere hat er sich ein weitreichendes Netzwerk in der südafrikanischen und internationalen Bergbau- sowie Investmentindustrie aufgebaut. Er ist Gastdozent für Wirtschaftsgeologie an der Bergakademie Freiberg sowie der Universität Münster und doziert zum Thema «Evaluierung von Rohstofffirmen» im internationalen CFA-Programm.