Hat Sidi Abdel Assar vo el-Hama genug Kamele?

31.03.2014
Herr Dr. Vogt, Sie sind der Initiant des jüngst im Verlag Neue Zürcher Zeitung erschienenen Buchs «Die Börse». Hand aufs Herz: Gibt es nicht schon genügend Bücher zum Thema Börse?
Wie Radio Eriwan sagen würde: Im Prinzip ja. Aaaber… Die bisherigen Bücher über die Börse richten sich meistens an ein Fachpublikum und das ausschliesslich aus der Anlegerperspektive. Wir wollten die Börse als hochkomplexe Institution mit all ihren einzelnen Aspekten von den Handelsregeln bis zu den Pflichten für Emittenten auf möglichst anschauliche Weise erklären. Sodann noch eine Präzisierung: Es stimmt, dass ich die Idee eines Buchs über die Börse an Dr. Christian Katz, CEO, SIX Swiss Exchange, herangetragen habe. Er hat aber den Projektrahmen vor allem auch auf der illustrativen Seite massiv weiter gesteckt.
Wer sind die weiteren Autoren?
Es ist uns gelungen, eine illustre, breit gefächerte und hochkarätige Autorenschaft aus Politik, Wirtschaft und Universitäten zusammenzustellen. Bundesrat Ueli Maurer, Nationalbankpräsident Thomas Jordan und SIX-Verwaltungsratspräsident Alexandre Zeller verfassten Geleit- oder Vorworte. Sodann schrieben Josef Ackermann (ex-CEO, Deutsche Bank), Christian Katz, Ständerätin Karin Keller-Sutter, Michael Rasch (NZZ-Redaktor und Teamchef Börsen und Märkte), Urs Rohner (Verwaltungsratspräsident, Credit Suisse), Urs Rüegsegger (CEO, SIX), Jacques de Saussure (Verwaltungsratspräsident, Pictet), Prof. Yvonne Seiler Zimmermann (Universität Luzern) und Prof. Heinz Zimmermann (Universität Basel).
Welche Leserschaft wollen Sie damit erreichen?
Unser Ziel war es, dass eine interessierte Person ohne höhere Schulbildung, also ein Nicht-Akademiker, das Buch auch mit Gewinn lesen und verstehen kann. Selbstverständlich bemühten wir uns, so zu schreiben, dass auch die Finanzprofis und Vertreter von kotierten Unternehmen nach der Lektüre zufrieden sind. Das Motto war also: «So einfach wie nur möglich aber sicher nicht bis zur Verfälschung.»
Können Sie erzählen, wie ein so umfassend bebildertes Werk entsteht?
Am Anfang war der Auftraggeber: Christian Katz, der Chef der Schweizer Börse, wollte nicht einfach irgendein Buch sondern einen Hingucker, nach dessen Durchsicht und erst recht nach dessen Lektüre man sagt: Wow! Das Echo, das wir auf das Buch bekommen, deutet darauf hin, dass wir diesem Ziel zumindest sehr nahe gekommen sind. Dieser Erfolg hat eine Reihe von Vätern bzw. Müttern. Da ist zuerst Christian Katz als Owner des Projekts und Autor. Dann Hans-Peter Thür, Chef von NZZ-Libro, mit seinem Team. Beim NZZ-Buchverlag da ist Passion, da ist das «feu sacré» für das gute und schöne Buch. Dann zur Gestaltung: Das Team der Raffinerie AG für Gestaltung rund um Nenad Kovacic hat eine unglaubliche Kreativität und Beharrlichkeit an den Tag gelegt. Wenn es zehn Entwürfe für eine komplizierte Visualisierung brauchte, dann waren es eben zehn. Dann hatte ich zwei ehemalige Weggefährten von der Börse, Stephan Meier und Michael Wüthrich, die Enormes geleistet haben. Kurz und gut: Wir sind phasenweise ganz schön ins Schwitzen geraten, aber es hat einen Riesenspass gemacht.
Wie lange dauerte es von der Idee bis zum Druck?
Erste Brainstormings fanden im Frühling 2013 statt, der formelle Start kam im Juni und am 9. Dezember war das fertige Werk im Laden. Zu sagen, dass dies etwas sportlich sei, wäre die Untertreibung des Jahrzehnts. Das Projekt lief an nach dem früheren Bonmot in der Schweizer Kavallerie: «Stich - Furz - Galopp!»
Es liegt «Das Quartett der Schweizer Börse» bei. Was ist die Idee dahinter, wie lauten die Spielregeln?
Die Grundidee war die, dass das Buch eben nicht nur ein Buch sein sollte, schon gar nicht ein gewöhnliches, sondern, dass der Leser noch ein Bhaltis erhält. Das Spiel ist auch ein Ausdruck für das Spielerische. Stocktrockene, langweilige und ideenlose Sachbücher gibt es genug. Nicht nur über Finanzthemen. Mit dem Quartettspiel wollen wir vorab die junge Generation spielerisch an die Börse und allgemein an die Wirtschaft heranführen. Da zählt übrigens nicht nur die reine Grösse eines Unternehmens. Ein gut geführter Midcap kann eine bessere Aktienperformance haben als ein SMI-Schwergewicht.
Zurück zum Buch, welche Passagen machen Ihnen am meisten Freude?
Das Buch macht von A-Z Freude. Natürlich die ausgezeichneten Beiträge von renommierten Autoren. Aber genauso die Illustrationen. Diese sind von bestechender Qualität, weil man überall spürt: Da hat einer sein Bestes gegeben. Schön finde ich vor allem den Mutterwitz der Crew von der Raffinerie. Der ist am Auffälligsten im Bildglossar. Die Visualisierung des Begriffs «Währung» ist beispielsweise ein Foto von einigen Kamelen. Da ist doch die offensichtliche Assoziation Mani Matters berühmtes Lied vom «Sidi Abdel Assar vo el-Hama», dieser Unglücksrabe, der nicht genug Kamele besass, um jene «zwöi schöne Ouge», sprich die Braut in spe zu kaufen. Genial!
Würden Sie aus heutiger Sicht etwas anders machen?
Stichwort Kaizen: Selbstverständlich kann man immer alles noch besser machen. Etwas mehr Zeit wäre kein Luxus gewesen. Und wenn ich die Zeitstempel von der Raffinerie angesehen habe (23:50, dann wieder 07:30 am nächsten Morgen) hatte ich schon ein schlechtes Gewissen. Aber ich denke, der Sondereffort hat sich gelohnt.
Wo kann man das Buch bestellen?
Direkt bei NZZ Libro (http://www.nzz-libro.ch/die-borse.html) und natürlich in jeder beliebigen Buchhandlung. Wer das Buch sofort beziehen möchte, geht am besten in den NZZ-Buchladen an der Falkenstrasse 11 in Zürich.
Dr. Werner Vogt, Exec. MBA HSG, ist Gründer und Inhaber der in Medienarbeit, Ghostwriting und Corporate Publishing spezialisierten Werner Vogt Communications AG in Küsnacht ZH. Zuvor war er während 14 Jahren Journalist (NZZ-Auslandredaktor und Südafrika-Korrespondent) sowie über sieben Jahre Pressechef der Schweizer Börse/SIX. Er promovierte mit einer Arbeit über das Churchillbild in der NZZ. Werner Vogt ist Autor und Mitherausgeber mehrerer Sachbücher über Geschichte, Politik und Wirtschaft. Für NZZ-Libro war er vor der Aufgabe als externer Projektleiter des Börsenbuchs bereits 2011 in dieser Rolle tätig. Damals war er Projektleiter und Mitherausgeber von «Family Office - Wege zum unternehmerischen Investieren», einem Band, an dem 21 Autoren mitwirkten.