Healthcare in Asien: Fit für die Zukunft

Leiter Healthcare Funds & Mandates
Bellevue Asset Management AG, Küsnacht ZH
bellevue.ch
08.12.2016
Herr Dr. Zimmermann, vor welchen Herausforderungen stehen die Gesundheitssysteme der Industrie- und Schwellenländer in den nächsten Jahren?
Der demografische Wendepunkt für die Erdbevölkerung steht unmittelbar bevor. Im Jahr 2020 wird der weltweite Anteil der über 65-jährigen Senioren erstmals den der unter 5-jährigen Kleinkinder übertreffen. In China, Südkorea, Taiwan, Singapur und Thailand wird der Anteil der über 65-Jährigen bei über 20 Prozent liegen.
Auf Asien kommen in numerischer Hinsicht die grössten Herausforderungen zu. Dort ist rund die Hälfte aller Senioren zu Hause. Die damit einhergehende Kostenproblematik betrifft zum einen die Versorgung mit Medikamenten zur Behandlung von Krankheiten, die vermehrt im hohen Alter auftreten wie Bluthochdruck, Diabetes, Arthritis, Krebs oder Erkrankungen des Zentralnervensystems. Zum anderen müssen die staatlichen Gesundheitssysteme neue Lösungen für die wachsende Zahl von Patienten entwickeln.
Wie gehen die asiatischen Länder mit dieser Problematik um, beispielsweise Japan oder China?
Was die Entwicklung eines seniorenfreundlichen Alltags angeht, geniesst Japan mit einem Anteil der 65-Jährigen von mehr als 25 Prozent an der Gesamtbevölkerung Pionierstatus. Seniorenfreundlich gestaltete Wohnungen und zubereitete Fertiggerichte sind wichtige soziale Komponenten der Gesundheitspolitik, aber auch Heimroboter, die für die Haushaltsarbeit und die häusliche Betreuung von Patienten zum Einsatz kommen. China steht vor allem vor der Herausforderung, der rapide alternden Bevölkerung und einer auf Stadt und Land verteilten Gesundheitsversorgung gleichermassen Rechnung zu tragen. Das bedeutet zum einen den flächendeckenden Ausbau von lokalen Behandlungszentren und eine bessere Internet-Infrastruktur für den Einsatz der Telemedizin. Zum anderen wird die Präventivmedizin ausgebaut, um etwa über Bluttests Frühdiagnosen von neuen «Volkskrankheiten» wie Diabetes zu ermöglichen. Der Stadtstaat Singapur entwickelt Programme, welche eine bessere ambulante Versorgung von Senioren in ihrem sozialen Umfeld zum Ziel haben.
Was bedeutet diese Entwicklung für die Kapitalmärkte? Welche Healthcare Sub-Sektoren werden beispielsweise profitieren?
Aus Sicht der Kapitalmärkte bedeutet das für die kommenden Jahre überdurchschnittliche Wachstumsraten bei den Medikamentenentwicklern wie auch in der Medizintechnik, der Informationstechnologie und den Klinikdienstleistern. Für den Generikasektor beispielsweise erwarten wir für die nächsten Jahre Wachstumsraten zwischen acht und zehn Prozent, mit Mengenwachstum, Patentabläufen und der steigenden Nachfrage aus den Schwellenländern als treibende Kräfte. In diesem Marktsegment geben noch internationale Unternehmen den Ton an. Allerdings verfügen einige asiatische Länder über lokale Player, die beträchtliche Marktanteile besitzen.
Um welche lokalen Player handelt es sich?
Dazu zählen Kalbe Pharma in Indonesien, die Biosimilarspezialisten Samsung Biologics und Celltrion in Südkorea oder etwa der Insulinhersteller Tonghua Dongbao in China. Tonghua Dongbao hat sich in China als Komplettanbieter von der Diagnose bis zur Langzeitbehandlung etabliert. Branchenexperten erwarten auf Sicht der nächsten fünf Jahre durchschnittliche Wachstumsraten von 20 Prozent. Klinikdienstleister wiederum sind Nutzniesser der Suche nach neuen Modellen für die stationäre und ambulante Behandlung. IHH Healthcare ist ein solcher Anbieter, der in Südostasien, China, Indien und der Türkei, vor allem aber in Singapur und Malaysia mit eigenen Niederlassungen präsent ist. Bangkok Dusit Hospital dominiert den privaten Gesundheitsmarkt in Thailand und expandiert nach Kambodscha und Myanmar.
Wie ist das Umfeld für Healthcare Investments zurzeit generell zu bewerten?
Für den gesamten Sektor lässt sich zusammenfassend sagen, dass nach den US-Wahlen die Unsicherheit ungeachtet der anhaltenden Preisdiskussionen abnehmen wird. Zu den Nutzniessern zählen innovative Produktentwickler in der Biotech- und Medtechbranche, aber auch die Entwickler von Biosimilars, bei denen die Zahl der zugelassenen Produkte in den nächsten Jahren deutlich zunehmen wird. In der Medizintechnik werden vor allem neue Geschäftsmodelle, welche die Effizienz der Gesundheitsversorgung erhöhen, zusätzlichen Wert für Patienten und Aktionäre schaffen. Dazu bleiben Übernahmen ein Bestandteil der Wachstumsdynamik. Mit unserer Portfoliostrategie in den verschiedenen Fondsprodukten tragen wir diesen Zukunftstrends Rechnung.
Dr. Cyrill Zimmerman ist Leiter Healthcare Funds & Mandates sowie Mitglied der Geschäftsleitung von Bellevue Asset Management. 2001 gründete er Adamant Biomedical Investments und leitete die Investmentboutique bis zur Übernahme durch Bellevue im 2014. Cyrill Zimmermann promovierte an der Universität Zürich.